Volltext Seite (XML)
November 1888. 785 Nr. 11. STAHL UND EISEN. 4 8 Vergl. diese Nummer, Seile 7G1. XI.s Verhältnissen in den meisten Fällen sich einstellenden Schwierigkeiten und Weiterungen mit zu den gröfsten Widerwärtigkeiten gehören, welchen die Industriellen in der Fürsorge für die ihrer Verwaltung unter stehenden gewerblichen Anlagen zu begegnen haben. Das Bestreben, diesem Uebelstand Abhülfe zu schaffen, sei deshalb keineswegs neu und habe schon mehrfach in Vereinigungen von Industriellen behufs Herbei führung besserer Versicherungsbedingungen für eine Anzahl von Fabriken gleicher Art thatsächlichen Ausdruck gefunden. Auch den »Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands« beschäftige diese Angelegenheit schon seit mehreren Jahren. Derselbe sei aber im Laufe seiner Be- rathungen zu der Ueberzeugung gelangt, dafs sich eine dauernd wirksame Beseitigung der in Bede stehenden Mifslichkeiten nur herbeiführen lasse durch die Begründung eines auf dem Princip der gegenseitigen Selbsthülfe und der öffentlichen Selbst verwaltung fufsenden Versicherungs-Verbandes deut scher Fabriken, welcher die Besitzer unabhängig mache von dem Belieben der heute die Versicherungs bedingungen einseitig vorschreibenden privaten Ver sicherungs-Anstalten. Vortragender weist darauf hin, dafs die Prämienbeträge, welche seitens der Industrie entrichtet werden, ein Vielfaches der entfallenden Brandentschädigungen darstellen, und versucht darzu- thun, dafs es im Interesse der Industriellen liege, die Versicherung ihrer Anlagen gegen Feuersgefahr auf dem Wege der projectirten Vereinigung selbst in die Hand zu nehmen. Das Gesuch um Concessioni- rung des Verbandes liege z. Z. noch höheren Ortes zur Entscheidung vor, und die wesentlichste Voraus setzung des Gelingens, welche noch zu erfüllen sei. bestehe darin, dafs eine Versicherungsgesellschaft gefunden werden müsse, welche die Rückversicherung übernehme. Redner schliefst seine Darlegungen mit dem Ersuchen, das Project zu prüfen und seitens des Vereins deutscher Eisengiefsereien ein Mitglied in die Commission zu delegiren, welche mit der Führung der bezüglichen Verhandlungen betraut sei. Hr. Director Reiser giebt der Ansicht Ausdruck, dafs allerdings seitens der Industrie ein bedeutender Theil der zeitigen Prämienausgaben erspart werden könne, wenn ein Gegenseitigkeitsverband der Fabri canten geschaffen werde. Indefs sei nicht zu ver kennen , dafs die Fragen der Ausführbarkeit des Projectes und der geeigneten Organisation noch er heblichen Schwierigkeiten gegenüberstehen. Der Geschäftsführer Hr. Droop hält die An regung, welche von dem »Verein zur Wahrung der che mischen Industrie Deutschlands« gegeben werde, für be- achlenswerth in der Hinsicht, dafs einmal die Frage der Feuerversicherung industrieller Anlagen allgemein geprüft und eine Klarstellung der berührten Verhältnisse herbeigeführt werde. Es dürfe sich empfehlen, einen Fragebogen an die Vereinsmitglieder zu vertheilen, welcher den letzteren Gelegenheit gebe, sich über ihre Erfahrungen hinsichtlich des Feuerversicherungswesens zu äufsern. Auf Grund der eingehenden Antworten werde sich dann be- urtheilen lassen, ob und eventuell in welchen Rich tungen und in welchem Umfange eine Reform bedürftigkeit anzuerkennen sei. Nach Feststellung des etwaigen Bedürfnisses werde man dann die Frage des für eine Reform einzuschlagenden Weges er örtern können. Die Versammlung erklärt sich mit der Aussendung eines Frage bogens einverstanden. Ein über die ,Alters- und In validen-Ver sorgung der Arbeiter“ in Aussicht gestellter Vortrag des Geschäftsführers mufste ausfallen. Zum Schlufs erfolgte durch Zuruf die Wieder wahl des Ausschusses, bestehend aus folgenden Herren: der Druckkraft und mithin eine gesteigerte Kanten spannung zur Folge. Bauschinger lieferte ferner den Nachweis, dafs durch diese Eigenschaft des Eisens sowohl gufs- als schmiedeiserne Säulen gefährdet werden können, dafs aber Gufsstützen die nach der üblichen Formel berechnete Last im Feuer zu tragen vermögen, während die schmiedeisernen Stützen die ihnen zu- gemuthete Last zum Theil nicht trugen. Nennenswerth sei der Umstand, dafs der gröfste Theil der zur Prüfung gelangten Gufssäulen unabhängig von der Form, bedingt durch Verzierungen, Kapitäl u. s. w., zwei Risse erhielten, aber nicht aufhörten, die ihnen auferlegte Last zu tragen. Bei schmiedeisernen Stützen fand ein förmlicher Bruch oder ein Entstehen von Rissen nicht statt; die Tragkraft aber der sich fort und fort durchbiegenden Säule sank weit unter diejenige herab, die ihr in kaltem Zustande beiwohnte. Inzwischen haben weitere Versuche der Ingenieure Möller und Lühmann stattgefunden. Diese Versuche sind in einer Schrift aufgezeichnet, welche seitens des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleifses in Berlin prämiirt wurde. Die Preisschrift, betitelt: Ueber die Widerstandsfähigkeit aufDruck beanspruchter eiserner Bauconstructions- theilebei erhöhter Temperatur«, gebe weitere Belege dafür, dafs die Verfügung des königl. Polizei präsidiums von unrichtigen Voraussetzungen ausgehe. Referent fafst die Gesammtergebnisse der Versuche wie folgt zusammen: Die beregten Ver suche haben bewiesen, dafs unter Umständen Gefahren bei Anwendung sowohl von gufseisernen, als von schmiedeisernen, auf Druck beanspruchten Con- structionstheilen im Fall ihrer Erhitzung bei einer Feuersbrunst entstehen, dafs aber gufseiserne und schmiedeiserne Stützen sich gegen Feuersgefahr, so weit die Tragfähigkeit bei gesundem Material in Frage kommt, gleich sicher construiren lassen, und ist bei Berechnungen von gufseisernen Stützen nur ein höherer Sicherheits-Coefficient zu nehmen, als bei Schmied eisen, weil bei ersterem gröfsere Materialfehler sich bei der Ausführung ergeben können. Es ist wichtiger, sich mit den passenden Constructions-Verhältnissen der Stützen zu beschäftigen, als mit der Materialfrage. Die Commission sei der Ansicht, dafs die von den HH. Bauschinger einerseits, Möller und Lüh mann andererseits ausgeführten Versuche und die dabei erhaltenen Resultate hinreichende Beweiskraft ent halten, um die von dem königl. Polizeipräsidium in Berlin angeordnete einseitige Einschränkung der Ver wendung gufseiserner Säulen bei Bauten als nicht begründet darzustellen. Namens der Commission schlage Referent vor: 1. von der Ausführung weiterer Versuche Abstand zu nehmen; 2. unter Hinweis auf die Unter suchungen von Bauschinger, Möller und Lühmann den Vorstand des Vereins zu ermächtigen: a) das königl. Polizeipräsidium zu Berlin um Aufhebung der Verordnung vom 4. April 1884 zu ersuchen; b) dem selben dagegen anheimzustellen, besondere Vor schriften hinsichtlich der Constructions- verhältnisse zu erlassen, bei den gufseisernen Trägern jedoch im weiteren nur zu verlangen, dafs selbige durchaus gesundes Fleisch haben und nicht excentrisch gegossen sind. Diese Vorschläge fanden seitens der Versammlung einstimmige Annahme. Sodann hielt Hr. Generalsecretär Schlofs- m a c h e r - Offenbach einen Vortrag über das Project eines Feuer Versicherungs- Verbandes deut scher Fabriken.* Redner führte aus, dafs die bei der Versicherung von Fabriken gegen Feuers gefahr und in der Abwicklung der sich daraus er gebenden Schadenregulirungen unter den jetzigen