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15. December 1896. Die Zollabfertigung der Retourwaaren. Stahl und Eisen. 1015 ein Beispiel anzuführen, wollen wir auf den be deutenden Unterschied hinweisen, der in den Zoll sätzen für geformte Graphitblöcke nach dem all gemeinen Tarif und nach dem Vertragstarif be steht. Bei derartigen Graphitblöcken werden, wenn sie aus meistbegünstigten Ländern stammen, 2 6 Zoll vom Doppelcentner, im anderen Falle hin gegen 20 erhoben. Declarirt nun der Em pfänger einer aus 20 Doppelcentnern Graphitblöcken bestehenden Sendung Oesterreich-Ungarn als Ur sprungsland, so wird ohne weiteres der Zollsatz von 2 •6 angerechnet, er hat also, ohne dafs ihm ein Nachweis für seine Angabe auferlegt wird, 360 •6 Zoll gegenüber dem allgemeinen Tarif gespart. Gerade entgegengesetzt wird bei der Zoll abfertigung von Retourwaaren deutschen Ur sprungs verfahren, die nach §113 des deutschen Zollgesetzes vom Eingangszoll befreit sind. Der ge nannte Paragraph lautet: „VereinsländischeErzeug nisse oder Fabricate, die auf Bestellung, zum Gom- missionsverkauf, zur Ansicht oder zum vorübergehen den Gebrauch nach dem Auslande gesandt worden sind und von dort zurückkommen, können vom Eingangszoll freigelassen werden, sofern kein Zweifel dawider besteht, dafs dieselben Waaren wieder eingehen, die ausgegangen sind.“ Nach einer Aus führungsbestimmung hierzu sollen die Fabricanten aufgefordert werden, an Amtsstelle die inländische Herstellung der gelieferten Waaren nachzuweisen. Die Steuerbehörde verlangt, wenn für eine derartige Retourwaare Zollfreiheit in Anspruch genommen wird, aufser diesem von dem Fabricanten oder dessen Werkmeister persönlich zu führenden Nachweis, meistens auch noch die Vorlage der Geschäfts bücher des Fabricanten und des exportirenden Kaufmanns und der gesammten auf die Sendung bezüglichen Correspondenz. Dieses führt sehr häufig zu grofsen Belästigungen, namentlich dann, wenn eine Waare durch mehrere Hände gegangen ist, oder wenn der Fabricant und der Empfänger der Retourwaare zwei ver schiedene Personen sind und an verschiedenen Plätzen wohnen. Wenn zudem eine Retoursendung Waaren verschiedener Fabricanten enthält, so ge staltet sich der Nachweis noch schwieriger. Seitens der Bergischen Handelskammer in Lennep wird daher eine Eingabe an den preufsischen Minister für Handel und Gewerbe vorbereitet, um Er leichterungen bei der zollamtlichen Abfertigung von Retourwaaren herbeizuführen; derselben werden sich voraussichtlich auch andere Handelskammern anschliefsen. Die Frage berührt alle am Export betheiligten Industriezweige, insbesondere auch die Eisen-, Metall- und die Maschinenindustrie. Nach der amt lichen Statistik beliefen sich im Etatsjahr 1894/95 die freigeschriebenen Zollbeträge für aus dem Aus lande zurückgekommene Sendungen von Eisen und Eisenwaaren auf 157 600 %, von Maschinen und Eisenbahnfahrzeugen auf 74 300 •6 und von Blei-, Kupfer-, Messing-, Zink- und Zinnwaaren auf 57 500 6. Diese Zahlen beweisen, wie häufig Retoursendungen vorkommen und wie lästig und zeitraubend daher die von den Zollämtern ver langte umständliche Beweisführung für die be treffenden Geschäftsleute ist. Das Verlangen der Handelskammer in Lennep geht nun dahin, dafs zu dem § 113 des Zollgesetzes eine Ausführungs bestimmung erlassen werde, dahin lautend, dafs bei Zollbeträgen von 100 • und darunter die Ausfolgung von Retourwaaren dann zollfrei zu erfolgen hat, wenn eine der zur Ausstellung von Ursprungszeugnissen befugten Behörden den in ländischen Ursprung und die Identität der Waaren beurkundet. Man wird dieses Verlangen um so berechtigter finden müssen, wenn man bedenkt, wie entgegen kommend und wie wenig peinlich die Steuer behörde hinsichtlich des Ursprungsnachweises bei ausländischen Waaren verfährt. Wie wir oben nachgewiesen haben, werden heute in der That Retourwaaren, also Waaren deutschen Ursprungs, in dieser Beziehung viel ungünstiger behandelt, als ausländische Waaren. Zur vertragsmäfsigen Zollbehandlung ausländischer Waaren, wobei — wie aus dem oben angeführten Beispiel hervor geht gegen die Sätze des allgemeinen Tarifs oft grofse Zollermäfsigungen in Frage kommen, ist aufserdem in der Regel die abfertigende Zoll stelle selbständig und ohne Rücksicht auf die Höhe des Zolles befugt; die Zollbefreiung deutscher Retourwaaren ist dagegen überall den Hauptämtern vorbehalten und steht auch diesen nur innerhalb einer sehr eng nach dem Zollwerthe bemessenen Grenze zu; bei gröfseren Zollbeträgen ist stets die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich und, bis diese eintrifft, häufig gar der höhere Zoll, nach dem allgemeinen Tarif, zu hinterlegen, obwohl es doch selbstverständlich scheint, dafs deutschen Erzeugnissen die Ver günstigungen des deutschen Vertragstarifs ebenso zu gute kommen müssen, wie ausländischen Waaren, und ohne Rücksicht darauf, ob sie aus einem meistbegünstigten Lande oder von sonsther zurückkommen. Dazu kommt, dafs in einzelnen Bundesstaaten bei Anträgen auf zollfreie Aus lieferung von Retourwaaren noch Stempel in ziem lich erheblichem Betrage erhoben wird, z. B. in Hessen; in Preufsen auch in bestimmten Fällen, wie aus den Ausführungsbesimmungen zu dem neuen Stempelgesetz hervorgeht. Eine andere Art von Retourwaaren, als die hier in Rede stehenden, liegt dann vor, wenn ausländische Waaren, die in Deutschland ein geführt sind und wofür der Eingangszoll entrichtet wurde, von einem deutschen Kaufmann ins Aus land geschickt werden und von dort zurückkommen. Für diese mufs dann meistens zum zweitenmal der Eingangszoll erlegt werden, denn der oben-