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1004 Stahl und Eisen. Die ältesten eisernen Brücken der Welt. 15. December 1896. In Preufsen wurde, wie bekannt, eine ähn liche gufseiserne Bogenbrücke schon im Jahre 1794 auf dem Königlichen Eisenhüttenwerke Malapane für den Grafen v. Burghaus in Laasan (Nieder schlesien) gegossen und 1796 als Strafsenbrücke über das Striegauer Wasser errichtet. Zwei jüngst erworbene Blätter meiner Samm lung von Photographien, auf denen der heutige Zustand jener beiden alten eisernen Strafsen- brücken zu ersehen ist, scheinen mir soviel all gemeines Interesse zu beanspruchen, dafs ich sie den Lesern von „Stahl und Eisen“ nachstehend im Abdrucke vorführe. Abbild. 1 stellt die Severnbrücke dar bei Ironbridge in Shropshire, mit einer Hauptöffnung von etwa 31 m Weite (100,5'). Ich erhielt die Photographie von den Coalbrookdale Iron Works, jenen Werken, die in der Geschichte des Eisens eine so bedeut same Rolle spielten. Die Eisentheile der Severn brücke wurden in Coalbrookdale vor etwa 120 Jahren (1776 bis 1779) gegossen. Die Brücke gab dem in ihrer Nähe entstehenden Orte seinen Namen, und noch heute steht sie, wie mir die Direction der Werke schreibt: „ still in excellent preservation and is in daily use for a considerable traffic across the river Severn“. Fürwahr, ein H/SPAN 100KETXö Abbild. 3. beredtes Zeugnifs für die Vorzüglichkeit des Eisens als Brückenbaustoff! Allerdings verdient erwähnt zu werden, dafs die Brücke ursprünglich nur eine einzige Oeffnung besafs. Wahrscheinlich ist man seiner Zeit sich nicht ganz klar über die Wirkung des Horizontalschubes eines so weit gespannten eisernen Bogens gewesen. Wenigstens erzählt Stephenson* von einem Weichen der Wider lager, wobei die gufseisernen Bogenrippen zum Theil brachen. Wahrscheinlich hat man infolge dessen im Jahre 1800 in der Rampe auf dem Broseley-Ufer noch zwei kleinere Landöffnungen eingelegt. Im Jahre 1862 wurde die Brücke in allen ihren Theilen genau untersucht, wobei in den genannten Landöffnungen einige Anzeichen der Schubwirkung des grofsen Bogens noch be merkt worden sind.** Auch die Brücke über das Striegauer Wasser, (soweit bekannt) die erste eiserne Brücke des * Encyclopaedia Britannica 8th. edition. Art. Iron Bridges“. ** Smiles, Industrial Biography 1863, S, 92. europäischen Festlandes, steht heute noch vorzüglich erhalten da, wie sie die Abbild. 2 vorführt. Die Brücke liegt bei Laasan, in der Chaussee Saarau-Laasan-Kappendorf-Bertholsdorf. Hr. Kreis baumeister Graeve in Schweidnitz, dem ich die Photographie verdanke, schreibt mir, dafs die Brücke „bis zur Zeit in ihrem ursprünglichen Zustande erhalten worden ist und auch beim Neubau des über sie führenden Weges als Chaussee erster Ordnung eine Verstärkung nicht erfahren hat, nur sind einige unwesentliche Gonstructionstheile, die im Laufe der Zeit schad haft geworden waren, ergänzt worden“. Nach einer weiteren gütigen Mittheilung des Landes bauraths der Provinz Schlesien, Herrn Geheimen Baurath Keil, ist die Brücke, obwohl zwischen den Geländern nur 5,9 m breit,* ihrer hohen baugeschichtlichen Bedeutung wegen bisher nicht umgebaut worden. Abbild. 4. Die Abbild. 3 und 4 sind Abdrücke (in natür licher Gröfse) der Vorder seite von Bronze - Denk münzen, die zum Anden ken an die Errichtung der beiden genannten Brücken geschlagen worden sind. Auf der Rückseite der englischen Denkmünze be findet sich die Abbildung einer Seilbahn mit der Unterschrift „Inclined Plane at Ketley 1789“. Die Rückseite der deutschen Medaille trägt die Inschrift: „Auf Kosten des Hrn. Reichsgrafen Niclas August Wilhelm v. Burghaus auf Laasan, geb. 14. März 1750, Herrn zu Laasan - Peterwitz- Sarau-Beatenwald und_Neudorf“. Einige Einzelheiten über die Bauart und Her stellung der beiden Brücken findet man besonders in der bereits angeführten „Sammlung nützlicher Aufsätze“. Das Gewicht der Severnbrücke beträgt in der Hauptöffnung 385 t (zu je 1000 kg); jede Hälfte einer Bogenrippe (in einem Stücke im offenen Sande gegossen) wiegt etwa 6 t. Das Eisenwerk der schlesischen Brücke wog zusammen 47 t, die in Breslau angeliefert, rund 10 400 eN6 gekostet haben, also für die Tonne rund 220 •46. Die Gesammtbaukosten der Brücke beliefen sich auf rund 20 000 6. Mehrtens. * In den ältesten Mittheilungen der schlesischen Provinzialblätter vom 10. October 1796 wird die Breite der Brücke zu 18' angegeben, was zutrifft. Vergl. Sammlung nützlicher Aufgaben u. s. w. A. a. 0. S. 167.