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Das russische Patentgesetz vom 20. Mai 1896.* Das russische Patentgesetz steht seit dem 13./1. Juli d. J. in Kraft und wird von einem Comite für tech- nische Angelegenheiten im Departement für Handel und Manufactur nach Anweisung des Finanzministers gehandhabt. Das Comite besteht aus einem Director, neun ständigen Mitgliedern mit höherer, vornehmlich technischer Bildung und aus je einem Mitgliede der Ministerien des Krieges, der Marine, des Innern, des Ackerbaues, der Reichsdomänen und der Verkehrs wege. Aufserdem gehören zum Comite technische Sachverständige, die nach Bedarf gegen Entgelt zur Vorprüfung der Patentanmeldungen herangezogen werden und gleiches Stimmrecht wie die ständigen Mitglieder haben. Das Comite zerfällt in Abtheilungen mit je einem Vorsitzenden aus der Reihe der stän digen Mitglieder. Die Patentgebühren betragen: einmal 20 Rbl. erhoben. Die Patentgebühren für die ersten 3 Jahre können russischen Unterthanen, deren 15 Rbl. für das 1. Jahr 125 Rbl. für das 9. Jahr 20 , , „ 2. n 150 „ „ „ 10. „ 25, „ , 3. » 200 „ „ „ 11. , 30 „ " „ 4. n 250 , , 12. , 40 „ , , 5. » 300 „ „ » 13. „ 50 „ » „ 6. 350 „ „ „ 14. „ 75 „ „ , 7. » 400 » » » 15. » 100 » „ „ 8. n Bei Ertheilung eines Zusatzpatentes werden nur Armuth beglaubigt ist, erlassen werden. Patente werden ertheilt auf Erfindungen und Verbesserungen, welche etwas wesentlich Neues bieten. Ein Patent kann mehrere Erfindungen enthalten, wenn dieselben ein bestimmtes Herstellungsverfahren bilden und einzeln nicht angewendet werden können. Von der Patentirung sind ausgeschlossen: 1. wissen schaftliche Entdeckungen ; abstrakte Theorien; 2. der öffentlichen Ordnung und der Sittlichkeit zuwider laufende Erfindungen; 3. Erfindungen, welche in Rufs- land bereits patentirt oder ausgeführt oder in öffent lichen Druckschriften beschrieben sind; 4. Erfindungen, welche im Auslande bekannt, dort nicht patentirt oder auf einen anderen Namen patentirt sind, ohne dafs der Träger dieses das Nutzungsrecht an den russischen Anmelder übertragen hat; 5. nebensäch liche Veränderungen bekannter Erfindungen; 6. che mische Stoffe, Nahrungs-, Genufs- und Arzneimittel, sowie deren Herstellungsverfahren und -Apparate. Bei Anmeldung des Patentes sind einzureichen: der Patentertheilungsantrag, eine vollständige und ge naue Beschreibung der Erfindung in russischer Sprache und 30 Rbl. Prüfungsgebühr; aufserdem eine Vertreter vollmacht, sofern der Anmelder nicht in Rufsland lebt. Entsprechen die Unterlagen der Anmeldung den ge setzlichen Vorschriften, so erhält der Anmelder einen Schutzschein, mit welchem Zeitpunkt ein vorläufiger Patentschutz beginnt. Hierüber wird im Regierungs- und Finanzanzeiger eine Mittheilung veröffentlicht. Ebenda wird das Aufserkrafttreten des Schutzscheins bekannt gemacht, wenn das Patent versagt wird. Vor der Ertheilung des Patentes eingehende Ein sprüche, betreffend den Mangel der Neuheit oder offen * Vgl. „Blatt für Patent-, Muster- und Zeichen wesen“ 1896, Heft 9, Seite 283. kundige Vorbenutzung der Erfindung, werden dem An melder zur Aeufserung innerhalb einer 3 monatlichen Frist zugestellt. Wird im Einspruch widerrechtliche Entnahme behauptet, so wird das Patentertheilungs verfahren eingestellt und den Parteien anheimgegeben, sich an das Gericht zu wenden. Jede Anmeldung wird durch eines der ständigen Mitglieder oder einen der Sachverständigen vorgeprüft und gelangt dann an die Comiteabtheilung behufs Beschlufsfassung. Zu der vorhergehenden Verhand lung können die Anmelder und der Vertreter, sowie Sachverständige behufs mündlicher Erklärung hinzu gezogen werden. Der Beschlufs des Comits, welcher auf Bewilligung oder Versagung oder Einschränkung lauten kann, wird dem Anmelder mitgetheilt. Gehen an einem und demselben Tage von zwei oder mehr Personen Anmeldungen auf eine und die selbe neue Erfindung oder sehr ähnliche neue Erfin dungen ein, so wird den Anmeldern vorgeschlagen, sich zu einigen und ein gemeinsames Patent nachzu suchen. Kommt innerhalb 3 Monate eine Einigung nicht zustande, so wird kein Patent ertheilt, falls das Näherrecht eines der Anmelder nicht gerichtlich festgestellt ist. Das Patent läuft höchstens 15 Jahre vom Tage der Unterzeichnung der Patenturkunde an gerechnet. Ein russisches Patent, dessen Gegenstand auch im Auslande unter Patentschutz steht, erlischt mit dem ausländischen Patente. Binnen 3 Monate nach der Patentertheilung ist die erste Jahresgebühr zu zahlen. Geschieht dies nicht, so wird das Verfahren abgebrochen und jede weitere Meldung als neues Gesuch betrachtet. Gegen die Be schlüsse der Comiteabtheilung ist die Beschwerde innerhalb 3 Monate zulässig. Die Beschwerdegebühr beträgt 15 Rbl. Die Beschwerden werden von Mit gliedern und Sachverständigen, welche bei dem ersten Beschlufs nicht mitgewirkt haben, begutachtet und dann in einer Plenarsitzung des Comites zum Vortrag gebracht. Hierbei haben die beim ersten Beschlufs thätig gewesenen Referenten eine berathende Stimme. Die Patenturkunde betreffend Erfindungen, welche auf bereits patentirte Erfindungen sich stützen, er halten einen Vermerk, wonach die Ausnutzung der Erfindung nur im Einverständnifs mit dem Inhaber des Stammpatentes zulässig ist. Die Ertheilung des Patentes, sowie dessen genauer Inhalt werden öffent lich bekannt gemacht. Der Patentinhaber hat das Recht der ausschliefs- liehen Benutzung der patentirten Erfindung, ist aber verpflichtet, die Erfindung innerhalb 5 Jahren nach der Unterzeichnung der Patenturkunde in Rufsland zur Ausführung zu bringen. Innerhalb 2 Jahre nach der Bekanntmachung des Patentes kann das Eigen thumsrecht an der Erfindung auf gerichtlichem Wege angefochten werden. Nach Ablauf dieser Frist kann das Patent nur auf Grund einer Criminalklage für nichtig erklärt werden. Zusatzpatente können von Jedermann nachgesucht werden, bedürfen aber zu ihrer Verwerthung des Einverständnisses des Inhabers des Hauptpatentes. Mit letzterem erlischt auch das Zusatzpatent. Das Hauptpatent erlischt: 1. nach Ablauf von 15 Jahren; 2. im Falle der nicht rechtzeitigen Zahlung der Jahresgebühr; 3. im Falle der Nichtausführung der Erfindung im Inlande innerhalb 5 Jahren; 4. im Falle gerichtlich festgestellter widerrechtlicher Ent nahme der Erfindung; 5. mangels einer vorschrifts- mäfsigen Beschreibung. XXLie