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870 Stahl und Eisen. Vorschlägezueiner Hochofenanlagemit Selhstregenerirung der Gase. 1. November 1896. Windtemperatur ausCowperschen, von M. Boecker verbesserten Apparaten.* Ich habe mich etwas länger bei diesem Gegen stände aufgehalten, um zu zeigen, wie wichtig es für die Brennmaterialersparnifs ist, die Hoch ofenschmelzung rasch zu treiben, worüber uns übrigens seit längerer Zeit der schnellgehende Betrieb der steirischen Holzkohlenhochöfen belehrte, wo für 1 t Erzeugung etwa 2,25 cbm** Inhalt benöthigt wurden, bei einem Holzkohlenverbrauch von 650 kg bis 750 kg.*** Das Verhältnifs der Ofen - Durchmesser in Gestell 2.05 sack geht bis zu oro == 0,8 2,00 (Friedau-Werk). Das rasche Trei ben unserer Hochöfen hängt von der gröfseren oder geringeren Vollständigkeit ab, mit welcher die Reduction der Eisenerze mit Hochofengasen erfolgt (indirecte Reduction); zu diesem Zweck bauen wir weitere Gestelle, damit die Hochofengase die zu redu- cirenden Erzstücke schon besser umhüllen, wir müssen aber stets die Reductionsatmosphäre unserer Hochöfen auf Kosten der unvoll ständigen Verbrennung der theuren Brennmaterialien herstellen. Ich glaube daher, dafs man das in den Hochofengicht gasen vorhandene Kohlen oxyd ausschliefslich als eine bewegliche Reductionsat mosphäre betrachten mufs; die Hochofen gichtgase sollen un bedingt aus einer Mischung von Kohlensäure und Kohlenoxyd be stehen und werden aus dem Hoch- sohle ofen mehr oder weniger Wärme in latentem Zustande mitnehmen. Dieser Umstand steht in unmittel barer Verbindung mit der redu- cirenden Wirkung im Hochofen; gegenwärtig ist daher der Betriebsleiter in Bezug auf die Wärmeausnutzung der Hochofenbrennmaterialien an ebenso enge Grenzen gebunden, wie das Ver- CO 2 hältnifs m —= co andeutel. Wie wir schon oben gesehen haben, geht die Bildung der Reductions atmosphäre bei unseren Hochöfen auf Kosten fast der Hälfte der in den Hochofenbrennmaterialien ent haltenen Wärme-Energie vor sich; das Freiwerden derselben kann nur mit Hülfe von zugeführtem Sauer * „Stahl und Eisen“ 1895, Seite 1159. ** N. A. Jossa, „Dopotnienia k. Mietallurgie D. Percy“ 1880, Seite 161. *** A. Ledebur, „Handbuch der Eisenhüttenkunde“ 1881, Seite 559. stoffder Luft erfolgen, d. h. unter Bildung einer Kohlen säure enthaltendenAtmosphäre; auf dieseWeiseist es unmöglich, im Hochofen die latente Wärme-Energie der Hochofengase vollkommen nutzbar zu machen. Zur Beseitigung dieses Uebelstandes kenne ich nur ein einziges Mittel, welches darin besteht, im Hoch ofen eine constante, sozusagen unbeweg liche Reductionsatmosphäre zu erzeugen. Wenn wir den Weg, welchen die Hochofen gase von den Formen bis zu der Gicht ein schlagen, verfolgen, so können wir drei Stufen unterscheiden: a) in dem unteren Theil des Hochofens, der Schmelzgegend, sollen die Hochofengase den Schmelzmaterialien blofs diejenige Temperatur ertheilen, welche zum Schmelzen der Schlacke und des Roheisens nöthig ist; gleichzeitig damit soll die Reduction von Silicium, Mangan und Phosphor ebenso wie die Kohlung des Eisens stattfinden; b) im mittleren Theil sollen die Hochofengase nur eine chemi sche Wirkung nach der Formel: Fe,Os — 3GO = Feo + 3C0, ausüben, ohne Wärmeverbrauch von aufsen; der Erfolg wird um so vollständiger sein, je gleich- mäfsiger (und nicht zu hoch) die Temperatur in diesem Theil ist bei Vorhandensein einer genügend reducirenden Atmosphäre. - c) Im dritten, obersten Theil erfolgt die Vorbereitung der Schmelzmaterialien auf physika lischem Wege auf Kosten der hier erzeugten Wärme: die Feuchtig keit wird hier entfernt und die Schmelzmaterialien werden vor gewärmt, um in diesem Zustande in den mittleren Theil des Hoch ofens zu gelangen. — Wenn wir die Bedeutung einer jeden dieser drei Perioden der Hochofenschmelzung beachten, und in jeder Zone die ihrer natürlichen Eigenthüm- lichkeit entsprechende Arbeit ausführen wollen, so gelingt uns dies selbstverständlich am leichtesten mit denjenigen Factoren, welche an dem Hoch- ofenprocefs Antheil nehmen. Wir wollen die römische Reichsdevise: „Divide et impera“ in ihrer ganzen praktischen Bedeutung auch beim Hochofen, der mehrere widersprechende Elemente umfafst, anwenden. Eine solche Politik deutet uns schon die Art der Ausführung an: In den unteren Theil des Hochofens mufs man möglichst heifsen Wind einführen, um eine möglichst hohe Temperatur in dieser Zone erreichen zu können, da hier und Kohlen- i I..,5- I i Fig. 3. Kokshochofen Nr. I in Stomporkow.