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den einfachsten Mitteln betriebene Bergbau auf Brauneisenerz ist besonders im Bereiche des Tarnowitzer Bleierzbergbaues häufig ein Wiederholungsbau nach dem Abbau der Zink- und Bleierze. Der voran gegangene Metallbergbau hat zwar das Gebirge abgetrocknet, so dafs die Brauneisenerze meistens in verhältnifsmäfsig grofser Teufe ohne Wasserhaltung abgebaut werden können; er hat aber auch häufig ein Zubruchegehen der anstehenden Eisenerzmassen zuwege gebracht, so dafs dieselben nur mit Schwierigkeiten rein und unvermischt mit Nebengestein zu gewinnen sind. Die Eisenerze gehören in Schlesien nicht zu den Regalmineralien und stehen zur alleinigen Verfügung des Grundbesitzers. Der Grund und Boden, besonders in der Tarnowitzer Gegend, in welcher die meisten und besten Brauneisenerzlager vorkommen, ist zum allergröfsten Theil in Händen von Grofsgrundbesitzern, namentlich der beiden Gräflichen Häuser Henckel von Donnersmarck, welche den Erzbergbau theils für eigene Rechnung betreiben, theils an die Oberschlesische Eisenindustrie- Actiengesellschaft verpachtet haben. Fast sämmtliche oberschlesische Hochofenwerke haben sich zwar durch Ankauf oder Pachtung von bäuerlichen Grundstücken, in welchen Eisenerze vorkommen, eigene Bezugsquellen für das Brauneisenerz geschaffen; sie sind aber mehr oder weniger genöthigt, zur vollen Deckung ihres Bedarfs auch Brauneisenerze aus den Gräflich Henckelschen Gruben anzukaufen. Im ganzen oberschlesischen Brauneisenerzrevier wurden im Jahre 1895 etwa 470 000 t Brauneisenerze gefördert, wovon weit mehr als die Hälfte aus den Gräflich Hugo Henckelschen Förderungen in Pachtung der Oberschlesischen Eisenindustrie-Actiengesellschaft herrühren. Aufser den Erzen liefert die Muschelkalkformation noch eisenschüssige Dolomite, welche gern als Zuschlagsmaterial von oberschlesischen Hochöfen verwendet werden, und aufserdem ganz vorzüg lichen Zuschlagskalkstein, der bis 98 % kohlensaure Erde enthält. Bezüglich der im Lande vorkommenden Eisenerze ist Oberschlesien nicht günstig gestellt. Wo die Brauneisenerze der Muschelkalkformation sich als Stufferze zeigen, steigt zwar ihr Eisengehalt auf 50 % und mehr; meistens sind aber die Brauneisenerze von mulmiger Beschaffenheit und enthalten dann im getrockneten Zustande 35 bis 40 % Eisen, im naturfeuchten Zustande dagegen bei 25 bis 35 % Wasser nur zwischen 20 und 30 % Eisen. Eine wenig angenehme Beigabe ist es, dafs die Erze 2 bis 3 und mehr Procent Zink enthalten, welches sich beim Hochofenbetrieb als sehr lästig erweist und hohen Brennmaterialaufwand verursacht. Der Zinkgehalt der Erze, der in den Hochöfen bekanntlich die grofsen Schwammansätze unter der Gicht veranlafst, liefert zwar in dem Ofenbruch und den zinkischen Staubmassen des Hochofenbetriebes ein recht gut verwerthbares Nebenproduct; dasselbe bietet aber keine Entschädigung für die aufserordentlichen Nachtheile und Betriebskostenerhöhungen, welche die Zinkansätze beim Hochofenbetrieb herbeiführen. Werth voller in den Brauneisenerzen ist die ihnen nie fehlende Beimengung von silberhaltigem Bleiglanz, welcher im Hochofenblei seines hohen Silbergehaltes wegen ein recht lohnendes Nebenproduct des Hochofenbetriebes liefert. Alle Hochöfen des Landes, welche Brauneisenerze in hohen Procentsätzen ihrer Möllerung zusetzen, sind auf die Bleigewinnung eingerichtet. Eine vorzüglich wirkende Einrichtung zur Bleigewinnung ist die Erfindung des Hrn. Hütteninspectors Bansen in Tarnowitz. Der Mangangehalt des oberschlesischen Brauneisenerzes wechselt aufserordentlich und beträgt vom Bruchtheil eines Procentes an bis zu fünf und mehr Procent. Der Schwefelgehalt der Braun eisenerze ist durchweg so niedrig, dafs er keinen schädlichen Einflufs auf das bei gutem Ofengange fallende Roheisen ausübt. Das mit oberschlesischem Material erblasene Roheisen ist rothbruchfrei und giebt bekanntlich ein durch vorzügliche Schweifsbarkeit ausgezeichnetes Puddeleisen. Der Phosphor gehalt der Eisenerze in Höhe von 0,02 bis 0,2 % ist für die Herstellung von Schweifseisen allerdings fast ganz unschädlich; dagegen macht er das Brauneisenerz zur alleinigen Verwendung für die Her stellung von Roheisen für den sauren Bessemerprocefs unbrauchbar und er ist leider auch zu niedrig für die Erzeugung von Thomaseisen ohne Zusatz anderer phosphorreicherer Materialien. Die oberschlesischen Brauneisenerze können wegen ihrer Eigenschaften allein nicht die Grundlage für eine Eisenindustrie bilden, wie sie heute in Oberschlesien unter Anwendung auch der Converter- Frischprocesse und des Herdstahlschmelzens betrieben wird. Die oberschlesischen Hochöfen haben aber, trotzdem ihnen das Revier und dessen Nachbarschaft keine reiche Auswahl gut geeigneter Erze bieten und trotz der geringeren Leistungsfähigkeit des Koks ihre Erzeugung von Jahr zu Jahr erhöht und sich allen den Wandlungen und Besserungen, welche die Eisenhüttentechnik mit sich brachte, angepafst. Sie haben dies aber nur zuwege bringen können neben der zeitgemäfsen Reform ihrer Einrichtungen durch Heranziehung anderer Schmelzmaterialien aus dem In- und Auslande. Zur Erhöhung des Eisengehalts der sonst aus oberschlesischen Brauneisenerzen zusammen gesetzten Möllerung und auch zur Auflockerung der Beschickung ist man schon vor vielen Jahren damit vorgegangen, neben den geringeren Mengen Thoneisensteinen die im Lande vorkommenden alten Frischfeuerschlacken, sowie die Puddel- und Schweifsschlacken im Hochofen mit zu verarbeiten. Die regelmäfsige Verhüttung von eisenhaltigen Schlacken der Frischfeuer und der Puddel- und Schweifsschlacken ist in Oberschlesien viel früher als in anderen Eisenhüttenrevieren betrieben worden.