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15. October 1896. Mittagsmahl. Stahl und Eisen. 821 dargelegt hatte. Die bis zum Jahre 1878 fast durchgängig freihändlerisch gesinnt gewesenen deutschen Landwirthe sahen es nunmehr als eine Thorheit ein, fernerhin noch zu berechnen, mit wieviel Pfennigen der deutsche Eisenzoll den Morgen vaterländischer Scholle für den Ackerbau belaste; der deutsche Landwirth erkannte nunmehr, dafs vor allem eine blühende Industrie im eigenen Lande ihm den Absatz der landwirthschaftlichen Producte zu lohnenden Preisen sichern könne; der deutsche Gewerbetreibende wiederum schützte gern den heimischen Getreidebau gegen die ungleiche Goncurrenz des Auslandes, indem dadurch der heimische Ackerbau gestärkt und zu einem guten Abnehmer für die industriellen Erzeugnisse des Landes gemacht wurde. Nicht um billiges Brot allein war es dem deutschen Arbeiter zu thun, weil ihm auch das billigste Brot bei mangelnder Arbeitsgelegeneit stets zu theuer ist. Dem Arbeiter geht es in erster Linie um ständige Arbeit, dann kann er auch einen entsprechend höheren Preis für das Brot zahlen, und an dieser Stelle sei hiermit ausdrücklich darauf hingewiesen, dafs Jeder unserem Vaterlande wirthschaftlich am meisten nützt, wenn er möglichst viel neue Arbeitsgelegenheit fär unser Volk schafft. Als diese Gemeinsamkeit der Interessen aller productiven Stände, namentlich aber zwischen Industrie und Landwirthschaft, erkannt wurde, hatte trotzdem Fürst Bismarck noch mit der Bureau- kratie, dem in den Hörsälen freihändlerisch ausgebildeten Beamtenthum im eigenen Lager, zu kämpfen, um den Schutz der nationalen Arbeit endlich durchzuführen. Dankbar erinnern wir uns darum der Männer aus dem Beamtenthum, welche, im praktischen Leben stehend, die wirthschaftlichen Bedürf nisse ihrer Zeit damals erkannten, und an dieser Stelle nehme ich Gelegenheit, unserem anwesenden Ehrengäste, dem Hrn. Regierungspräsidenten Dr. von Bitter, noch meine Anerkennung dafür abzu statten, dafs er bereits im Jahre 1876, als damals der Schlesische Gentral-Gewerbeverein die zoll politische Frage auf der Hauptversammlung in Waldenburg berieth, mir Muth einsprach zu dem mir aufgedrungenen Kampfe gegen die gelehrten Buch- und Zeitungsschreiber in dieser Frage, welche an jenem Tage auftraten, um die Lehren von Adam Smith den schlesischen Gewerbetreibenden noch mundgerecht zu machen! M. H.! Welche gewaltige Entwicklung speciell das deutsche Eisengewerbe unter dem Schutze der nationalen Arbeit genommen, ist Ihnen bekannt; diese Entwicklung ist eine so grofsartige, dafs selbst der Caprivische Handelsvertrag mit Oesterreich ihr keinen besonderen Schaden zuzufügen ver mochte. Wir aber, die deutschen Eisenhüttenleute, haben die Pflicht, bei jeder Hauptversammlung des Vereins des anderen Mannes zu gedenken, welcher die politische und wirthschaftliche Einigung unseres Volkes herbeigeführt, welcher die weitere Entwicklung von Gewerbe, Landwirthschaft und Handel den Bedürfnissen der Zeit entsprechend nach nationalem System angebahnt hat, und wir handeln im Sinne dieses grofsen Mannes, wenn wir die stetige Gemeinschaft der Interessen von Landwirthschaft, Gewerbe und Handel immer und überall vertreten. Ausschreitungen unvernünftiger Wühler auf der einen oder andern Seite werden uns nicht abhalten, den Mahnruf des grofsen Recken im Sachsenwalde zur Einigung aller productiven Stände zu beherzigen und zu befolgen. • In diesem Sinne, m. H., bringen wir heute unseren Dank und unsere Verehrung dem grofsen Manne dar und rufen ihm begeistert zu: Fürst Bismarck, der Baumeister des Reiches, der Bahn brecher für unsere nationale wirthschaftliche Entwicklung, der Freund der deutschen Eisenindustrie, unser durchlauchtiges Ehrenmitglied lebe hoch!“ Mit brausendem Jubel und unter den Klängen des „Deutschland über Alles“ schlofs sich die Festversammlung diesen, mit der Beredsamkeit des Herzens vorgetragenen Worten an; unter be geisterter Zustimmung ging alsdann an den Gefeierten das Telegramm ab: „Seiner Durchlaucht dem Fürsten -Bismarck Friedrichsruh. Dem eisernen Kanzler, ihrem durchlauchtigen Ehrenmitgliede, senden die heute hier in Gleiwitz, in der Ostmark des Reiches, zu festlicher Hauptversammlung vereinten Mitglieder des „Vereins deutscher Eisenhüttenleute“ ihre ehrfurchtsvollen Grüfse. Dem hochverdienten Förderer des deutschen Eisengewerbes geloben wir unverbrüchlich festzuhalten an, dem Schutz der nationalen Arbeit für alle Berufsstände im Vaterlande, durchdrungen von der Gemeinsamkeit der Interessen von Landwirthschaft, Handel und Industrie. Dem eisernen Helden unseren eisernen, ewigen Dank!“ Eisenbahndirections-Präsident Roepell-Kattowitz dankte alsdann in verbindlicher Weise im Namen der Gäste; er betonte die natürliche Zusammengehörigkeit der Eisenindustrie und der Eisen bahnen, und widmete sein Glas dem Wachsen, Blühen und Gedeihen des Vereins deutscher Eisenhüttenleute. Director Ernst Klein sprach zunächst nochmals den Vortragenden des Tages, den HH. F. G. Bremme, F. Schuster und Lürmann Dank aus und führte dann des Weiteren aus, dafs er auf Grund der Erfahrungen, die er als Vorsitzender des Empfangsausschusses für den Verein