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756 Stahl und Eisen. Die oberschlesische Berg- und Hüttenindustrie. 1. October 1896. lagert, während es im Norden bis zu einer Südgrenze, bezeichnet durch die Ortschaften Biskupitz, Bobrek, Beuthen, Chorzow und Laurahütte von den Gliedern der Triasformation — Buntsandstein und Muschelkalk — bedeckt wird. Der Muschelkalk enthält die berühmten oberschlesischen Zink- und Bleierz-Lagerstätten und auch die einzigen Eisenerzvorkommen des Landes, welche von Bedeutung sind. Was die Steinkohle anbelangt, so ist Oberschlesien, namentlich der auf der Karte dargestellte engere Bezirk, bezüglich der Reichhaltigkeit des Vorkommens wohl eines der bestbedachten Reviere des europäischen Festlandes. Kohlenschätze, wie sie sich in diesem nicht sehr ausgedehnten Gebiete befinden, treten wohl kaum an anderer Stelle in gleicher Mächtigkeit und Reinheit auf. Flötze von 1 bis 11/2 m Mächtigkeit, welche in anderen Kohlenrevieren als sehr stark gelten, werden im ober schlesischen Gentralrevier häufig gar nicht gebaut. Die durchschnittliche Mächtigkeit der hier ab gebauten Flötze beträgt 3 bis 7 m; nicht selten kommen aber Flötze von 9 bis 12 m zum Abbau. Zu diesem günstigen Umstande der Mächtigkeit gesellen sich nun im oberschlesischen Industrie bezirke noch Vortheile, welche die Lagerung der Kohlenflötze bietet. Auf einer durch die Ortschaften Zabrze, Königshütte, Laurahütte und Rosdzin und weiterhin über die polnische Grenze sich erstrecken den Erhebungslinie bilden die Schichten des productiven Steinkohlengebirges eine Reihe von Sätteln (Flötzberge), bekannt unter dem Namen Zabrzer-Myslowitzer Flötzzug, in welcher namentlich eine grofse Zahl liegender Flötze, die sich durch besondere Mächtigkeit und Reinheit auszeichnen, empor gehoben ist. Die Sattelreihe ist auf der Wandkarte durch die grüneingezeichneten Ausbisse des liegendsten Flötzes an den Sätteln von Zabrze, Königshütte, Laurahütte und Rodzin angedeutet. Von den Flötzen des Zabrze-Myslowitzer Zuges ist die unter dem Namen „Sattelflötze" bekannte untere Gruppe, zu welcher im Westen des Revieres die Flötze Pochhammer (6 m), Reden (3 m), Heinitz (3 bis 4 m) und Schuckmann (6 bis 9 m) gezählt werden, und in welcher man im Osten Sattelflötz Oberbank und Niederbank, Oberflötz und Niederflötz unterscheidet, wegen der Beschaffenheit ihrer Kohle die werthvollste und für den oberschlesischen Eisenhüttenmann interessanteste; auf ihr geht der wichtigste, älteste und ausgedehnteste Bergbau um. Durch die Emporhebung dieser Flötzpartie in den Sätteln sind dem Bergbau die gröfsten Vortheile geboten, da hier die Gewinnung der Kohle, die nur in mäfsiger Tiefe lagert, sehr erleichtert wird. Das Profil auf der in Ihren Händen befindlichen Karte, welches den Südabhang des Zabrze-Myslowitzer Flötzzuges entlang gelegt ist, giebt ein Bild der Lagerung der Sattelflötze und der über ihnen lagernden Flötze und zeigt auch, dafs die Zusammensetzung des Schichtensystems, in dessen unterer Zone Sattelflötze eingelagert sind, ziemlich beständig und durch eine bestimmte Flötzfolge charakterisirt ist. Von dem von West nach Ost verlaufenden Sattelzuge senken sich die Flötze nach beiden Seiten ein, um sich im Norden, nördlich von Beuthen, das über dem Muldentiefsten liegt, unter den Triasschichten wieder emporzuheben. Nach Süden bezw. Südwesten bilden die Flötze wahr scheinlich einen zweiten Sattel, auf dem die Gruben des Rybniker Reviers bauen. In der Richtung von West nach Ost erfährt das ganze Schichtensystem des Zabrze-Myslowitzer Flötzzuges insofern eine Aenderung, als die Zwischenmittel der Flötze sich im allgemeinen verschwächen und das ganze System nach Osten zu eine Abnahme der Mächtigkeit erleidet. Die Verschwächung der Zwischenmittel führt stellenweise zum vollständigen Verschwinden dieser Mittel und Aneinander legen der Flötze. So vereinigen sich beispielsweise die im Westen vollständig voneinander getrennten Sattelflötze Pochhammer von 6 m Mächtigkeit und Reden von 3 m Mächtigkeit nach Osten zu durch Verdrückung des Zwischenmittels zu einem Flötz von 10 bis 12 m Mächtigkeit. Im äufsersten Osten auf polnischem Gebiete finden derartige Zusammenlegungen der Flötze zu ganz enormen Mächtigkeiten statt. Was die Beschaffenheit der im oberschlesischen Gentralrevier geförderten Kohle anbelangt, so ist zunächst deren Reinheit zu erwähnen. Die Aschengehalte des Geförderten sind meist so niedrig, dafs nasse Aufbereitung fast ganz entbehrt werden kann. Der Schwefelgehalt beträgt meist weniger als 1 %. So günstig jedoch die Reinheit der Kohle und die Lagerung der Flötze, sowie die durch letztere bedingte niedrige Höhe der Förderkosten meistens hier sind, so wenig günstig steht es um die den Eisenhüttenmann interessirende Kokbarkeit. Der überwiegend gröfste Theil des Inhalts der in Oberschlesien zur Zeit gebauten Flötze besteht aus magerer, langflammig brennender Kohle, die zwar für die directe Verwendung als Heizmaterial sich ausgezeichnet eignet, aber zur Herstellung von Koks gänzlich unbrauchbar ist, und nur zum kleinen Theile aus Sinterkohle, die sich der eigentlichen Fett- oder Backkohle mehr oder weniger nähert. Im allgemeinen gilt im hiesigen Revier die Regel, dafs die Backfähigkeit der Kohlenflötze vom Liegenden zum Hangenden und von Westen nach Osten des Zabrze-Myslowitzer Flötzzuges abnimmt. Vornehmlich sind die im Felde der Königin Luisegrube im äufsersten Westen des Flötzzuges gebauten liegendsten Sattelflötze, welche hier die Namen Pochhammer und Reden führen, diejenigen, welche die beste Kokskohle des Landes liefern und deshalb für die Koksindustrie besonders von der gröfsten Wichtigkeit sind. Man hat zwar gefunden, dafs auch hängendere Flötze, besonders dort, wo dieselben an den Abhängen der Flötz-