Von der polnischen Musik der letzten 150 Jahre wissen wir leider sehr wenig, obgleich Polen eines der großen Länder in der Musik ist. Mit dem Namen Chopin war uns bisher die stark polnische Begabung für Musik verknüpft — und die Namen jener Kom ponisten, die heute zu Gehör kommen sollen, sind vielen von uns unbekannt. Es ist deshalb begrüßenswert, wenn un6 mit diesem Konzert ein Querschnitt durch die polnische Musik des verflossenen letzten Jahrhunderts gegeben wird. STANISLAW MONIUSZKO (1819 bis 1872) hat mit der Oper „Halka“ (1847) die bekannteste nationalpolnische Oper geschaffen. Er ist nicht der Schöpfer der polnischen Oper, als der Matthias Kaminsky (1734 bis 1821) gilt, aber Moniuszko schreibt eine Musik, die den klassisch - romantischen Stil seiner Zeit aufs glücklichste mit dem reichen Volksgut der Polen, das a sich im Volkslied und im Volkstanz aussingt, verknüpft. MIECZYSLAW KARLOWICZ (1876 bis 1900) schreibt, wiederum den musikalischen Strömungen seiner Zeit nachspürend, sinfonische Dichtungen, die polnische Sagen, Märchen und unvergessene Begebenheiten aus der vielgestaltigen Geschichte besingen. „Stanislaw und Anna von Oswieeim“ ist eine der be kanntesten sinfonischen Dichtungen von ihm, in der er mit Erfolg das von Liszt und Richard Strauß gepflegte Erbe verwaltet. Dem Werk liegt folgende Episode zugrunde: Stanislaw Oswieeim, fern vom Elternhaus aufgezogen, sieht seine erwachsene Schwester zum ersten Male. Vom ersten Augenblick an lieben sich die beiden Geschwister, ln Erkenntnis dieser Todsünde bekämpfen sie die blutschänderische Liebe. Aber alle Anstrengungen sind vergeblich. Darauf wirft sich Stanislaw zu Füßen des Heiligen