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Wtißkritz-Zeitung Anzeiger ftir Dippoldiswalde und Umgegend Dienstag, den 18. Juli 1911, 77. Jahrgang Nr. 83 Der Stadtrat. Kenntnis gebracht wird. Dippoldiswalde, am 16 Juli l9N. Ehrengäsie, Ehrenjungfrauen, Ausschüsse usw. abholte und sich durch die Herrengasse, Schuhgasse, Kirchplatz, Kirch gasse, Markt, Brauhosstraße, Obertorplatz, Altenberger- und Freibergerstratze nach der Gartenkrähe und dem Festplatz bewegte. Der Vorbeimarsch des Zuges währte 20 Min.; 106 Fahnen wurden mitgeführt. Sehr originell wirkten die Gesangvereine Lukas in ihren Malerkitteln und Heinrich Bierling mit ihren Lederschürzen. Das Leben und Treiben in der Halle und auf dem Platze war ein buntbewegtes und äußerst lebhaftes. Man darf annehmen, datz nach Eintreffen des Zuges über 12000 Personen die Eingänge zum Platze passiert hatten, eine Menschenmenge, die wohl noch niemals in so großer Zahl auf unsrer Aue vereinigt war. Um 4 Uhr begann dann das l. Festkonzert. Hierüber, wie über den weiteren Verlauf des Festes berichten wir in nächster Nummer. — Auf der Fahrt nach Rehefeld passierten die Kgl. Prinzen und Prinzessinnen am Sonnabend gegen Mittag in 2 Automobilen unsere Stadt, besichtigten unsere Stadtkirche und setzten nach kurzem Aufenthalte die Fahrt fort. — Herr Amtshauptmann vr. Sala ist vom Urlaube zurückgekehrt und hat die Leitung der Geschäfte der Königs. Amtshauplmannschaft Dippoldiswalde wieder übernommen. — Kaum war die Maul- und Klauenseuche in unserer Stadt in den Gehöften der Herren Flemming und Heeger, erloschen, so wird bereits wieder ein neuer Fall gemeldet. Im Gehöfte des Herrn Stenzel am Markt ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder I auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den uns benachbarten Flußgebieten, I. Dekade Juli 1911; Vereinigte Weißeritz: beob. 15, norm. 27, Abwchg. —12; wilde Weißeritz: beob. 10, norm. 31, Abwchg. —21; rote Weißeritz: beob. I I, norm. 31, Abwchg. —20; Müglitz: beob. 11, norm. 30, Abwchg. —19. — Keine Aehren in den Mund nehmen? Bei der Getreideernte, die nun ihren Anfang nimmt, kommt es häufig vor, daß Schnitter und Schnitterinnen und auch nicht selten Spaziergänger Aehren und Getreidekörner in den Mund nehmen und kauen. Den wenigsten ist es jedoch bekannt, wie gefährlich dieser Genuß werden kann. An dem trockenen Getreide haftet nämlich der Aktinomykes- pilz, der Erreger der gefürchteten Strahlenpilzkrankheit (Aktinomykose). Dieser gelangt in die Schleimhaut des Mundes oder durch hohle Zähne in den Körper und ruft eine Vergiftung hervor. Also Vorsicht! — Eine so reichliche Kirschenernte wie in diesem Jahre ist selten zu verzeichnen gewesen. Die umfang, reichen Kirschbaumpslanzungen in der Dresdner und Meißner Gegend haben Heuer Riesenmengen von Kirschen auf den Markt gebracht. — Die dem Arbeitgeberschutzvcrband deutscher Glas fabriken angehörenden Fabriken des sächsischen, schlesischen und Lausitzer Bezirkes drohen wegen andauernden Streiks in einem Verbandsbetriebe eine allgemeine Arbeiter aussperrung an. — Der Bund der evang.-luth. Männer- und Jüng- lingsvcreine im Königreich Sachsen zählt 13862 Mit glieder in 240 Vereinen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahre ein Mehr von neun Vereinen und 421 Mit gliedern. — Mit dem Schächten, das bekanntlich in Sachsen bis vor kurzem verboten, auf Grund eines Gutachtens der medizinischen Fakultät der Universität Leipzig aber von der Regierung freigegeben worden war, beschäftigte man sich in der letzten Sitzung des Dresdner Stadtoerordneten kollegiums. Von allen Seiten, selbst von der Sozial demokratie, wurde das Schächten als Tierquälerei be zeichnet und, da sofort ein Verbot des Schächtens nicht zu erreichen ist, die Einführung höherer Gebühren ge- ! auch froher Sang durch die Stadl. Die einzelnen Ver eine ziehen nach ihren Standquartieren. Das Sängersest Hai offiziell begonnen und jung und alt auf die Beine gebracht. Wem ginge nicht das Herz auf, wann und wo das deutsche Volkslied erklingt aus dem Munde begeisterter Verehrer desselben. Dem Zapfenstreich schließt sich nach 9 Uhr abends ein zwangloses Beisammensein in der Fest- Halle an, die auf dem früheren .Schinderteiche" errichtet ist. (Das haben sich die fetten Karpfen und — Frösche seinerzeit gewiß nicht träumen lassen) Allerdings ist Fest- Halle „ansgeschnitten", es handelt sich um ein Fest-Zelt, allerdings von Dimensionen, wie sie Dippoldiswalde noch nicht sah, und wie sich gezeigt hat, mit sehr guter Akustik. Der Vorsitzende d?s Hauptausschusses für das Sängersest, Herr Goldarbeiter Mieth, begrüßt die recht zahlreich Er schienenen, und seinen herzlichen Worten schließt sich wie ein Gelöbnis der allgemeine Gesang „Brüder, reicht die Hand zum Bunde' an. Die Grüße des Elbgausänger- bundes bringt dessen zweiter Vorsitzender, Herr Langer, znm Ausdruck, worauf die hiesige Sängerschaft unter Leitung des Herrn Oberpostassistent Lehmann und mit Begleitung der Stadtkapelle das weihevolle „An die Kunst" recht wirkungsvoll zum Vortrag bringt. Vielen Beifall erntete der M-G-V. „Geselligkeit" (Dresden- Löbtau) für seine von reichem Stimmaterial mit großer Delikatesse vorgetragenen humoristischen Kompositionen: „In den Alpen" von Hegar, „Marsch der alten Bürger- garde" von Brückner, „Jäger aus Kurpfalz" und „Ein Schiosker hat einen Gesellen gehabt" stürmischen Beifall. Herr Sroka von vorgenanntem Verein spricht aus Ver fasser und Komponisten des Sängersvruchs, die Herren Langer und Schmidt. Ihnen zum Danke durchbrausen seine Klänge den Festraum. Herr Kantor Schmidt aber legt in seinen anschließenden Worten die Pointe auf die letzte Zeile des Sängerspruchs: „Und Treue soll Losung sein." Damit sei gemeint die „Treue dem deutschen Volks lieds" nicht allein bei froher Tafelrunde, sondern auch bei ernster Arbeit: Singstunde, Probe und Ausführung. Diese Treue erwarte er vom Sänger. Allgemeine Gesänge und Darbietungen der Stadtkapelle umrahmen das Ganze. Ueberall Feststimmung, die sich bald sortpslanzt nach den anderen Schankstätten des Festplatzes und nach denen der Stadt selbst, und die eine Ausdauer entwickelt, daß für gar manchen Sänger die Arbeit des Wohnungsausschusses vergebens gewesen ist. Tat auch der Himmel wiederholt so, als ob er das Singen „in die sonnige Welt" un möglich machen wolle, so drohte er doch eben erfreulicher weise nur und hielt den an und für sich so notwendigen Regen zurück bis, so hoffen wir, „nach die Feiertage". Freilich, das Wasser ist knapp und muß da gespart werden. Deshalb, Ihr Sänger, trinkt wenigstens keins — oder ist diese Mahnung nicht notwendig? So war der 1. Festtag herangckommen. Wenn auch heute nicht die Sonne vom Himmel lachte, so hielt doch das Wetter aus und machte durch die eingetrelene Ab- kühlung den Aufenthalt im Freien angenehmer. Mit Reoeille der Stadtkapelle wurde der Tag eingeleitet, und bald brachten die Züge, die von Hainsberg her sich in ganz geringen Abständen folgten immer neue Sänger- scharen und Festbesucker. Allerorten erscholl in den Straßen Gesang. Auch zu Wagen, mit Auto und zu Fuß kamen die Sänger herbei, sodag man wohl mit ca. 4000 Sängern rechnen darf. Um i/2l l Uhr fand in der Festhalle die Hauptprobe statt, worauf um 12 Uhr von der Kapelle des Grenadier Reg. 101 auf dem Marktplatze und von der Stadtkapelle vor der Festhalle Festmusik gespielt wurde. Beide Kapellen hatten ein vorzügliches Programm zu sammengestellt und boten alles auf, dieses in schönster Weise vorzutragen. Nach kurzer Mittagspause wurde zum Festzuge gestellt, der auf dem Marktplatze die Bundesleitung, In der Bekanntmachung des König!. Amtsgerichts Dippoldiswalde vom 12. Juli 1911 in Nr. 82 der Weißeritz-Zeitung vom 15. Juli 1911 sind insofern Druckfehler unterlaufen, als die Vornamen des Vorstandsmitgliedes Koritzki nicht „Gottlob Ottomar ', sondern „Gottlieb Ottomar" zu lauten haben und als der angegebene Stand der Prokuristen anstatt „Geschäftsbeamten" „Gesellschaftsbeamten" heißen muß. Lokales und Sächsisches. — Sängersest. Viele Wochen, ja Monate sind ver gangen, seitdem die ersten Vorbereitungen für das 15. Elb- gaubundes-Sängerfest in unserer Stadt getroffen wurden. Fleißig ist seitdem von den zahlreichen Ausschüssen ge- arbeitet worden, wie fleißig, wissen nur Eingeweihte. Manche Klippe galt es zu umschiffen, manches Hindernis zu überwinden. Welche Schwierigkeiten machte allein die Finanzfrage; sie wurde schließlich erledigt durch den „Garantiefonds", den unseres Wissens kein früheres Elb- gausängerfest benötigte. Dippoldas Kinder kamen folgsam auch dahingehenden Wünschen entgegen. Aber auch andere Aufgaben waren nicht so leicht gelöst, z. B. die Verquartierung. Der betreffende Ausschuß kann „ein Lied davon singen". Doch schließlich ist jetzt alles er ledigt. Der Sonnabend ist da, der erste Festtag. Wer es nicht weiß, den überzeugt ein Blick aus dem Fenster, ein Gang durch die Stadt. Dippolda hat sich wieder fein herausgeputzt. Als echtes Naturkind liebt sie das Einfache, liebt sie das „Grün". Das steht ihr aber auch herrlich. Birken, Fichten, Ranken und Kränze allüberall, besetzt mit Bändern und Blumen, unterbrochen durch Sängerembleme. Setzt Euch hin, Ihr lieben Kinder, und schreibt eine deutsche Arbeit: „Wie der Wald in die Stadt kam." Heimatstil! Auch hübsch geschmückte Schaufenster sind zu erwähnen. Einfache, aber schöne Ehrenpforten und andere Dekorationen bewillkommnen unsere Gäste auf Straßen und Plätzen. Und bald kommen die ersten auf dem Bahnhof« an, begrüßt mit Musik und Wort und Hand schlag; jeder Zug bringt deren mehr. Und bald ertönt Die Pserdevormusterung in dem laufenden Musterungszeitabschnit« beginnt am . August ds. Js. im südlichen Teile des hiesigen Bezirks, und zwar zunächst im Amts- erichtsbezirke Lauenstein. Die Ortsbehörden werden wegen ihrer Obliegenheiten auf »le ihnen noch zugehende Verfügung verwiesen. r. 30 tAob. Königliche Amtshauplmannschaft Dippoldiswalde, am 13. Jul, 1911. Inserate werden mkt 1k Psg., solche aus unser«! Amtshauptmwmfchoft - mit 12 Pfg. die Spaltzette oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nm von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez 30 Pfg. - Tabellarische und kompIizierteJnserati mit entsprechendem Au) schlag. - Eingesandt, in redaktionellen Teile, di Spaltenzeile 30 Pfg Deutschland an der Spitze der Arbeiterschntzgesetzgednttsi. Das Internationale Arbeitsamt zu Basel hat einen vergleichenden Bericht über die zur Durchführung der Arbeiterschutzgcsetze in den verschiedenen Staaten getroffenen Maßnahmen zufammengestelit, aus dem hervorgcht, welche hervorragende Stelle Deutschland in bezug auf die Arbeiterschutzgesetzgcbung und die Gewcrbeaussicht ein nimmt. So zeigt der Bericht, daß in Deutschland die Zahl der Eewerbeaufsichtsbeamten sowohl an sich wie im Verhältnis zu der Zahl der revisionspflichtigen Betriebe und der darin beschäftigten Personen am größten ist. Im letzten Berichtsjahr waren in den deutschen Bundesstaaten im ganzen 543 Beamte im Gewerbeaufsichtsdienst tätig gegenüber 200 in England, 139 in Frankreich, 107 in Oesterreich und 42 in Ungarn. Deutschland hat also mehr Gewerbeaufslchtsbeamte, wie diese vier Industrie staaten zusammen, obwohl die Zahl der revisionspflichtigen Betriebe keineswegs viel größer ist. Aus dem Bericht geht auch hervor, daß die Behauptung, Deutschland iei in Bezug auf die Heranziehung von Frauen zur Gc- werbeaussicht anderen Ländern gegenüber in Rückstand, unzutreffend ist. Vielmehr steht Deutschland auch in dieser Beziehung an erster Stelle. Denn die Zahl der im Ee> werbeaussichtsdienst tätigen Frauen belief sich bei uns auf (29 gegenüber je 18 in England und Frankreich und 5 in Oesterreich. Auch in Bezug auf die Vorbildung der Eewerbeaufsichtsbeamten ist Deutschland den anderen Staaten überlegen. Denn den Beamten ist bei uns in viel größerem Umfang als in den anderen Ländern auch die Durchführung des Schutzes der Arbeiter g<.gen Unfall und gewerbliche Krankheit übertragen, eine Aufgabe, die nur auf Grund technischer Vorbildung zu lösen ist. Schließlich sind auch die Befugnisse der Aufsichtsbeamten bei uns weitergehend als in anderen Ländern, weil die Durchführung aller Bestimmungen zum Schutze der Ar beiter nahezu ausschließlich dem eigenen Ermessen des Ge werbeaussichtsbeamten überlassen ist. .«elhrriG-ZelkuNt Schelm wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners zag und Sonnabend und Mkd an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis viert clsührlich 1M. zö Pfg., zweimonatlich 34 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern i0 Pfg. — Alle Postan- Halten, Postboten, sowie -msereAusträgernehmen Bestellungen an. 8>8 741 023 739 174 892 152 123 1912 543 720 437 663 694 850 544 96ö 477 87/ 822 ! 147 50 ) 16 563 941 732 > 145 18 81 (500) 288 393 489 873 527 931 869 532 102 308 MO) 409 519 286 305 390 50) 657 67 (500) 7-757 >69 694 157 34 )38 295 7-1024 >56 401 591 59 )58 523 50) 693 156 432 »26 867 !4 (250) )35 634 84 626 !48 672 >24 373 >89 657 !90 624 >7 (250) !91 247 10 998 >49 874 72 650 !62 289 02 949 20 113 »K952 962 66 50) 34 86 476 18 200 )5 957 85 350 6 (250) 10 227 05 751 01 820 2(250) 14 816 9Ä000 33 730 256 67 0-L682 488 3 I4 734 149 81 '-) 536 98 925 - (250) >64 16 0 926 Auf Blatt l des Reichsgenossenschastsregislers, die Vcreinsbank, eingetragene Ge- ossenschast mit beschränkter Haftpslicht, in Dippoldiswalde betreffend, ist heute eingetragen orden, daß der Stadtgutsbesitzer Ernst Otto Müller durch den Tod aus dem Vorstande ausgeschieden und daß der Fabrikbesitzer Rudolf Reichel in Dippoldiswalde stellvertretendes Mitglied des Vorstandes ist. Königliches Amtsgericht Dippoldiswalde, den 17. Juli 1011. Gehirnrnckenmarlsentzündung. An einem Pferde des Gutsbesitzers Piuder, hier, ist am 15. ds. Mts. der Ausbruch der Gchirnrücknmarksentzündung festgestellt worden, was hierdurch zur öffentlichen Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an beftiunnten Tageri wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Irhnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde.