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77. Jahrgang. Donnerstag, den 27° April 1911. Nr. 49. AmlsötaLL für die Königliche Unüshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtsettigem „Illustrierten Anlerhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Für di- Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und au bestimmten Tag«» wird keine Garantie übernommen. Versntmorklicher Redakteur: Paul Jehns. - Druck und Verlag von Carl Irhne in Dippoldiswalde. Inserate werden mit 1t Pfg., solche aus unsere! Amtshauptmanuschaft mit 12 Pfg. die Spaltzeil« oder deren Raum berech. net. Bekanntmachungen aus der ersten Seite (nm von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. ZO Pfg. - Tabellarisch« und komplizierteJnserat« mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, in redaktionellen Teile, di Spaltenzeile 30 Pfg ,w«Ibtritz-Zeitun^ »scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denMendenausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 26 Pfg., zweimonatlich 24 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern L0 Pfg. — Alle Postan- talten, Postboten, sowie «nsereAusträger nehmen Bestellungen an. Wchmli-Dtmiy Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Leffentliche Will kr WtvemkM zu HMWOt rnvttsg, ävn 28. LprU 1SU, abends 8 Uhr, im Atniilgiulmmar Ü08 Ua1dLU8l>8. Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. In dem Konkursverfahren über den Nachlaß des am l 9. Juli 1910 in Ober- cunnersdorf verstorbenen und daselbst wohnhaft gewesenen Schuhmachers Ernst Otto Franke haben dessen Erben die Einstellung des Verfahrens nach 8 202 der Konkurs ordnung beantragt und hierzu die Zustimmung aller Konkursgläubiger, welche Forderungen angemeldet haben, beigebracht. Die Einstellungsanträge und die zustimmenden Erklärungen liegen auf der Gerichts schreiberei des unterzeichneten Gerichts zur Einsicht der Konkursgläubiger aus. Wider spruch gegen den Antrag ist binnen einer Woche zulässig. Dippoldiswalde, den 25. April 1911. Das Königliche Amtsgericht. Dreißig Jahre deutscher Sozialpolitik. Ein großes Werk deutscher Politik will die Reichstags mehrheit nach den Osterferien unter Dach und Fach bringen: Die Reichsversicherungsordnung. Das Schicksal dieses sozialen Riesengesetzes, das nach jahrelangen Vor bereitungen und Vorberatungen, nach einem gewaltigen Aufwand von Arbeit und Kampf jetzt endlich spruchreif geworden ist, soll in den nächsten Wochen, zwischen Ostern und Pfingsten, entschieden werden. Es handelt sich dabei um den Auebau der Gesetzgebung, zu der vor nunmehr 30 Jahren, am 17. November 1881, in der denkwürdigen Botschaft des damals 84jährigen ersten Deutschen Kaisers der Grundstein gelegt worden ist. Die Vollendung der staatlichen Arbeiterversicherung steht bevor. Der große Bau der deutschen Sozialreform soll gekrönt werden, der schon heute ohne gleichen dasteht, vorbildlich, bahn brechend, mit dem nichts verglichen werden kann, weil es seither nicht ein einziger anderer Kulturstaat auch nur an nähernd zu einer gleich großartigen Leistung in der Sorge für die breiten Volksschichten gebracht hat. In jener kaiserlichen Botschaft vor 30 Jahren, die in der Geschichte des deutschen Geistes und der deutschen Arbeit einen Markstein darstellt, ist die Aufgabe der „positiven Förderung des Wohls der Arbeiter" gekenn zeichnet als „eine der höchsten Aufgaben jedes Gemein wesens, das auf den sittlichen Fundamenten des christ lichen Volkslebens steht". Wenn es dem gegenwärtigen Reichstage noch gelingt, diese Aufgabe in den nächsten Wochen abzuschließen, so darf er sich das Zeugnis aus- steilen, zwei Großtaten von sozialpolitischer Tragweite vollbracht zu haben: Die Reform der Reichsfinanzen und der Reichs-Arbeiterversicherung. Der Segen der Arbeiterversicherung erhellt genugsam aus der Tatsache, daß nach Einführung der Ruchs- versicherungsordnung die Versicherungsbeiträge der Unter nehmer, der Arbeiter und des Reiches sich zusammen jähr lich auf nicht weniger als eine Milliarde Mark belaufen werden. Die Zahl der Versicherten wird dann, da das neue Gesetz die Versicherung auch auf die Landarbeiter, Hausindustriellen und Dienstboten ausdehnt, etwa 20 Millionen betragen. Anderwärts, z. V. in England, be ginnt man erst jetzt, Anstalten zu treffen, um zu Ein- richlungen zu gelangen, die sich aus unserem wirtschaft lichen und sozialen Leben gar nicht mehr wegdenken lassen, die gleichsam Gemeingut deutschen Volkstums ge worden sind. Die letzte der Errungenschaften auf dem Wege, den vor drei Jahrzehnten die weitschaucnde christ liche Weisheit und Fürsorge von Kaiser und Kanzler an gebahnt haben, bildet die Witwen- und Waisenversicherung, die schon der Zolltarif von 1902 versprochen hat Nach einem weiteren Jahrzehnt wird diese bei uns so Fleisch und Blut geworden sein, daß dann die staatlich geregelte Versorgung der Hinterbliebenen der Arbeiter für so selbst verständlich gilt, wie heute der gesetzlich festgelegte An spruch auf Unterstützung im Falle der Erwerbsunfähigkeit, die durch Krankheit, Alter oder Invalidität eintritt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei der Neuaufnahme in hiesiger Bürgerschule am vergangenen Montag wurden 36 Knaben und 49 Mädchen derselben zugeführt. — Unser Bericht über die diesjährige Ausstellung der Gewerblichen Sonntagsschule schloß mit dem Wunsche, daß das vor 5 Jahren gegründete Institut, das bereits vorher unter Leitung des Herrn Schmiedemeister Mende als Schule nur für Schmiedelehrlinge bestanden hatte, sich auswachsen möge zu einem kräftigen Baume, zu einer kräftigen Stütze für die beteiligten Kreise. Schneller als wir damals gedacht, sind Schritte getan zur Erreichung dieses Zieles. So große Vorteile auf der einen Seite der derzeitige Unterricht für die Schüler hatte, wenn diese Lust und Liebe zur Sache hatten, so konnte man sich doch auf der andern Seile auch der Erkenntnis der Nachteile für Lehrende und Lernende nicht verschließen, die es mit sich brachte, daß der Unterricht Sonntags und mit 14- tägigen Pausen erteilt werden mußte,- daß die Besucher die obligatorische Fortbildungsschule ertra zu besuchen und dort ebenfalls zu zeichnen hatten (und das natürlicherweise unter Anleitung anderer Lehrer),- daß ein Zwang zum regelmäßigen Besuch nicht ausgeübt werden konnte usw. Aus all diesen Gründen und auch wiederholten An- regungen des Ministeriums des Innern nachgehend hat das Konsortium der Schule nunmehr beschlossen, diese Schule zu einer gewerblich gegliederten Fort bildungsschule auszubauen, deren Besuch von dem der obligatorischen Fortbildungsschule befreit. Das neue Unter- nehmen würde als Abteilung S der Handelsschule an geschlossen werden, mit deren Konsortium bereits Verhand lungen deshalb gepflogen wurden. Die städtischen Kolle gien stehen der Angelegenheit ebenfalls sympathisch gegen über, sodaß außer freien Unterrichtsräumen in der Bürger schule von dieser Seite auch eine Barunterstützung zu er warten sieht, wie solche auch gesichert sind von der Bau handwerkerinnung und von der Schmiedeinnung und er wartet wird von der Bürgermeister Noigt-Stistung und vom Gewerbeverein und nicht zuletzt vom Staate. Mit Genugtuung und in der Hoffnung, daß nicht noch im letzten Augenblick unüberwindliche Hindernisse sich ein stellen, wird das Vorhaben in weiten Kreisen begrüßt werden. Sichert cs doch unserem gewerblichen Nachwuchs« diejenige theoretische Ausbildung, wie sie größere Orte längst bieten konnten nnd die heute die Gehilfen- und Meisterprüfung vorausfetzt und die geschäftliche Tätigkeit auch wirklich verlangt, soll sie Erfolg haben. s - Dippoldiswalde. Schont die Frühlingsblumen! Zur Aufgabe der staatlichen Naturdenkmalpslege gehört nicht nur die Erhaltung der dem Untergange geweihter Nalmmerkwürdigkeiten, sondern auch die liebevolle Pslege der alltäglichen Natur. Ein Aufruf zur Schonung der Pflanzenwelt, den das Westpreußischs Provinzialkomitee für Naturdenkmalpflege erlassen hat, verdient in diesen holden Frühlingstagen der Oeffentlichkeit näher gebracht zu werden. Verödet doch in der Umgebung der Städte die Pflanzenwelt immer mehr, verschwinden doch seltene, durch gtoße Blüten ausgezeichnete Pflanzen allmählich ganz durch den Zerstörungstrieb der Großstädte! Ernst und eindringlich mahnt der Aufruf: „Schone die Pflanzen, schone vor allen« die Frühlingsblumen. Brichst du Blumen, sei bescheiden, nimm nicht gar so viele fort! ... Ein Stränß ein am Hut ziert den Wanderer, ein Riesen busch kennzeichnet den rücksichtslosen Plünderer. Schneide Blumen und Zweige stets vorsichtig mit einem scharfe«« Messer ab; die übriggebliebenen Teile entwickeln sich dann weiter! Niemals Pflanzen mit den Wurzeln ansgraben, keine Zweige von den Bäumen abreißen, sondern behut sam abschneiden, nicht die Rinden der Bäume als Stamm buch benützen! — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder l auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den «ns benachbarten Flußgebieten, 2. Dekade April 1911; Bereinigte Weißeritz: beob. 14, norm. 14, Abwchg. ^0; wilde Weißeritz: beob. 19, norm. 18, Abwchg. -s-1; rote Weißeritz: beob. 20, norm. 17, Abwchg. -s-3; Müglitz: beob. 19, norm. 17, Abwchg. -j-2. — Säet Sonnenblumen-Samen. Ein Freund des Tierschutzes schreibt: Sonnenblumen gedeihen auch an solchen Stellen, die man oft unbenutzt dalirgen sieht. Sobald die Sonnenrosen verblüht sind, nnd ihre Stengel zu vertrocknen beginnen, werden sie von Vielen abgehackt und auf den Komposthaufen geworfen. Wer aber ein Herz hat für die gefiederten Sänger von Wald und Flur und Freude am Wohltun hat, der hebe die mit dem Stiele abgeschnittenen Sonnenrosen in irgend eincin trockenen Raume bis zur Winterzeit auf. Wenn später dichter Schnee die Felder deckt und die Vögel, die bei uns ausharren, bittere Not leiden, dann hole man die Sonnenrosen hervor und hänge sie an den Besten der Bäume auf. Noch mehr zu empfehlen ist es, die Sonnen blumen mit den Stielen, die dann aber ziemlich lang sein müssen, in eigens eingerichtete Schneehäufchen zu stecken. Man kann vom Fenster aus das liebenswürdige Gebühren der Vögel beobachten, die unter Anwendung aller turneri schen Künste und allerlei Kapriolen sich den Samen aus der Scheibe der Sonnenrose herausholen. Insbesondere Kindern gewährt der Anblick Vergnügen. — Der Aviatiker Kahnt ist Montag abend V27 Uhr mit seiner Flugmaschine in Pirna abgeslürzt. Nachdem er beim Start einen Anlauf genommen, um in die Höhe zu kommen, wurde der Apparat durch einen plötzlich eln- setzenden Wirbelwind zur Seite gedrückt und mit seinem rechten Flügel an den sogenannten Schützentanzsalon ge- schleudert. Dabei brachen der rechte Flügel, die Steuerung und die Propeller entzwei, und Kahnt stürzte aus sechs Meter Höhe herab, blieb aber unverletzt. — Die Beendigung der Meiallarbeiterbewegung in Chemnitz steht bevor. In den Montag abend 9 Uhr zu Ende gegangenen Verhandlungen der Kommission wurde vorbehältlich der Zustimmung der Arbeiter eine absolute Einigung erzielt. Am Donnerstag früh be ginnend, soll in allen Fabriken den Betriebsverhältnissen entsprechend nach Bedarf die Arbeit wieder ausgenommen werden. Der endgültige Friedensschluß hängt nun noch davo«« ab, ob die Arbeiter die von der Kommission ge faßten Beschlüsse gutheißen, was aber wohl zu er warten ist. Oberfrauendorf. Mit Ablauf dieses Monats tritt nach mehr als 30jährigem, allzeit pflichtgetreuem Wirken auf dein benachbarten fiskalischen Schmiedeberger Forst revier der Hiesigenorts stationierte königliche Förster, Herr Thomschke, in den wohlverdienten Ruhestand. Nach folger wird Herr Förster Büschel, bisher in Stollberg, früher in Bärenstein bei Lauenstein. Radeberg. Nach monatelangem Hin und Her haben die Stadtverordneten dem Ratsbeschlusse zngestimmt, für 330000 Mark das Realschulgebäude auf dem Freuden berge nach dem preisgekrönten Entwürfe der Dresdener Architektenfirma Beck, Hornberger L Mößner zu erbauen. Die Silhouette des Stadtbildes wird durch das hoch über die Umgebung emporragende monumentale Gebäude eine reizvolle Gestaltung erfahren. Radeberg. Der „Radeberger Zeitung" zufolge hat der Wirk! Geheimrat Vr. Mehnert vom 15. Mai ab das ihm gehörige Rittergut Medingen an die Dresdener Dünger-Erport-Gesellschaft verpachtet. Damit steigt die Zahl der von dieser Gesellschast gepachteten Rittergüter in hiesiger Gegend auf sieben. Nossen. Nachdem bereits drei Personen vom Ritter gut Neukirchen bei Wilsdruff wegen Pockenerkrankung in das Nossener Krankenhaus überführt worden sind, ist am Sonnabend wiederum eine polnische Arbeiterin, die an der gleichen Seuche erkrankt war, eingeliefert worden. Pausa, 25. April. Unter Vergiftungserscheinungen sind hier und in dem benachbarten Ebersgrün zahlreiche Personen zum Teil schwer elkrankl. Die Erkrankungen sollen durch den Genuß von gewiegten« Fleisch verursacht worden sein. Eine Untersuchung ist eingeleitet. Falkenstein, 25. April. Gestern nachmittag geriet die in Aufwartedienßen beschäftigte 13jährige Tochter des Tischlers Schneider in die elektrische Wäschemangel. Das Kind, das allein in dem Raume war, wurde mit dem Kopfe derart in die Mangel gezogen, daß dieser zu einer un förmigen Masse zerquetscht wurde. Werdau. Die städtischen Kollegien haben beschlossen, allen städtischen Arbeitern, die mindestens 15 Jahre in städtischen Diensten stehen und das Alter von 50 Jahren erreicht haben, Pensionsberechtigung mit 50 Prozent des letzter« Jahresverdienstes zu gewähren. Plauen i. V , 25. April. Eine heftige Erplosion er eignete sich gestern abend in der Seumestraße. Dort waren aus einer Wohnung Mieter ausgezogen und hatten die Gaseinrichtung mitgenommen, ohne die Leitung ord nungsmäßig zu verschließen. Als nun gestern der Zeichner