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Lhenmitz, 28. Oktober. Lin schweres Fahrstuhl- Unglück ereignete sich heute in der Weberei von Stärker, hier. Zwei Arbeiter nahmen Reparaturen am Fahrstuhl vor. Hierbei ritz plötzlich das Seil und der Fahrstuhl sauste mit den beiden auf ihm befindlichen Arbeitern in die Tiefe. Der eine, 60 Jahre alte Arbeiter Robert Clautz, erlitt einen Schädelbruch sowie eine Verletzung des Rück, grats und starb alsbald. Auch der andere, gleichfalls ver heiratete Arbeiter namens Wieland wurde schwer am Kopfe verletzt. Grüna bei Chemnitz, 29. Oktober. In der hiesigen Ortskrankenkasse wurden umfangreiche Unterschlagungen, begangen von dem Kassierer Bernhardt Grünzig, festge- strllt. Der erste Vorsitzende der Kasse, Rudolf, der sich eines Leidens wegen in ein auswärtiges Sanatorium zur Kur begeben mutzte, übergab dem zweiten Vorsitzenden, Buchdruckereibesitzer Clauder, die Führung und Kontrolle der Geschäfte der Ortskrankenkasse. Schon nach drei Tagen wurden von Clauder mehrere Fälschungen festgestellt. Clauder nahm sodann mit dem Prüsungsausschutz eine unvermutete Prüfung der Kasse vor und sagte dem Kassierer die Unterschlagungen auf den Kopf zu. Grünzig war hierauf geständig. Die Unterschlagungen dürsten eine ziemliche Höhe erreichen, da für die Zeit innerhalb der letzten neun Monate bereits über 800 Mark festgestellt wurden. Wie Grünzig selbst zugibt, liegen die Unter schlagungen mehrere Jahre zurück. Der Kassierer ver- sprach, sich selbst der Behörde zu stellen. Er fuhr mit einem Vorstandsmitglied nach Chemnitz; hier waren aber die Kanzleien des Gerichts bereits geschlossen. Hierauf versprach Grünzig, bei seiner in Chemnitz wohnenden Tochter zu übernachten und sich am anderen Morgen der Behörde zu stellen. Wie festgestellt. wurde, ist er aber nicht bei seiner Tochter über Nacht geblieben, und seit dieser Zeit ist Grünzig verschwunden. Tagesgeschichte. Berlin. Durch Abstreichungen bei den einzelnen Etats ist es gelungen, den Betrag der Anleihe, die im neuen Reichshaushaltsetat den Ausgleich zwischen Ein nahmen und Ausgaben herbeiführen soll, bedeutend herab- zudrücken. Er beläuft sich dem Vernehmen nach bei dem neuen Etat nur auf 100 Millionen Mark, während man ihn auf ISO Millionen Mark geschätzt hat. — Die Ankunft des Kaisers von Rußland erfolgt, wie schon bekannt, am Freitag, den 4. November, vor mittags. Nach dem feierlichen Empfang findet ein Früh stück im engsten Familienkreise statt. Abends ist Festmahl, zu dem eine grotze Anzahl Einladungen ergeht. Am Sonnabend stütz fahren die beiden Kaiser zur Jagd, daran schließt sich ein Diner, und abends erfolgt die Rück reise nach Schloß Wolfrgarten. Der neue Minister des Auswärtigen. Herr Sasonow, reist unmittelbar vor dem Zarenbesuch von Petersburg nach Darmstadt, um dann mit dem Zaren nach Berlin zu kommen, wo er sich mit dem Reichskanzler und dem Staatssekretär v. Kiderlen- Waechler bekanntmachen wird. Beide Minister werden «ine Besprechung über die politische Lage haben, von der man erwartet, daß sie zu einer Klärung der schwebenden Fragen führen wird. — Die Summe von 18 Millionen als Kaufgeld für die beiden von der Türkei erworbenen Panzer der Brandenburgklasse ist bereits bei der Reichshauptkasse ab geliefert und vom Reichsschatzamt als vereinnahmt ver rechnet worden. — Der Vizepräsident des Reichstages und Zentrums führer vr. Spahn, bisher Oberlandesgerichtspräsident in Kiel, ist nach Frankfurt a. M. versetzt worden. — Aus Anlaß des Ausstandes der Schlächergesellen, der durch die völlig gerechtfertigte Entlassung eines der selben ausgebrochen war, haben in Berlin an den letzten Abenden Menschenansammlungen stattgefunden, die schließ lich in Landsriedensbruch und Aufruhr ausgeartet sind. — In Spandau ist eine der Glocken der neuen katholischen Kirche zu Ehren des heiligen Karl Borromäus gestiftet worden. Diese Borromäus Glocke in der alten Stadt Spandau, wo einst Kurfürst Joachim ll. seinen Uebertritt zum Protestantismus vollzog, soll, wie die „T. R." hierzu bemerkt, offenbar dauernd an den Sommer 1910 erinnern und das päpstliche Urteil über die ver derbten Fürsten und Völker der Reformationszeit im Ge dächtnis der Nachwelt lebendig erhalten. — Eine Reutergedenkschrift bereitet, wie dem „Vorwärts" mitgeteilt wird, der sozialdemokratische Partei verlag zur hundertsten Wiederkehr von Reuters Geburts tag (7. November) vor. Man sieht, der Sozialdemokratie ist alles recht. Sie hat voriges Jahr Schiller zum Sozial demokraten gestempelt und wird jetzt Fritz Reuter als solchen hinstellen. Er ist allerdings als ein unschuldiges Opfer brutaler Reaktion fast ein Jahrzehnt von Festung zu Festung geschleift worden. Aber die Freiheit, für die er litt, war eine ganz andere als die, welche die Sozial demokratie meint. Seine Farbe war nicht rot, sondern schwarzrotgold; sein Wahlspruch nicht Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, sondern der Wahrspruch der deutschen Burschenschaft: Freiheit, Ehre, Vaterland. Er hat also mit der Sozialdemokratie nichts zu tun. — Das Mannheimer Sozialistenblatt verlangt in höhnischer Form von der „Leipziger Volkszeitung" eine Erklärung dafür, weshalb 1700 proletarische Wahlberech tigte Leipzigs ihre Abstimmungspflicht versäumten, und reicht schließlich dem Leipziger „Bruderorgan" folgende bittere Pille: „Wir geben ... der Hoffnung Ausdruck, datz die . . . Enttäuschung die unsere Parteigenossen in Leipzig erlebten, deren Parteiorgan bestimmen möge, in Zukunft mehr als bisher die Dinge in seiner allernächsten Nähe schärfer in, Auge zu fassen, statt sich uns Süd- deutschen gegenüber fortwährend al» das Parteigrwissen und die Wächterin des Prinzipienkapitok aufzuspielen." Breslau, 29. Oktober. Der Sanitätsrat vr. Melchior Willim, der sich am 1. Mai 1880 mit der Prinzessin Pauline zu Württemberg vermählte, ist im Alter von 57 Jahren infolge eines Schlaganfalls gestorben. Zürich. Der Gesamtschaden der Wasserverheerungen dieses Jahres beträgt nach den Feststellungen der eidge nössischen Schützungskommission 5200 000 Franken. Heiden (Kanton Appenzell). Der Begründer des Roten Kreuzes/ Henry Dunant, ist Sonntag abend 10 Uhr im Alter von 82 Jahren gestorben. Oesterreich. Durch «ine Interpellation der bäuer lichen Abgeordneten im niederösterreichischen Landtage wird bekannt, daß vermutlich galizisches Schlachtvieh, das aus dem Wiener Zentralviehmarkte aufgetrieben wurde, die Maul- und Klauenseuche nunmehr auch nach Nieder- österreich eingeschleppt worden ist. In zahlreichen Ort schaften Niederösterreichs im Norden und Süden Wiens ist die Klauenseuche ausyebrochen. Welchen riesigen Umfang die Seuche in Oesterreich angenommen hat, geht aus einer amtlichen Statistik hervor, nach welcher am 12. Oktober in 135 Bezirken, die sich auf sechs Kron länder verteilen, die Maul- und Klauenseuche festgestellt wurde. 851 Ortschaften mit 11849 Gehöften mutzten als verseucht erklärt werden. Der Schaden, den die öster reichische Landwirtschaft dadurch erleidet, ist ein ungeheurer. Oesterreich. Die schroffe Haltung der Tschechisch- Radikalen bei den Ausgleichsverhandlungen in Prag droht deren Fortgang zu gefährden. Ungarn. Zum Bau einer deutschen Volksschule in Budapest hat die ungarische Regierung endlich ihr« Genehmigung gegeben, wenn auch unter mehreren er schwerenden Bedingungen. So muß an der Schule Ge legenheit geboten sein, magyarisch zu lernen. Italien. Der amtliche Bericht über die letzte Wetter katastrophe in Süditalien stellt fest, daß das Unwetter zwei Städte und sieben Ortschaften teilweise zerstört hat. Die Zahl der Toten beträgt 32. Der Schaden wird schätzungsweise auf 15 Millionen Lire beziffert. In Frankreich hat die Erfolglosigkeit des Ausstandes viele Eisenbahner gegen die Gewerkschaft erbittert, die diese Bewegung aus dem Stegreife anordnete. In den letzten drei Tagen erfolgten massenhafte Austritte aus der Gewerkschaft, die bereits jetzt die Hälfte ihrer Mitglieder verloren haben soll. — Zwei ausrangierte französische Kreuzer sind bei der Versteigerung in den Besitz einer Stettiner Firma über gegangen. London. Nach hier eingetroffenen Meldungen aus Belgrad soll der Zustand des Kronprinzen von Serbien hoffnungslos sein, da der Patient einen schweren Rückfall erlitten hat. Lauten die offiziellen Bulletins schon ernst genug, so sei das Befinden des Kronprinzen in Wirklich keit noch weit schlimmer. Griechenland. Die ganze Partei Theotokis beschloß einstimmig, an den Wahlen, die am 28. November a. St. stattfinden sollen, nicht teilzunehmen. Auch Rhallis und Mavromichalis hielten Versammlungen ab, die ebenfalls mit dem Beschluß des Boykotts des Wahlkampfes endeten — Diese Beschlüsse dürften von den Anhängern Venizelos' als Eingeständnis der Schwäche gedeutet werden. Vathy (Samos). Der deutsche Klub von Samos hat von der deutschen Regierung die Abberufung des Konsuls verlangt, da dieser die deutschen Interessen auf der Insel nicht in genügender Weise wahrnehme. Portugal. Die provisorische Regierung in Lissabon hat erklärt, daß die Kämpfe an den Tagen vom 3. bis 5 Oktober als Heldentaten betrachtet werden sollen. Die Soldaten, die an der Revolution teilgenommen haben und sich Fälle von Disziplinlosigkeit zuschulden kommen ließen, sind begnadigt worden. — Bezeichnend genug! Amerika. Der republikanische Delegierten-Kongreß zur Nominierung des nächsten Präsidentschafts-Kandidaten tritt am 14 November in Neuyork zusammen. Die Ent scheidung, ob Taft oder Roosevelt aufgestellt werden wird, soll bereits am ersten Tage des Kongresses fallen. Tagesordnung zur 10. Sitzung des Bezirksausschusses der Kgl. Amts- Hauptmannschaft Dippoldiswalde am 8. November 1410, vorm. '/-N Uhr, im Sitzungssaals des amtshauptmannschaftlichen Dienstgebäudcs. Oeffentliche Sitzung. Neufestsetzung des Gehalts des Eemeindevor'tandes zu Börn chen b. P. — Aendcrung der Grenzen zwisch m dem Königlichen Staatsfoistreoier Nassau und den Gemeinden Holzhau. sowie Rechenberg infolge des Baues der Talstraße Holzhau-Bienen mühle. — Ortsstatutarischer Beschluß über Zusammensetzung des Gemeinderats zu Börnersdorf. — Gesuch Friedrich Hermann Schelles.Zinnwaid um Ausnahmebewilligung 'zur Grundstücks- abtrennung betr. Bl. 56 für Zinnwald. — Veränderte Kavital- aufnahme der Gemeinde Ruppendorf. — Gutachten des Sächsi schen Heimatschutzes wegen der Erhaltung des großen Wilisch bet Kreischa. — Ortsstatutarischer Beschluß über Zusammensetzung des Gemeinderats zu Malter. — Orlsgesetz über die Anbringung, Jnstandhalrung und Besteuerung von Retlameschildern und Plikaten in der Gemeinde Kipsdorf.—Gesuch des Holzschleiferei besitzers Heinrich Biermann-Rechenberg Bienenmühle um Erlaub nis zur Veränderung seiner Stauanlage infolge Einbaues einer Turbine im Fabrikgrundstücke Nr. 35 des Brd.-Kat. für Rechen- berg. Uebernahme bleibender Verbindlichkeiten durch die Ge- meinde Falkenhain. — Gesuch des Gasthofsbeßtzers Flemming- Oberfraucndorf um Erlaubnis für Errichtung einer Sch'ächterei- anlage in dem Grundstück 376 des Brd.-Kat. das. .... - Nichtöffentliche Sitzung. Gesuch des Mühlenbesitzers Arno Händel-HIrschbach um Er laubnis zum Bier- und Branntweinschanke, sowie zum Be herbergen, zum Krivpcnsetzcn und zum Ausspannen in bez. vor dem Grundstücke Nr. 42 des Brd.-Kat. für Hirschbach elnschl. zweier Gartenlauben. (Uebertragung und Erweiterung.) — Bildung von Notstandsfond« durch Rücklagen für den Eintritt außergewöhnlicher Ereignisse bei den Gemeinden. Min. Verord- nung vom 8. Oktober 1910. Nr. 1591. II. O. — Gesuch Feiir Schumanns-Falkenhain um Ausdehnung der Schankerlaubnis ein schließlich der Befugnis zum Beherberqen für das Grundst. Nr. 36 de« Brd.-Kat. für Falkenhain, auch für die Wintermonate. (Üebertragung und Erweiterung.) — Gesuch der Frau Lina verehcl. Schreyer-Glashütte um Erlaubnis zum Ausschanke alko holfreier Getränke in dem Grundstücke Nr. 132 für Glashütre. (Erweiterung.) — Gesuch Otto Börnerts-Schmiedeberg um Er- laubnis zum Bierschanke in dem Grundstück Nr. 628 das. (Neue Konzession.) — Vorschläge zur Wahl der bürgerlichen Mitglieder der Ersatzkommission auf die Zelt 1911 bis mit 1913. — Vor- schlüge zur Wahl von drei Abschätzern, sowie drei Stellvertretern für den Pferdeaushebungs-Ausschuß. — Gesuch um Gewährung einer Unterstützung aus Stiftungsmltteln. — Wahl von Sach verständigen in Enteignunarsällen auf das Jahr 19ll. — Ge- such des Kurhausbesitzers Oskar Dreßler-Seifersdorf um Erlaubnis zum Betriebe der Schankwirtschaft während des ganzen Jahres. — Mitteilungen. — Wettlnstistrangelegenheiten. «ochenplan der Dresdner Theater. Opernhaus: Donnerstag: Die Entführung aus dem Serail (V28). — Freitag: Lohengrln (6). — Sonnabend: Madame Butterfly (>/-8). — Sonntag: Hoffmanns Erzählungen (Vr8). Schauspielhaus: Donnerstag: Maria Stuart (Vr7). — Freitag: Der Misanthrop. Advokat Pateiin ('/-N. — Sonn abend: Psbrand (O28). — Sonntag: Robert und Bertram (V28). Residenz-Theater: Donnerstag: Der ledige Gatte (V28). — Freitag: Der ledige Gatte (4-8). — Sonnabend: Alt-Heidel berg (V24), Der ledige Gatte ('/28s. »resdnsr ProvrMsndor;« vom 28. Okober. l. An der Börse: Welzen, pro 1000 kg netto: brauner neuer 198 —204, brauner, feucht (73—74 k^) 192—195, russischer roter 218 —228, Argentin. 222 bis 225. Roggen, pro 1000 kl- netto sächsischer neuer (70—73 kc) 150—156, feucht (68—69 kx) 144—147, preußischer 156—160, russischer 162—164. Gerst« pro 1000 lc^ netto: sächsische 165-180, schlesische 180-195, posener 175—190, böhmische 205—220, Futtergerft« 116—124. Hafer, vro 1000 leg netto: sächsischer, alter 167—172, neuer 161 — 167, beregneter 146—158, schlesischer 165—170, russischer 160—165. Mat», pro 1000 kg netto: Cinquantine, alter 178 bis 184, Rundmair gelber 138—141, Laplata gelber 138—141. Erbsen pro I0O0 kx netto: 160—180. Wicken pro 1000 kg netto: sächsische 168—180. Buchweizen, pro 1090 netto: inländischer und fremder 180—185. Leinsaat pro 1009 kg netto: feine 383 bis 395, mittlere 360—375, Laplata 380-385. Rüböl, pro 100 kg netto mit Fatz: raffiniertes 63. Rapskuchen pro 100 kg lange 11.50. Leinkuchen pro 100 kg (Dresdner Marken) 1. 20.00, 2. 19.50 Malz, pro 100 kg netto ohne Sack, 28,00—32,00. Weizenmehl, pro 100 kg netto, ohne Sack (Dresdner Marlen) «»klussiv« der städtischen Abgabe: Kaiserausrug 35,00 bis 35,50 Grießlerauszug 34.07—34,50, Semmelmehl 33,00 bi» 33,50, Bäcker mundmehl 31,50 32,00, Grleßlermundmehl 23,00 bis 24,00, Pohlmehl 17,50—19,00. Noggenmehl, pro 100 kg netto ohne Sack. (Dresdner Macken), «rklußive der städtilchen Abgabe Nr. 0 24.50-25.00. Nr. 0/1 23,50-24,00 Nr. 1 22,50 bis 23,00, Nr. 2 20,00-21,00, Nr. 3 16,00-17,00 Futtermehl 12,40—12,80. Wetzenkteie pro 109 kg netto ohne Sack Dresdner Marken) grabe 9,49-9,60 feine 8,69—9,00. Rogge nklei«, pro 100 kg netto, ohne Sack (Dresdner Marken) 10,40-10,60. (Feinste Ware über Notiz.) DI« für Artilel pro 100 kg notierten Preise verstehen sich für Geschäfte un!er 5000 kg. Alle anderen Notierungen einschließlich der No iz für Malz, gellen für Geschäft von mindestens 1OO0O k». fremäes Keis. Roman von C. Dressel. (Nachdruck verboten.) War das ein Lärm, ein Gelaufe, mitunter selbst ein Geraufe. Wie eine Horde Wilder rannte die los gelassene Schuljugend, das heißt, die in dem tumultu- arischen Knabenalter von neun bis dreizehn stehende, aus dem Gymnasialzwinger in die ersehnte Freiheit hinaus. Nichts kümmerte sie. Weder das Schimpfen ange rempelter Philister, die, ihrer eigenen, keineswegs engel haften Jugend vergessend, etwas von Zuchtlosigkeit und fehlender Aufsichtspolizei brummten, noch das Er scheinen der nun aus dem Schultor tretenden Lehrer. Ernste, gestrenge Gesichter hatten sie natürlich wie immer, indes, was sie nicht sehen wollten, das sahen sie eben nicht. Man kannte das. Insgesamt spitzten sie sich auf die Mittagsatzung. Keiner mochte sich noch knapp vorher den Magen mit unbekömmlichem Aerger ver derben. Ueberhaupt, war die breite, freie Straße unter der klaren Oktobersonne zum Nörgeln da? Hierzu hatten sie doch ihre vier dunklen Klassenwände, und die lagen nun Gott sei Dank hinter allen — allen. So ging das Gejohle und Gerenne weiter. Die in langem Stillsitzen angesammelte überschüssige Kraft der Buben mußte sich eben »ustoben, und der Magistrat hatte ja auch die asphaltierte Straße eigens so herrlich breit und glatt gebaut, damit sie sich ordentlich tummeln konnten, wobei es nicht allzuviel darauf ankam, ob sie von ungefähr manierlichere Fuß gänger über den Haufen rannten. Warum wich man nicht einfach der Uebermacht aus? Gegenüber dem Gymnasium, von diesem durch die breite Straße und einen buschumstandenen Promenaden weg getrennt, stand ein schönes Haus im modernen Villenstil, der unregelmäßig gesetzte Fenster und allerlei krause Vorsprünge, die Erker, Altane oder Loggien bildeten, liebte. An einem Erkerfenster des ersten Stockwerks hinter dem Schleier der Tüllstores schaute eine behäbige Matrone dem munteren Treiben draußen erheitert zu. Ueber den wilden Jungen, der eben einem Mit schüler die blaue buntgeränderte Mütze vom Kopf riß und sie ihm neckend in anscheinender Greifweite und doch immer unerreichbar hinhielt, lachte sie jetzt laut auf. O, sie kannte den hübschen, übermütigen Buben. Der war ihres Hausarztes Sprößling. „Ein Heller Kopf," hatte Doktor Starke mal von seinem Jungen gesagt, „aber leicht ein Durchgänger. Na, wofür hat man denn feste Hände. So 'nen Wildfang nimmt man einfach an die Kandare." Und nun, ist das nicht Doktor Starkes CoupH, das da auf den sich mählich leerenden Gymnasialplatz