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Whklih-Mlmg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 76. Jahrgang. Sonnabend, den 30. Juli 1910. Nr. 88. Mit achtfettigem ^Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land» und hauswirtfchaftlicher Monats-Beilage. , Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jelrne in Dippoldiswalde. Dir. irfchetnt wöchentlich vrel- mal: Dienstag, Donner» tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denMenden cmsgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 35 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummem LV Pfg. - Alle Postan. Inserate werden mit I» Pfg., solche aus unsere» ÄmtshauptmäMschaft mit12Pfg.dieSpaltM« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. ZO Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzelle 30 Pfg. Bestellungen an. Amtsblatt für die Königliche UmlslMptmannlchafi, das Königliche Amtsgericht und den Kadlrat zu Dippoldiswalde. Ar Türkei und der Dreibund. Die Meldung, daß der türkische Großweiler mit dem ÄsterreMch-ungarischen Ministerpräsidenten eine Begegnung kn Böhmen haben werde, hat zu dem Gerücht Anlaß ge geben, daß die Türkei dem Dreibunde beizutreten beab- sichtige. Aber schon das Austauchen einer anderen Nach richt, daß nämlich di« Türkei ein Bündnis mit Oesterreich abzuschließen wünsche, um Rußlands Lroberungsgelüste im Orient zurückzuweisen, zeigt, daß an der ersten Mitteilung nicht viel Wahres ist, und daß damit nur von interessierten Mächten ein Fühler herausgesteckt worden ist. Im all gemeinen darf man wohl auch sagen, daß sich die Drei bundmächte wohl hüten werden, die Türkei als Bundes genossen aufzunehmen, denn eine solche Verstärkung würde von England und Rußland und wahrscheinlich auch von Frankreich sehr übel ausgenommen werden. Ein enges Bündnis des Dreibundes mit der militärisch noch sehr starken Türkei würde sehr leicht dazu fühlen, dem Drei- bunde eine Eroberungspolitik zuruschreiben, denn die Politiker und Angstmeier in England und Rußland haben ja schon lange der militärischen Stärke Deutschlands und Oesterreichs alle möglichen bösen Absichten zugetraut. Da sich nun aber glücklicherweise der Argwohn etwas gemildert hat, so werden sich die leitenden Staatsmänner des Drei bundes wohl hüten, durch einen solchen Aufsehen erregen den Schritt, wie es der Beitritt der Türkei zum Dreibunde sein würde, wieder neues Mißtrauen zu säen, denn die Tendenz des Dreibundes ist: Erhaltung des Friedens. Ader aus der Erfahrung der letzten Jahrzehnte kann man wohl sagen, daß der Dreibund es für seine Politik gut und wertvoll hält, mit der Türkei auf sehr gutem Fuße zu stehen. Tatsächlich ist ja auch das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei seit 30 Jahren das beste, und es würde für die deutsche Diplomatie eine leichte Aufgabe sein, die Türkei zum Abschlusse eines Bündnisses zu ver anlassen, wenn ein solches in Berlin für notwendig er achtet werden würde. Das Verhältnis der Türkei zu Oesterreich ist ja auch meistens ein gutes gewesen und wurde nur vorübergehend im vorigen Jahre getrübt. Jedenfalls hat auch die Türkei schon lange erkannt, daß ihr vom Dreibunde keine Gefahr droht, und deshalb wünscht der Sultan jedenfalls wieder ein besseres Ver- hältnis seiner Regierung mit Oesterreich. Möglich ist es auch, daß zwischen Oesterreich und der Türkei ein Schutz bündnis abgeschlossen wird, um der ränkevollen Politik Rußlands auf der Ballanhalbinsel und den maßlosen An sprüchen der - Bulgaren, Serben und Montenegriner in Bezug auf neuen Ländererwerb auf Kosten der Türkei «in Ziel zu setzen, denn es ist in den Berichten über die Reise des Großwesiers aufgefallen, daß von Rußlands Üebergewicht im Orient gesprochen wurde. Dieses Ueber- gewicht beruht aber keineswegs auf der militärischen Macht der Russen, sondern hauptsächlich darauf, daß die kleineren Balkanstaaten unter gewissen Umständen geneigt sind, nach nach der russischen Pfeife einen Kriegstanz aufzuführen, und wenn man durch eine militärische Konvention zwischen Oesterreich und der Türkei solchen Gelüsten einen Riegel vorschieben will, so wäre dies nur ein Ausfluß der fried lichen Politik, die man in Wien und in Konstantinopel für notwendig hält. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Theater. „Ein Walzertraum", eine moderne Operette, nicht ohne pikanten Beigeschmack, die am Donnerstag vor gulbesetztem Hause gegeben wurde, bot besondere Gelegenheit zur Entfaltung einer für hiesige Verhältnisse geradezu prächtigen Garderobe. Wenn der „Walzertraum" auch nicht allenthalben ganz so sicher „saß", wie z. B. die „Dollarprinzessln", so boten doch die Mit- wirkenden wieder alles auf, um den an sie gestellten An forderungen gerecht zu werden, und zwar mit Erfolg. Und so fand der „Walzertraum", in dem tiefernste mit lustigen, ja sogar hochkomischen Szenen abwechseln, dank der guten Darstellung auch hier schallenden Beifall und warb unserm Operetten Ensemble neue Freunde. — Er wähnt sei noch, daß viele Theaterbesucher sür Abkürzung oder vollständigen Wegfall des „akademischen Viertels" dankbar sein würden. — Schließlich sei noch darauf HIn- grwiesen, daß heute Freitag wieder eine Operette von Ruf, „Die Förster Christl" von Zarno, über die Bretter gehen wird. Für Sonntag nachmittag ist eine Kindervorstellung angesetzt, während am Abend „Dar süße Mädel" gegeben wird. — Kommenden Sonntag wird in unseren Kirchen eine Kollekte für die Eoangelisationsarbeit in Palästina veranjtaltet. - Bremsen und Fliegen sind den Pserden und anderen Zugtieren, die sich das Futter hart verdienen müssen und die dabei oft noch roher Behandlung ausge setzt werden, nicht angenehme Gäste, und es gibt in der Praxis kleine Mitteichen, die geeignet sind, die Zugtiere vor ihnen zu schützen. Wer ab und zu seine Tiere mit einer verdünnten Abkochung von Walnußlaub in Essig abwäscht, wird die Erfahrung machen, daß Fliegen und Bremsen wegen de» strengen Geruches die vorher gern gesehene Haut des Pferdes ängstlich meiden. Desgleichen hat ein Bestreichen der Pferde und Geschirre mit Wermut wasser zu recht guten Resultaten geführt. — Ist man verpslichtet, Briefe zu beantworten? Mit dieser Frage hat sich das Reichsgericht kürzlich beschäftigt. Ein Schuldner brachte seinem drängenden Gläubiger eines Tages eine Urkund«-, laut deren ein Freund die selbst schuldnerische Bürgschaft für die Schuld übernahm. Der Gläubiger war im Zweifel darüber, ob die Unterschrift echt sei, und schrieb deshalb an den guten Freund seines Schuldners und bat ihn, die Echtheit seiner Unterschrift zu bestätigen. Er erhielt keine Antwort, gewährte aber seinem Schuldner dennoch im Vertrauen auf die Bürgschaft weiteren Kredit und erlitt dadurch einen Verlust von mehr als 3000 Mark. Für diesen Schaden machte er den Freund verantwortlich, dessen Unterschrift, wie sich nun herausstellte, tatsächlich gefälscht war. Er meinte, der Freund, dessen Name mißbraucht worden war, hätte die Verpflichtung gehabt, ihn darüber aufzuklären, und müsse ihm, weil er dies unterlassen, den Schaden ersetzen. Das Reichsgericht fand in dem Schweigen des Beklagten einen Verstoß gegen die guten Sitten, der den Beklagten zum Schadenersatz verpflichte. Ein solcher Verstoß kann nach Ansicht des Reichsgerichts auch ohne Verletzung einer Rechtspslicht begangen werden, sofern ein Handeln nach der Anschauung billig denkender Menschen geboten war. Hier komme alles auf die Umstände des einzelnen Falles an, und diese könnten so liegen, daß es sittliche Pflicht dessen ist, der von einer Fälschung seiner Unterschrift Kenntnis erhält, dem durch die Fälschung Getäuschten Auf klärung über den richtigen Sachoerhalt zu verschaffen. — Der Gau Dresden des Deutschen Nadfahrcrbundes veranstaltet nächsten Sonntag wieder eine Fahrt „Rund um Dresden ', von der auch Glashütte und Dippoldis walde berührt werden. — Die Einnahmen der Kreischaer Schulsparkasse betrugen im letzten Halbjahr 1519,05 M. — Diesen Freitag feiert der frühere Eemeindekassierer von Kreischa, Herr Böthig, mit seiner Ehefrau das goldene Ehejubiläum. Alpsdorf. Kommenden Sonntag wird in unserer Kirche und zum Besten derselben ein Konzert veranstaltet. Attenberg. Am Mittwoch ist das hochmodern ge haltene Schaufenster der neugegründeten Altenberger Zinn- manusaktur, G. m. b. H., am Marktplätze erösfnet worden. Freuen muß man sich über die künstlerisch herrlichen Fabrikate, die bekanntlich aus Altenberger Feinzinn unter Garantie der Zwitterstocksgewerkschaft hergestellt werden, wodurch eine Beimengung von Blei usw. völlig ausge schlossen ist. Geising. Nächsten Sonntag findet im Hauptgottes- dienst die Einweisung unsers neugewählien Herrn Kantor Wiedemann statt. — Unser Rathausneubau ist schon unter Dach gebracht und ist man gegenwärtig mit dem Eindecken des Schieferdaches und mit dem Abputzen der Mauern beschäftigt. Das Richtfest konnte schon vor 14 Tagen festlich begangen werden. Frauenstein. Gelegentlich des Feuerwehr Bezirks- Verbandstages, der zugleich Feier des 25jährigen Be stehen» des Verbandes war, und der beschloß, künftig nur noch aller zwei Jahre einen Verbandrtag abzuhalten, aber all jährlich zwei Wehren zu inspizieren, wurde Herrn Schmiedemeister Zönnchen in Reichenau sür 25jährige Dienstzeit das Ehrenzeichen durch den Herrn Amtshaupt mann überreicht. Herr Gemeindeoorstand Reichelt von Nassau überreichte dem Verband eine Aktenmappe und öerr Hauptmann Zimmermann aus Pretzschendorf dem angjährigen Verbandsvorsitzenden, Herrn Robert Kaden, einen von den Verband-wehren gestifteten Lehnstuhl und ein von den Ausschußmitgliedern geschenktes Bild. Di- Freiwillige Feuerwehr erhielt auf ihre Schul- und Alarm» Übung die Zensur „gut". — Kaum hat sich die hiesige Bevölkerung nach deir vor wenig Wochen erfolgten Einbrüchen etwas beruhigt, so ist in der Nacht zum Dienstag hier wiederum ein Ein bruch erfolgt. — Von diesem Sonnabend an können wieder gottes dienstliche Handlungen in der Frauensteiner Stadtkirche vorgenommen werden, nachdem die Heizungsanlage fertig gestellt ist. Weudischcarsdorf. Das am Mittwoch in der „Heide- Mühle" stattgefundene Gartenkonzert der Dippoldirwalder Stadtkapelle erfreute sich eines guten Besuches. Die Kapelle» unter Leitung des Herrn Direktors Jahn, leistete Vor zügliches. Possendorf. Am 28. d. M. haben die 3'/2 wöchigen Sommerferien an hiesiger Schule begonnen. — Die günstige Witterung förderte die Ernte in dieser Woche ganz wesent lich, sodaß schon viel Korn in die Scheunen gebracht werden konnte. — Unser Turnverein feiert kommenden Sonntag sein 15 jähriges Stiftungsfest. Rabenau. Ein lbjähriger Schreiber, der von seiner Firma entlassen worden war, ertränkte sich im sogenannten Schwarzen Teiche. Dresden. Zum Präsidenten der Generaldirektionen der sächsischen Staatsbahnen ist vor kurzem, nicht wie er sonst bei solchen Aemtern Usus ist, ein Jurist, sondern ein Techniker, der Lehrer an der Technischen Hochschule zu Dresden, Geh. Baurat Prof. vr. Ulbricht, ernannt worden. — Der König wird am 4. August wieder in Dresden eintreffen und am selben Tage mit der königlichen Familie bis zum Schluß der großen Ferien nach Moritzburg über siedeln. Dresden. Der König wird die Vogelwiese am 5. August besuchen. — Der kürzlich verstorben« Oberjustizrat Opitz hat letztwillig 10000 Mark ausgesetzt zur Begründung einer Stiftung zwecks Unterstützung hilfsbedürftiger Witwen von Dresdner Rechtsanwälten. — Dienstag abend unternahm der Flieger Reichelt auf einem soeben fertiggestellten Eindecker der flugtechnischen Werke Reichelt L Kühne auf dem Heller einen Probe- slug. Der Motor arbeitete gut. Plötzlich aber sprang der Wind um und drückte mit voller Wucht von hinten auf den Apparat. Dabei brach das linke Laufrad, sodaß sich die Maschine bei einem erneuten Windstoß überschlug und den Führer unter sich begrub. Der Flieger konnte sich jedoch mit eigener Kraft hervorarbeiten und hat keine Verletzungen erlitten. Der Apparat hat unbedeutende Be schädigungen anfzuweijen. — Liner Dame flog beim Passieren der Prager Straße plötzlich mit voller Wucht ein harter Gegenstand an den Kopf, so daß sie bewußtlos hinstürzte. Wie sich heraus- stellte, hatte oas Pferd einer in raschem Tempo vorüber fahrenden Droschke ein Hufeisen verloren, und dieses hatte der Dame eine Rißwunde am Hinterkops beigebracht, die genäht werden mußte. — Auf einem Neubau in Dresden ist ein Arbeiter dadurch verunglückt, daß er beim Steintragen infolge eines Fehltrittes durchbrach und eine Etage herunterstürzte. Der Verunglückte wurde schwer verletzt ins Krankenhaus ge bracht. — Die durch die Spiritusexplofion schwer verbrannte Arbeiterin Strupak in Meißen ist gestorben. — Eine eigentümliche Fügung ist cs, daß zwei Wald arbeiter des Crottendorfer Staatsforstreoiere, welche beide über 40 Jahre dem Staate gemeinsam gedient hatten, nach längerer Krankheit Dienstag gemeinsam gestorben sind. Leipzig. Nach der angestellten Untersuchung handelt es sich bei dem verhafteten Koppius um den Täter, der 1906 den Geldbrieflräger Rübner überfiel. Ferner ist er auch der Mörder der Friedrichschen Eheleute. Auch der Ueberfall auf die Frau Wagner dürfte ihm zur Last fallen. — Nach einem Diebstähle von zwei Geldbriefen mit 3000 und 1700 Kronen ist der 19 jährige Postgehilfe Albert Röpke aus Kröben flüchtig geworden. — In einem Geschäft am Thomasringe wurden drei Schaufensterscheiben im Werte von ungesähr 1500 Mark anscheinend mit einem Teschin durchschossen. Schwarzenberg. In einer der letzten Nächte wurde auf der Strecke Schwarzenberg—Grünstädtel ein Stations stein ausgewuchtet und quer über den Cchienenstrang ge-