Volltext Seite (XML)
Sonnabend, den 30. April 1910 Nr. SO Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. — Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. buche nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumetden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaub haft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Ansprüche des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Wer ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht hat, mutz vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder die einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeiführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes tritt. Dippoldiswalde, den 28. April >910. Königliches Amtsgericht. Folgende im Grundbuche für Kipsdorf auf den Namen des Ernst Oswald Berger eingetragenen Grundstücke sollen am 20. Juni ISIS, vormittags 1/411 Ahr, an der Gerichtsstelle im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. l. Blatt 2, nach dem Flurbuche 13 Hektar 6l Ar grotz, auf 30470 M , ein- schließlich 500 M. Inventar, geschätzt; es besteht aus Wohn- und Wirtschafts gebäude mit 2 Anbauten, einer Scheune mit eingebauter Dreschmaschine, einem kleinen Holzschuppen, Obst- und Grasgarten mit Wasserhäuschen, sowie Feld-, Wiesen- und Strauchparzellen; 2. Blatt 25, nach dem Flurbuche l Hektar 5l,7 Ar grotz, ans 2250 M. — Pf. geschätzt; es besteht aus Feldparzellen. Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts, sowie der übrigen die Grund stücke betreffenden Nachweisungen insbesondere der Schätzungen ist jedem gestattet. Rechte auf Befriedigung aus den Grundstücken sind, soweit sie zurzeit der Ein tragung des am 2. April 1910 verlautbarten Versteigerungsvermerkes aus dem Grund- Bekanntmachung. Montag, den 2. Mai, abends 8 Uhr, Pßlüvkttsusi'mrskn-Vvbung Stavkrat Dippoldiswalde, am 28. April 1910. der grotzen Anzahl der sozialistisch gefärbten radikalen Re publikaner. Für sie ist der Sozialismus nur der rednerische Pomp im leidenschaftlichen Parteikampfe, und er dient autzerdem auch noch dazu, den unteren Volksmassen in Frankreich Sand in die Augen zu streuen. Auf dem Ge biete des französischen Parlamentarismus werden daher die Neuwahlen schwerlich eine nennenswerte Veränderung herbeiführen. Die Ergebnisse der Wahlen in Frankreich. Die am letzten Sonntag in Frankreich stattgefundenen Neuwahlen für die Dcputiertenkammer haben keine politi schen Ueberraschungen gebracht, es war dies auch garnicht gut möglich, da die radikalen Republikaner und Sozialisten bereits in der französischen Deputtertenkammer bisher die Mehrheit hatten und keinerlei Anzeichen dafür Vorlagen, datz die gemätzigten Republikaner oder die Konservativen nennenswerte Aussichten hatten, die radikalen Parteien in vielen Wahlkreisen zu verdrängen. Ganz genau ist das Wahlergebnis auch noch nicht bekannt geworden, da ja auch die Dkputierlenwahlen in den französischen Kolonien mit hinzugerechnet werden müssen. Es sind aber aus 591 Wahlkreisen die Ergebnisse bekannt, und sind danach 156 radikale Republikaner und sozialistische Radikale gewählt worden, ferner 58 Republikaner, 10 unabhängige Sozialisten, 28 geeinigte Sozialisten, 43 Fortschrittliche und nur 12 Nationalisten und 53 Konservative. In 234 Wahlkreisen müssen Stichwahlen stattfinden. Es zeigt sich also in Frankreich bei den Wahlen dieselbe Erscheinung, wie in Deutschland bei den Reichstagswahlen. Das Vorhanden sein von sieben Parteien in Frankreich führt in vielen Wahlkreisen zur Aufstellung von drei und vier Kandidaten und daraus ergeben sich dann die Wahlzcrsplitterungen und die Stichwahlen. Da sich das französische Ministerium bisher schon auf eine Kammermehrheit stützte, welcke von den radikalen Republikanern und den sozialistisch gefärbten Republikanern nebst einigen fortschrittlichen Republikanern gebildet wurde, so wird wahrscheinlich die Neuwahl in Frankreich zu gar keiner politischen Veränderung führen. Diese Meinung wird dadurch unterstützt, datz alle Minister, mit Ausnahme des Verkehrsministers Millerand, bereits wiedergewählt worden sind. Wir erwähnen dabei, datz es in der französischen Republik zu den politischen Er fordernissen gehört, datz jeder Minister auch ein Mandat als Deputierter haben mutz. Wahrscheinlich wird auch der Verkehrsminister Millerand gewählt werden, da er im zwölften Pariser Wahlkreis zur Stichwahl kommt und voraussichtlich von allen radikalen Republikanern und sozialistischen Republikanern in diesem Wahlkreise die Stimmen erhalten wird. Es ist auch nicht gerade anzu nehmen, datz die grotze Zahl der Stichwahlen die alte Regierungsmehrheit in der Kammer zertrümmern wird, da der Radikalismus der republikanischen Anschauung in Frankreich schon fast allgemein zur politischen Ueberzrugung g «worden ist und die Republikaner mit sozialistischen Nei gungen stets bereit sind, die radikalen Republikaner zu unterstützen, weil sie dadurch selbst mit zur Macht und Einflutz in den Regierungskreisen gelangen. Es ist aber «ine politisch in hohem Matze wichtige Erscheinung in Frankreich, datz der Sozialismus wesentliche Fortschritte auch bei den letzten Wahlen nicht gemacht hat, und datz bis zu einem gewissen Grade der radikale Republikanismus die französische Republik vor dem ganz roten Fahrwasser schützt. Für die politischen Verhältnisse in Frankreich liegen eben die Dinge so, datz viele Radikale die sozialistischen Theorien von der allgemeinen Gleichheit der Menschen zwar für richtig hallen und mit diesen Theorien die poli tischen Kämpfe gegen alle rechtsstehenden Wähler und Deputierte mit echtem französischen Feuereifer ausfechten, aber in der Praxis der Staatsleitung und Gemeindever waltung fällt es ihnen nicht im Traume ein, die sozi alistische Theorie von der Gleichheit und der Gütergemein schaft wirklich einzusühren. Die Unmöglichkeit der Er füllung der.sozialistischen Forderungen ist daher in der französischen Regierung schon lange erkannt worden, trotz Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am vergangenen Sonntage hielt die Vereinigte Bauhandwerkerinnnung im Vahnhotel unter Vorsitz ihres Obermeisters Börner ihre diesjährige erste Innungsversammlung ab. Nach Vortrag des Jahres berichtes gedachte die Versammlung des verstorbenen Mit meisters Höhne-Kreischa und ehrte das Andenken durch Erheben von den Sitzen. Die Jahresrechnung konnte nach Prüfung richtig gesprochen werden. Alsdann wurden Maler Bündel hier, Tischler Reichel-Reichstädt und Tischler Klemm-Höhendorf unter besten Willkommensworten als Mitglieder ausgenommen. Zu Gesellen konnten nach be standener Prüfung 21 Lehrlinge gesprochen werden, während 1b junge Leute ins Lehroerhältnis eintraten. Schlossermeister Hamann wählte man auf Zuruf als Bei sitzer wieder. Nach Erledigung von Jnnungsangelegen- heiten, als Vermehrung der Sitze im Gesamtinnungsaus schuh, Aufstellung eines Preistarifes für das Tischler gewerbe, Gewährung einer Vergütung an den Vorsitzenden des Gesellenprüfungsausschusses usw. hatte die Versamm lung um 6 Uhr ihr Ende erreicht. — Gewerbeverein. Am Mittwoch bot der Vor sitzende des Vereins, Herr Ing. Riekert, in der in dank barer Weise zur Verfügung gestellten Maschinenhalle der Deutschen Müllerschule wieder einen seiner instruktiven Vorträge auf dem Gebiete der Elektrizität, und zwar über: „Die Entwickelung der elektrischen Beleuchtung". Nach Er läuterung der elektrischen Matzeinheiten ging der geschätzte Redner aus von der im Jahre 1821 von einem Eng länder gemachten Entdeckung, datz zwei in einen elektrischen Stromkreis eingeschaltete Kohlenstifte, die nach gegenseitiger Berührung von einander wieder entfernt werden, ein Helles, dem Sonnenlichte ähnliches Licht geben, — also von der Entdeckung des Bogenlichtes —, schilderte weiter die zahlreichen Versuche, eine brauchbare Glühlampe zu schassen, wie man sich lange Zeit vergebens mit Metall fäden abmühte, mit dem Kohlenfaden Wirklich Erfolg hatte, ganz neuerdings aber wieder Metallfäden benützt. Weiter erläuterte der Herr Vortragende die metallisierte Kohlenfadenlampe und die Quecksilberdampflampe, die beide für die Praxis bisher Bedeutung allerdings nicht erlangten, und die Esfelte, die erzielt werden mit ftark- kerzigen Orramlampen als Ersatz für Bogenlampen, als ganz oder halb indirekte Beleuchtung oder in allerletzter Zeit durch Benutzung von Holophangläsern dort, wo das Licht nach unten gedrückt werden soll, wie z. B. in Schul zimmern (ein Lehrzimmer unsrer Bürgerschule wurde mit dieser Beleuchtung ausgestattet). Zahlreiche Experimente und Lichtbilder unterstützten die Ausführungen über Kon struktion und Stromverbrauch der verschiedenen Lampen und stellten die Kosten einer Kohlenfadenlampen-Beleuch- tung mit mindesten« 3 Watt Stromverbrauch pro Kerze einer solchen mit Metallfadenlampen und etwa 1,1 Watt Stromverbrauch anschaulich gegenüber, ebenso die Preis differenz bei 110 oder 220 Volt Spannung. Lauter, an haltender Beifall folgte dem Schlutz der sehr umfangreichen Darbietungen, die hier nur angedeutet werden konnten und allerdings ein weit zahlreicheres Publikum verdient hatten Ascheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- SenMendenausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern KV Pfg. — Alle Postan- jtalten, Postboten, sowie «nsereAusträger nehmen Bestellungen an. Pfg., solche aus unser« Ämtshauptmunnschaft mit 12Pfg.die Spalyeil« oder bereit Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarisch« und komplizierte Inserate mit entsprechenden! Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg und — im Hinblick auf die zahlreichen Interessenten für das behandelte Gebiet — auch erhoffen ließen — leider vergeblich. — Die erste diesjährige llebung der hiesigen Pflicht feuerwehr findet am nächsten Montag (2. Mai) statt. — Unserer heutigen Gesamtauflage liegt der auf dünnem Papier gedruckte Sommerfahrplan bei. — Der Halleysche Komet hat augenblicklich die Helligkeit eines Sternes 4. Grötze; diese wird bis Ende des Monats bis zur 2. Grötze zunehmen. Anfang Mai kommt er einem Stern 1. Grötze, wie z. B. Wega in der Leyer, gleich, und Mitte Mai erreicht er seinen größten Glanz. Er wird dann ebenso hell sein wie der Komet 1910a. Dann nimmt seine Helligkeit wieder ab; bis Ende Juni wird er bis zur 3. Größenklasse abnehmen, also schwächer werden, wie z. B. die Sterne im großen Bär. Mitte oder Ende Juli wird er dann für das bloße Auge ganz verschwinden. — Die Walpurgisnacht. Im Jahre 1459 erfuhr der Ketzermeister Peter Brussard zu Arras eine gräuliche Geschichte. Frauen der guten Stadt gestanden ihm, wohl nicht, ohne daß man etlichen von ihnen vorher mit der Tortur ernstlich zugesprochen hätte, sie seien in der Nacht auf eine Anhöhe entführt worden und hätten allda mit brennenden Kerzen in der Hand einen Tanz aufgeführt. Inmitten des Reigens hätte der Böse in Gestalt eines Bockes gestanden und jedes Weib hätte huldigend seine Rückseite küssen müssen. Dann wären die Lichter gelöscht worden und eine grausige Orgie habe angehoben. Meister Brussard ließ die Frauen allesamt verbrennen. Das war einer von den vielen Fällen, in denen der Glaube an eine Nacht, die alle Hexen um den Teufel schart, Menschen- opser gekostet hat. Wie kam nun gerade die nox Walpurgae, vom 30. April bis >. Mai, dazu, als die Nacht zu gelten, da der Satan seine weiblichen Untertanen auf dem Blocks berge versammelte? In heidnisch germanischer Zeit war der erste Mai eine Frühllngsfeier. sie wurde schon bei Nacht begonnen, auf Anhöhen wurden Feuer angezündet, Pferde geopfert und Tänze abgehalten. Der Kirche, die immer mächtiger wurde, war der heidnische Brauch eia Gräuel, und um Vie alte Feier verdächtig und verabfcheu- ungswürdig zu machen, benutzte man den mittlerweile ein gerissenen Hexenglauben. Zwischen 1230 und 1240 war bei Trier die erste Hexe verbrannt worden und seitdem nahm der „Hexenbrand" entsetzlich zu. Zufällig siel nun der Tag der Heiligsprechung der Aebtissin Walburg von Heidenheim mit dem des Frühling-festes zusammen, und so wurde die Walpurgisnacht die Hexennacht. Die Kirche aber wob eine Legende, um dieses Zusammentreffen zu erklären. Sie ließ die Heilige in dieser Nacht zu Eichstätt vom Teufel überfallen werden und in rasender Flucht vor ihm sich retten. In dieser Nacht haben die Heiligen keine Gewalt, der Böse ist Herr. Er zieht über die Lrde und alles mutz ihm folgen, sogar die Geister der Blumen und Bäume. Vor allem aber die Frauen, die sich ihm er geben haben. — Von R. Fritzsches Kursbuch für Sachsen, da» übrige Mitteldeutschland, Böhmen und Schlesien rc. rc. ist die Sommerausgabe vom 1. Mai 1910, abermals stark vermehrt, erschienen. Das allbekannte und beliebte grüne Kursbuch bietet in dem vorzüglich angeordneten und durch- gearbeiteten Stoffe dem reisenden Publikum in jeder Be- Ziehung einen bequemen Ratgeber und verfolgt unablässig das Ziel, das beste und erschöpfendste Kursbuch Sachsen» zu sein. Ein besonderer Borzug de» Buches sind die direkten Verbindungen mit deutschen Stationen und Belgien, Mit achtfettigem „Illustrierten Anlerhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen