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Wcherih-Mmig Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Dienstag, den 8. April 1910. Nr. 39. Der Kassenassistent Herr Ernst Gerhardt Friedrich in Lauenstein ist bis zur Wieder- bcsetzung der dortigen Vürgermeisterstelle als 2. stellvertretender Standesbeamter für den zusammengesetzten Standesamtsbezirk Lauenstein bestellt und verpslichtet worden. No. 278 ck K. Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, am 3i. März 1910. Dk .MeHeritz-ZeUun^ «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- Mit achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtfchastlicher Monats-Beilage. Mr die Ausnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne. - Druck und Verlag von Carl Jelpke in Dippoldiswalde. Inserate werde« mit II Pfg., solche au» unser«! Ämtshauptmu'.u.schaft mit 12Pfg.die Spaltzell« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. ZV Pfg. - Tabellarische und komplizierteJnserat« mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im SLSLÄL Anzeiger für Dippoldiswalde und umgegeno. Amtsblatt für die Königliche WntslMptmmnlchafi, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadtrat zn Dippoldiswalde. Zum Tode des Kaisers Menelik von Abessinien. Aus der abessinischen Hauptstadt Addis Abeba kommt unter dem 30. März die Kunde, daß der Kaiser Menelik nach langer schwerer Krankheit gestorben ist. Mit dem Kaiser Menelik ist ein hochbegabter, tatkräftiger und staats- kluger Herrscher dahingegangen, dem man das Verdienst zuschreiben muh, dah er durch staatsmännische und kriegerische Tüchtigkeit überhaupt erst das abessinische Kaiser reich geschaffen und zu Macht und Ansehen gebracht hat. Das Ländergebiet, welches man bis zum Jahre 1868 unter Abessinien verstand, war kein einheitlicher Staat, sondern es bestand aus zwei Königreichen Schoa und Tigre, deren Fürsten oder Könige sich abwechselnd den Titel des Negus oder Kaisers von Abessinien und Nach folgers des Königs Salomo beilegten. Der verstorbene Kaiser Menelik II. wurde 1844 als Sohn des Fürsten Nailu Malakot geboren und war ein Enkel des Königs Sela-Selassi von Schoa. Ursprünglich hieh Menelik Sela- Miriam, und es ist ihm bei seiner Geburt prophezeit worden, dah er einst unter dem Namen Menelik, welcher die Dynastie der schoanischen Könige gegründet hatte, Kaiser svon ganz Abessinien werden würde Historisch sehr merkwürdig ist, dah die schoanischen Könige ihre Abkunft auf den König Salomo, den berühmten Herrscher des jüdischen Königreiches, zurückführen. Nach der Tradi tion in Abessinien sind schon zu Zeiten des Königs Salomo viele tausende von Juden nach Abessinien ausgewondert und haben dort auf das Land und die Sitten des Volkes einen grohen Einfluß ausgeübt, sodah man noch heute den Einfluß des Judentums in Abessinien erkennen kann. Der Negus Menelik II. bestieg zunächst nach der Erbfolge im Jahre 1866 den Thron von Schoa und wurde durch seine Energie und das ihm entgegengebrachte Vertrauen nach dem Tode des Kaisers Theodor im Jahre 1868 als einziger Nachkomme Salomos anerkannt und Kaiser von ganz Abessinien. Der Fürst von Tigre, Goldscha-Kasa, erkannte aber den Kaiser Menelik nicht kn und lieh sich selbst als Kaiser Johannes als Beherrscher des nördlichen Teiles von Abessinien ausrusen. Die Macht des Kaisers Iohannes war sogar so groh, dah Menelik den Kaiser- titel wieder ablegen und sich mit dem Titel eines Königs von Schoa begnügen muhte. Diese Zeit benutzte Menelik, um seine Herrschaft zu befestigen und nach dem Süden zu zwei Länder, nämlich Harrar und Galla, seinem Reiche einzuverleiben. In dieser Zeit 'zeigte Menelik auch seine große diplomatische Begabung, indem er seine Tochter mit einem Sohne des Kaisers Johannes vermählte und da durch nach dem Hinscheiden des Kaisers Johannes selbst der unbestrittene Nachfolger desselben und rechtmäßiger Erbe des salomonischen Thrones für ganz Abessinien wurde. Trotzdem hatte Kaiser Menelik öfter im Innere seines Reiches mit Schwierigkeiten zu kämpfen und Ausstände niederzuhallen. Seit dem Jahre 1881 hatten auch Eng- land, Frankreich und Italien ihr Auge auf Abessinien ge richtet und gedachten dieses Land zu erobern und unter sich zu teilen. Die Nebenbuhlerschaft zwischen England und Frankreich in Afrika führte aber damals dazu, daß Italien, diplomatisch von England unterstützt, in Abessinien einmarschierte und die Landschaft Massauas im Jahre 1885 besetzte. Es hat damals zu wiederholten Kämpfen zwischen den Italienern und den Abessiniern geführt, und der Kaiser Menelik hielt sich zunächst im Hintergründe und sorgte dafür, ein großes Heer zu organisieren. Als dann die Italiener im Jahre 1896 einen tzauptschlag gegen Abessinien unternehmen und mit einem viel zu kleinen Heere von etwa 20000 Mann ganz Abessinien erobern wollten, trat ihnen in einem von Bergen und Schluchten gebildeten schwierigen Terrain der Kaiser Menelik mit mindestens dreifacher Uebermacht entgegen und brachte den Italienern die furchtbare Niederlage von Adua bei. Sekt dieser Zeit ist die Achtung Europas vor dem Kaiser Menelik und seinem Heere gestiegen, und man nimmt so gar an, daß da» abessinische Heer heutzutage eine ganz gewaltige Kriegsmacht ist, die jeder europäischen Invasion die Spitze bieten könnte. Im Innern seine» Reiches hat der Kaiser Menelik nicht viel erreicht, weil die Stammes- fürsten sich dem Willen des Kaisers sehr oft widersetzt haben. Für die innere Sicherheit des Landes und die Einführung einer geordneten Rechtspflege, sowie die Ein führung zeitgemäßer Verkehrsmittel und auch für die Er öffnung eines ordentlichen Verkehres mit den europäischen Mächten hat der Kaiser Menelik aber immerhin Großes geleistet. Sein Nachfolger ist sein Enkel Lidj Jeassu, der unter der Vormundschaft des Regenten Ras Talsama die Negierung angetreten hat. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nachdem vor etwa einem Jahre eine Versammlung hiesiger Einwohner sich dafür entschieden hatte, das Bundes-Sängerfest 1911 in unsrer Stadt aufzunehmen, und nachdem der im Juli 1909 in Dresden abgehaltene Sängertag auf dringende Befürwortung der Vertreter der hiesigen Sängerschaft dementsprechend be schlossen hat, und zwar mit großer Majorität und in der Hauptsache nur gegen die Stimmen der Vertreter der mit Dippoldiswalde konkurrierenden Orte (Meißen, Radeberg usw ), fand nunmehr nach einer vorausgcgangenen gemein schaftlichen Besprechung der Vorstände der beiden Gesang vereine an, Sonnabend abermals eine öffentliche Ver sammlung in der Angelegenheit statt, die leidlich besucht war und in der Hauptsache die Wahl der zur Bewälti gung der sehr umfangreichen Vorarbeiten zu bildenden Ausschüsse vornahm. Das Resultat ist folgendes: Ehren vorsitzender: Herr Bürgermeister Or. Weißbach,' Vorsitzender des Haupt-Ausschusses, dem als Mitglieder die Vorsitzenden und deren Stellvertreter aller Ausschüsse angehören: Herr Goldarbeit« Mieth; dessen Stellvertreter: Herr Sekretär Schiffner. Nach Bekanntgabe der betreffenden Arbeits pläne fand die Wahl der verschiedenen Ausschüsse statt und wurden zu Vorsitzenden bez. deren Stellvertretern folgende Herren gewählt: Rau- und Dekorationsausschuß: Bau meister Fritsch; Empfangs- und Vergnügungsausschuß: Stadtrat Reichel und Oberlehrer Buckel; Finanzausschuß: Baumeister Klotz und Kaufmann Ehnes: Ordnungsaus schuß: Lehrer Eidner und Seilermeister Martin Schmidt; Preßausschuß: Schuldirektor Ebert und Lehrer Unger; Musikausschuß: Kantor Schmidt und OberpostaWent Lehmann; Wirtschaftsausschuß: Privatus Eduard Mende und Hutmachermeister Schwind; Wohnungsausschuß: Stadt rat Gtetzolt und Handelsmann Mende. Die Arbeitslast ist damit 'm großen verteilt und mit deren Bewältigung wird in dem und jenem Ausschuß wohl schon in aller nächster Zeit begonnen werden. Das Sängerfest findet wahrscheinlich am ersten Sonntag und folgende Tage nach Beginn der großen Schulferien statt, welche Tage aller dings seit Jahren unserm Vogelschießen gewidmet waren; beide Feste zu gleicher Zeit obzuhalten, verbietet sich von selbst, und Sache der maßgebenden Kreise wird es sein, hier um einen „Ausklang im schönsten Akkord" bemüht zu sein. Aber noch eins: Dem Versammlungsleiter kann man sicher nur beistimmen, wenn er eingangs ausführte, daß, wenn ein Sängerfest auch in erster Linie den Interessen des deutschen Liedes und damit der Sänger diene, es doch in wirtschaftlicher Beziehung für den Festort einen eminenten Wert habe; es wird nicht nur eine ganz respektable Summe während der Festtage selbst umgesetzt, sondern das Fest ist auch für den Festort und dessen Umgebung eine Empfehlung, die noch in der folgenden Zeit Früchte bringt. Und gerade dieses Allgemeininteresse ist gewiß für viele maßgebend gewesen, in der ersten Versammlung im Vor jahre für Dippoldiswalde als Festort einzutreten. Mögen vor allen Dingen diejenigen Gewerbkreise, die den un mittelbaren Nutzen einer derartigen Veranstaltung ge nießen (indirekt profitieren selbstverständlich von einem großen Geldumsatz weiteste Kreise), mehr Interesse für die ganze Angelegenheit entwickeln, als nach dem Besuche gerade aus diesen Kreisen in der Sonnabend-Versammlung erwartet werden müßte; die Arbeitslust und das Interesse derjenigen, die immer wieder bemüht sind, die wirtschast- lichen Interessen unsrer Gemeinde zu fördern, wird oft auf eine harte Probe gestellt! Auch das mußte gesagt werden. — Und nun auf zur fröhlichen Arbeit! Lied hoch! — Der der hiesigen Kgl. Amtshauptmannschast zuge- wiesene Referendar Herr Freiherr von Miltitz ist am 1. April von Herrn Amtshauptmann vr. Sala in sein Amt eingewiesen worden. - Am gleichen Tage wurde auch der dem Talsperrenbauamt Malter zugewiesene Diplom-Jngenieur Jehne durch Herrn Bauamtmann Sorger als Regierungsbauführer verpflichtet. — Am 29. März weilte der Gesamtvorstand des bienenw. Hauptvereins im Königreich Sachsen, an seiner Spitze der Reichstagsabgeordnete Gäbel-Klessig, in unserer Staot. Von >/211 — 1/24 Uhr wurde unter Zuziehung des Vorsitzenden des Bienenzüchteroereins für Dippoldiswalde eine Direktorialsitzung abgehalten In derselben wurden zahlreiche den Landesverein und den deutschen Jmkerbund betreffende Gegenstände beraten. Um 3/44 Uhr wurde sodann in Gemeinschaft mit dem Gesamtoorstande eine außerordentliche Vereinssitzung des hiesigen Bienenzüchter- vereins sngeschlossen, in welcher Herr Gäbel den Verlauf einer Ausstellung darlegte. Alle Vorschläge des hiesigen Vereins wurden gutgeheißen und endgültig die Tage vom 13.-15. August für die Ausstellung festgesetzt. Als Aus stellungslokal wurde nach augenscheinlicher Besichtigung, das Bahnhofshotel gewählt. Bei Platzmangel sind jedoch dem Verein die Nachbargärten in entgegenkommendster Weise zugesagt worden. Vertreteroersammlung, Kommers und Hauptversammlung sollen auf die übrigen Lokale der Stadt verteilt werden. Mit der Ausstellung soll eine Ver losung verbunden werden, zu welcher 2000 Lose, L 50 Pf., ausgegeben werden sollen. Dippoldiswalde. Seit dem 27. Februar sind in hie siger Stadt drei schwere Diebstähle und in Berreuth einer desgleichen ausgeführt worden. Am Sonntage, den 3. April, ist es gelungen, den Täter in der Person eines in hiesiger Stadt wohnhaften Dienstknechtcs P. R. H. zu ermitteln und festzunehmen. Derselbe ist dem Kgl. Amts gericht zugesührt worden. — Freitag nacht wurden auf dem hiesigen Postgute zwei landwirtschaftlichen Arbeitern aus der Schlafkammer, während sie dort mit zwei anderen Kameraden schliefen, die Uhren gestohlen. Auch anderes nahm der Dieb mit. Er wurde bereits in einem landwirtschaftlichen Arbeiter er mittelt, der auf einem anderen hiesigen Gute dient, und zur Haft gebracht. Schönfeld. Ein genußreicher Abend wurde den hie sigen Bewohnern am 1. Osterfeiertage im Erbgericht durch einen Familienabend bereitet. Die gebotenen Gesänge, Deklamationen und Lichtbilder wurden vorzüglich vorge tragen und ernteten reichen Beifall. Der Veranstalter und Leiter, Herr Pfarrer Hemmann, hat sich die Teilnehmer zu Dank verpflichtet. Noch lange wird dieser Abend allen in angenehmer Erinnerung bleiben. Dresden. Die Sozialdemokraten planen hier für den 1. Mai einen großen Umzug, der bereits polizeilich ge nehmigt ist. Für das anschließende Massenmeeting stellte der Rat einen großen freien Platz zur Verfügung. Mylau. Ueber die Zweckdienlichkeit der Leimringe zur Bekämpfung des Nonnenfalters entspann sich in der letzten Sitzung des Stadtgemeinderats ein reger Meinungs austausch. Der Forstausschuß hatte beschlossen, von der Leimung der Baumbestände abzusehen, da die letzteren doch einmal niedergelegt werden müßten. Anderer Ansicht war aber der Stadtgemeinderat, der die ziemlich hohen Kosten für die Leimung und zur Anschaffung der erforder- lichen Apparate bewilligte Tagesgeschichte. — Der stuck, rerum postalium wird mit dem Beginn des Sommersemesters zum erstenmal „in Erscheinung treten". Die neue höhere Laufbahn bei der Reichepostverwaltung hat jetzt ihren ersten Abschnitt hinter sich. Es wurden nach den neuen Vorschriften im ganzen 71 Anwärter für die höhere Laufbahn angenommen. Von diesen haben 54 die praktische Ausbildungszeit mit Erfolg beendet. Für diese erste Praxis ist bekanntlich ein Jahr vorgesehen. Hieran schließt sich jetzt ein akademisches Studium, worauf wieder die praktische Tätigkeit folgt. Die akademischen Studim gelten den Staatswissenschaslen, der Rechtswisfen-