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Weißeritz-Ititung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Donnerstag, den 7. April 1910. 76. Jahrgang Nr. 40. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtfettigem ^Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und mi bestimmten Taget» wird keine Garantie über»wmmen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Irhnr. — Druck und Verlag von Carl Jehnr in Dippoldiswalde. DK -Weißeritz-Zeltr,«^ zrscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend unk wird anden vorhcrgehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 28 Pfg-, zweimonatlich 34 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern !v Pfg. — Alle Postan- talten, Postboten, sowie znsereAnsträgernehmen Bestellungen an. Inserate werden mit I» Pfg., solche aus unsere» ÄmtshauptmmmsHast mit 12Pfg.die Spaltzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. W Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserat« mit entsprechendem Auf- '<. Mag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg. Diphtherie-Serum mit den Kontrollnummern 200, 207, 200, 210, 2ll und 2lZ ans der Merck'schen Fabrik in Darmstadt ist wegen Abschwächung zur Einziehung bestimmt worden. Dresden, am 2. April I9lo. - Ministerium des Innern. WnW Wiig Ser Stai>t»emiiUten zu HPlSWMt äon 8. Lpril 1910, abends 8 Uhr, im ütttrullgsÄmmvr äss »stkLULvs Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. Herr Tierarzt l)r. meck vet. Richard Wagner, hier, ist heute als Fleischbeschautier- arzt und Trichinenschauer für Dippoldiswalde in Pflicht genommen worden, nachdem Herr Tierarzt Kettner sein Amt als Fleischbeschautierarzt sür Dippoldiswalde niedergelegt hat Dippoldiswalde, am 5. April 1910. Der Stadtrat. Formulare und andere Drucksachen für Gemeinde- und andere Behörden liefert in zweckentsprechender Ausführung die Buchdruckers! von Earl Jehne, Dippoldiswalde. Holzversteigerung. Nassauer Staatsforftrevier. Gasthof zu Bienenmühle. 12. April 191V, vorn». 9 Uhr: 171 w. Stämme, 22845 w. Klötze, 230 w. Derbstangen, 6 rm w. ungesp. Nutzscheite, 44 rm w. Schleisknüppel. Nachm. 2 Uhr: 50 rm w. Brennscheite, 325 rm w. Brennlnüppel, 6 rm h. u. w. Zacken, 100 rm w. Äste. Kahlschlag: Abt. 45. Durchforstungen: Abi. 8. 10. 67. 68. 76. 79. 80. 85. Kgl. Forstrevierverwaltung Nafsauzu Bienenmühle. Kgl. Forstrentamt Frauenstein. Holzversteigerung, Wendischcarsdorfer Revier. Gasthaus „Zum Jägerhaus" bei Obernaundorf, Donnerstag, den 14. April 1910, vorm. 10 Uhr: 110 h. u. 263 w. Stämme, 51 h. u. 1992 w. Klötzer, 1345 w. Derb-u. 4040 w. Reisstangen, 8,5 rm w. Nutzknüppel, 14,5 rm h. u. w. Brennscheite, 150,5 rm h. u. w. Brennlnüppel, 151 rm h. u. w. Äste, 23,40 Wilhdrt. w. Brennreisig; Abt. 71, 73, 76 u. 77 (Poisen), 86 (Forst), 93 bis 100 (Rabenauer Grund), 101 (Borholz). Kgl. Forstrevierverwaltung Wendischkarsdorf und Kgl. Forstrentamt Tharandt. Ak AMM im «Klim MWMm. Wenn ein Mensch, der vor hundert oder zweihundert Jahren gelebt hat, wiederkommen und die modernen Grobstädte sehen würde, so würde er diese Erscheinungen als ein wahres Phänomen, als noch nie dagewesenc soziale und wirtschaftliche Entwickelungen bezeichnen, denn ohne Zweifel zeigen in allen bedeutenden Kulturländern, und zumal auch im Deutschen Reiche die Großstädte eine Art des Wachstums, die bisher ganz unbekannt war, Ver doppelungen der Einwohnerschast einer Großstadt inner halb dreißig Jahren waren früher nur amerikanische Er scheinungen, jetzt finden wir iie aber auch in Europa und Deutschland. Es liegt dies daran, weil die Großstädte immer am ersten und leichtesten in den Besitz der besten Verkehrs- und industriellen Produktionsmittel gelangen, weil dort verhältnismäßig hohe Löhne und gute Gehälter gezahlt werden, und weil deshalb der Zudrang der Arbeiter und jungen Kaufleute und Techniker nach den großen Städten ein ganz gewaltiger geworden ist. So kann man sagen, daß nach der letzten Berufs- und Be triebszählung die Entwickelung der Großstädte in Deutsch land eine geradezu stürmische gewesen ist. Alle Betriebs- größenklassen, besonders aber die Mittel- und Großbetriebe haben sich hier schneller vermehrt als im Reiche und auch die Alleinbetriebe sind hier zahlreicher geworden, während sie im ganzen Reiche zurückgegangen sind. Innerhalb des großstädtischen Gewerbelebens sind Klein- und Allein betriebe zwar fast mit neun Zehnteln aller Betriebe, aber doch im Verhältnis mit geringerem, dagegen die Mittel und Großbetriebe mit stärkerem Anteil als im Reiche ver treten. Der Bruchteil der Betriebe aus den verschiedenen Größenklassen, den die Großstädte in sich vereinigen, geht durchweg über ihren Anteil an der Reichsbevölkerung hinaus. In der Abteilung Handel und Verkehr ist aber der großstädtische Anteil erheblich höher als in der Ab- irilung Gewerbe, ganz besonders bei Mittel- und Groß betrieben. Von den Mittelbetrieben in Handel und Ver kehr haben sich fast die Hälfte, von den Großbetrieben in Handel und Verkehr über drei Viertel und von den Riesen betrieben dieser Abteilung gar 96,3 o. H. in den Groß städten festgesetzt. An dieser Gestaltung hat der Handel besonderen Anteil. Er erweist sich in zahlreichen Be ziehungen als das ausgeprägteste großstädtische Gewerbe. In den Großstädten wohnt säst ein Fünftel der Reichs bevölkerung; drei Viertel dieser Großstadtbeoölkerung leben von Gewerbe, Handel und Verkehr. Diese Zweige stellen den Kern der großstädtischen Erwerbsarbeit dar. Im ganzen sind drei Zehntel, in Handel und Verkehr sogar vier Zehntel der gewerblichen Betriebspersonen den groß- städtischen Betrieben zuzurechnen, und der weibliche Ein schlag hierbei ist sehr erheblich, wenn auch in der Land- Wirtschaft eine größere Masse von weiblichen Kräften Unterkommen findet. Von der gesamten Reichsbevölkerung lebt unmittelbar aus Landwirtschaft, Gewerbe, Handel und Verkehr in den Großstädten über ein Siebentel, auf dem platten Lande fast zwei Fünftel, weil auf dem platten Lande die Landwirtschaft mit einer großen Menschenmasse mitwirkt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei der gemeinschaftlichen Morgen andacht am 1. Schultage wurden in Gegenwart des Herrn Stadtrat Standfuß von Herrn Schuldirektor Ebert die Herren Michael als ständiger und Richter als Hilfs lehrer an unserer Schule eingewiesen. Möge die Arbeit dieser Herren an unsern Schulkindern eine reich gesegnete sein. — Nach dem amtlichen Berichte 0er Kgl. Kommission für das Veterinärwesen herrschten am 31. März im Königreich Sachsen überhaupt 7 verschiedene ansteckende Tierkrankheiten, und zwar: der Milzbrand in 3 Ge meinden mit 3 Gehöften; der Rauschbrand in 1 Gehöft; die Schweineseuche einschl. Schweinepest in 3 Gemeinden mit 3 Gehöften; die Eeflügelcholera in 3 Gemeinden mit 3 Gehöften; die Brustseuche der Pferde in 14 Gemeinden mit 27 Gehöften; die Rotlaufseuche der Pferde in 4 Ge meinden mit 5 Gehöften und die Gehirnrückenmarksent zündung der Pferde kn 3 Gemeinden mit 3 Gehöften, darunter in 1 Gehöft in Liebenau der Amtshauptmann schaft Dippoldiswalde. Seifersdorf. Bei der hiesigen Gemeindeverbands- Sparkasse wurden im Monat März 34 Einzahlungen im Betrage von 4208 Mark 84 Pfg. bewirkt. Dagegen erfolgten 19 Rückzahlungen im Betrage von 5048 Mark 40 Pfg. Schmiedeberg. Zur Ordinatwn, Einweisung und Verpflichtung des neuen Hilfsgeistlichen für Schmiedeberg und Kipsdorf, Herrn Predigtamtskandidaten Karl Arthur Johannes Hickmann, die am Sonntage Quasimodogeniti hier im Vormittagsgottesdienste vollzogen wurde, hatte sich eine überaus zahlreiche Gemeinde im Gotteshause einge sunden Unter Glockengeläüte, begleitet von seinem Vater, Kirchenrat v Hickmann aus Meißen, dem Bruder, Pfarrer Hickmann aus Dur und dem Schwager, Pastor Schmidt aus Freiberg, die im Amtskleids der eindrucksvoller Feier beiwohnten, ward der neue Geistliche vom Ephorus, dem Ortspfarrer und den Kirchenvorständen von Schmiedeberg und Kipsdorf in feierlichem Zuge nach dem Altarplatz geleitet. Dem Gottesdienste lag eine besondere Ordnung zu Grunde. Nach dem Eingangsliede und der Altar liturgie (Herr Pfarrer Birkner), hielt der Ephorus, Herr Superintendent Hempel auf Grund Johannes 20, 26 eine packende, zu Herzen gehende Einweisungsrede. Mit dem Ostergruße des Heilandes: „Friede sei mit Euch", begrüßte er den Ordinanten und die versammelte Gemeinde. In Beantwortung der Frage: „Was bewegt einen jungen Christen Geistlicher zu werden", legte er es ihm ans Herz, wie er jederzeit bemüht sein möge, ein rechter Friedens bote im Sinne des Heilands und ein getreuer Seelenhirte zu werden. Auch der Geistliche sei gewissen Gefahren ausgesetzt. Enttäuschungen im Berufe, Sorgen und Trübsale des Lebens blieben auch ihm nicht erspart. Aber wer da Glauben hält, den wird der Herr wieder aufrichten aus dem Staube. Frieden auf den Lippen und im Herzen, das sei der Weg, der zum Heiland führt. Nach Ab legung des Gelöbnisses und dessen Bekräftigung mittels Handschlages erfolgte nunmehr die Weihe und Ordination. Einen tief ergreifenden Eindruck machte es, als der greise Vater und die anderen anwesenden Geistlichen dem Ordinanten in feierlicher Weise Segen spendeten. Aus dem vom Ortspfarrer verlesenen Lebenslaufe des neuen Hilfsgeistlichen erfuhren die Gemeinden unter anderem, daß er nach Beendigung seines Studiums erst in Cölln bei Meißen in der Gemeinde seines Vaters und in der letzten Zeit am „Rauhen Hause" zu Horn bei Hamburg tätig gewesen sei. Nach Empfang des heiligen Abendmahles trat nunmehr der neueingewie,ene Hilfsgeistliche mit den am Altar gesungenen Worten: „Ehre sei Gott in der Höhe" und einer Verlesung des Evangeliums in sein neues Amt, worauf ein gemischter Chor unter Leitung des Herrn Kantor Forkhardt eine Motette von M. Hauptmann: „O teures Gotteswort", in trefflicher Weise zum Vortrag brachte. Das Hauptlied: „Ich habe nun den Grund ge sunden", leitete zur Antrittspredigt über. Von Ostern aus gehend, dessen heiliges Feuer an jenem Morgen aller Herzen entflammte, war dieser Predigt das Schriftwort 1. Johannes 5, 4 zu Grunde gelegt: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat." 1. Wir glauben, daß Jesus Christus die Welt überwunden hat. 2. Wir glauben, daß wir in seinem Namen siegen werden. Jesus Christus, als der Heilige, Sündlose und Strenge, die Sünde Strafende, ist nicht nur ein Zeuge der Wahr heit, sondern auch der König der Liebe. Mit Wahrheit und Liebe überwandt er die Welt. Aber trotz dieser Liebe ward er gehaßt Gerade am Kreuze, wo der Haß gegen ihn am größten war, feiert die Liebe ihren höchsten Triumph und durch seine Auferstehung bezeugt er sich als den Weltübrrwinder, der der Sünde die Macht genommen und den Tod zertreten hat. Dies sein Sieg. — Solcher Glaube führt uns hinein in die Gemeinschaft mit Christo. Wie wir ober sein sollen, das ist uns gezeigt in dem Bilde unseres Heilandes. In Wahrheit und Liebe, nach seinem Vorbilde werden wir Eindruck machen auf die Welt Mit Achtung dem Nächsten entgegenkommen, das fordert der Herr von uns. So wollen wir die Welt überwinden. Weil wir nun einen Weg haben hinauf zum Vater, so ist uns der Tod kein kaltes Gespenst mehr, sondern ein Freund, der in die Heimat führt. Nach Aus gangsspruch, Danksagung, Segen und Schlußlied: „Sei uns gesegnet, Knecht des Herrn", endete der einen tiefen Eindruck hinterlassende Gottesdienst. Möge die Amtierung des neuen Hilfsgeistlichen zum Segen werden, ihm und den Gemeinden, in die er berufen. Possendorf. Der neugegründete Geflügelzüchterverein Possendorf und Umgegend hielt am vergangenen Sonn tag eine Versammlung zum Zwecke der Ergänzung des Gesamivorstandes ab. Es traten sofort eine Anzahl neuer Mitgliederbei, sodaß der Verein jetzt 18 Mitglieder zählt. Bei der regen Anteilnahme unserer Gegend an der Zucht unseres Hausgeflügels ist zu hoffen, daß dem Verein noch mehr Mitglieder beitreten werden. Wilmsdorf. Nach beendeter Osterprüfung wurde dem Fortbildungsschülcr Alfred Stübler, welcher bei Herrn Tischlermeister Claus hier in der Lehre steht, für muster haftes sittliches Verhalten, Fleiß und Aufmerksamkeit eine vom hiesigen Schulvorstand gestiftete Prämie, nämlich ein wertvolles Buch „Meister- und Gesellenprüfung", durch Herrn Lehrer Höhne eingehändigt. Der genannte Lehr ling hat den Fortbildungsschulunterricht während der schul pflichtigen drei Jahre mit keiner Stunde versäumt. Dresden. Das neue Lehrerseminar in der Vor stadt Strehlen ist am heutigen Mittwoch in Gegenwart des Königs und des Prinzen Johann Georg feierlich ein geweiht worden. Leipzig, 5. April. Ein zum Abputzen eines Hauses am Thomasring 3 errichtetes Leitergerüst stürzte heute nachmittag, wahrscheinlich infolge eines Leiterbruches, plötz lich zusammen, sodaß die fünf auf ihm beschäftigten Ar- bester aus einer Höhe von etwa 12 Metern in die Tiefe stürzten. Zwei Arbeiter haben fast gar keine Verletzungen davongetragen, die drei anderen dagegen erlitten sehr er- D hebliche Verletzungen, sodaß sich ihre Aufnahme im städti schen Krankenhause notwendig machte. A Leipzig, 4. April. Einen erdichteten Raubanfall wußte gestern früh eine junge Arbeiterin recht glaubhaft darzustellen. Sie wollte von einem etwa 50 Jahre alten Unbekannten in der Connewitzer Waldung ihres Hand täschchens beraubt und dann in das dort nicht tiefe Wasser der Pleiße hineingestoßen worden sein, aus der sie sich dann wieder herausgearbeitet habe. Die polizeiliche Untersuchung ergab jedoch, daß das junge Mädchen selbst