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der sich kürzlich in hiesiger Gegend zugetragen hat. Tags- über wandert eine BSrengruppe durch das Dorf und heischt milde Gaben für die vorgesührten Kunststückchen. Abends kommt ein Mann ins Dorf, der sich nach dem Verbleib der beiden Bärenführer erkundigt und dabei erzählt, er habe drei solche Trupps ziehen, von denen jeder an jedem Tage ihm jo und soviel Geld zahlen muh. Er reist nur von einem Trupp zum andern und kassiert sein sauer (!) verdientes Geld ein. Wie viel gutes sächsisches Geld mag wohl jährlich durch diese Spekulation auf eine gewisse Eigenschaft unsrer Landsleute über die Grenze nach Böhmen wandern; also in Zukunft mag es auch bei uns heißen: Taschen zu! Lieber für unsere Armen etwas gegeben, als einen ungarischen Unternehmer reich gemacht. Possendorf. Am 29. d. M. beginnen die dreieinhalb wöchigen Sommerferien an hiesiger Schule und enden am 22. August. — Infolge der nun eingetretenen warmen Tage ist der Roggen an sogenannten scharfen Stellen ziemlich reif geworden, sodaß jedenfalls nächste Woche mit dem Schnitt begonnen werden kann. — Die am ver gangenen Sonntag hier stattgefundene Fahnenweihe des K. S. Militäroereins „Kronprinz Friedrich August" zu Possendorf u. Umg. nahm, begünstigt vom herrlichsten Wetter, einen schönen Verlauf. Außer den geladenen Vereinen von hier und auswärts hatten sich viele Zu schauer eingefunden, sodaß den ganzen Tag ein überaus lebhafter Verkehr in unserem Orte herrschte. Dresden, 26. Juli. Der konservative Landes- verein trat heute vormittag l/211 Uhr im Ständehaus zu einer außerordentlichen Sitzung unter dem Vorsitze des Reichstagsabgeordneten vr. Wagner zusammen. Die Sitzung war von den Abgeordneten der konservativen Fraktion und den konservativen Vereinen des Landes stark besucht. Nach mehrstündiger Beratung wurde einstimmig folgende Resolution angenommen: I. der konservative Landesverein steht heute noch be züglich der Lrbanfallsteuer in seiner überwiegenden Mehr- heil prinzipiell auf dem Beschlusse vom 6. April und stellt gegenüber dem Vorwurfe, daß die landwirtschaftlichen Kreise diese Steuer aus eigennützigen Gründen abgelehnt haben, fest, daß die Erbanfallsteuer in Ler von den ver bündeten Regierungen vorgeschlagenen Fassung den Grund besitz weniger belastet haben würde, wie die zu deren Ersatz herangezogenen Steuern. 2. Nichtsdestoweniger erkennt der gesamte Vorstand des konservativen Landesvereins an, daß die Finanzreform mit dem jährlichen Ergebnis von 500 Millionen bei Annahine der Erbanfallsteuer im Reichstag infolge der schroffen ab lehnenden Haltung der liberalen Parteien gegenüber dem wesentlichen Teile der von den verbündeten Regierungen in Vorschlag gebrachten indirekten Steuern durch die Block parteien nicht zustande gekommen wäre. 3. Das ungeschmälerte Aufbringen der zur endlichen Beseitigung der Finanzkrisis des Landes und des Reiches erforderlichen 500 Millionen war eine Aufgabe von höchster Bedeutung. Der Aktion der Deutschkonservativen ist es zu danken, daß unter ihrer Führung die endliche Lösung der Krisis und damit die finanzielle Begründung des Reiches im Innern und die Erstarkung seines Ansehens im Auslande unter Zustimmung der verbündeten Regierungen und unter Wahrung der Rechte der Einzelstaaten herbei geführt worden ist. 4. Da die liberalen Parteien nach dem Falle der Erbschaftssteuer es nicht über sich gewinnen konnten, das Vaterland über ihre vermeintlichen eigenen Interessen zu stellen, vielmehr jede lyellere positive Mitwirkung an dem für die Erhaltung und Förderung des Reiches so überaus dringend notwendigen Werke ablehnten, blieb den Kon servativen, der Reichspartei, der wirtschaftlichen Vereinigung und der Reformpartei nichts anderes übrig, als den Ver such zu machen, die Finanzreform mit Hilfe des Zentrums zustande zu bringen. 5. Der Gesamtoorstand des konservativen Landesvereins nimmt dankbar davon Kenntnis, daß zwischen der deutsch konservativen Fraktion und dem Zentrum nach dem von beiden Teilen in offener Weise und in der bündigsten Form abgegebenen Erklärung keine Verabredungen irgend welcher Art für die Zukunft getroffen worden sind, hält damit jede politische Konzession an das Zentrum, der er aus das entschiedenste widersprechen müßte, für ausge schlossen und wird wie bisher, so auch künftig, etwaigen ultramontanen Bestrebungen und Uebergriffen stets auf das energischste entgegentreten. 6. Die Behauptung, die Konservativen hätten das Zentrum wieder zur ausschlaggebenden Macht erhoben, ist nichts weiter als ein demagogisches Schlagwort und geradezu verwerflich von feiten derjenigen liberalen Parteien, welche viel häufiger als die Konservativen mit dem Zentrum gegangen und noch in der Finanzkommission der ersten Monate fast immer mit dem Zentrum gegen die Konser vativen, welche für die Regierungsvorlagen eintraten, ge stimmt haben. 7. Eine Wiederaufrichtung der Zentrumsherrschaft kann nur dann eintreten, wenn die Liberalen, wie sie dies bei der Finanzreform getan, sich bis auf weiteres selbst aus schalten uno ihren Anteil an den Aufgaben des Reiches im Stiche lassen. 8. Wenn irgend etwas imstande ist, etwaige Separa- tionsgelüste einzelner sächsischer Konservativen auf Ab spaltung von der großen Gesamtpartei im Keime zu er sticken, so sind dies die tendenziöse und tiesverletzende Haltung der liberalen Presse und deren unerhörte Unter stellungen. 9. Der konservative Landesverein hält auf Grund der im eigenen Lande gemachten Erfahrungen einen weiteren Ausbau und eine energische Förderung konservativer Organisationen, insonderheit in den Städten, und dement sprechend eine stärkere Heranziehung städtischer Konservativen zu den Vertretungskörperschaften der Partei für dringend geboten. Dresden. An der Ecke der Devrient- und Stallstraße wurde ein vierjähriger Knabe von einem Kraftfahrzeuge überfahren und dabei so schwer verletzt, daß er sogleich in das Friedrichstädter Krankenhaus überführt werden mußte. — Die Ausschüsse der Dresdner Stadtverordneten zur Beratung der notwendigen neuen Steuern haben in den letzten Tagen vor den Ferien oft bis Mitternacht ge tagt. Das Resultat dieser Sitzungen ist, daß die Hunde steuer erhöht werden soll, daß man im übrigen aber wohl oder übel aus eine Erhöhung der Einkommensteuer zu kommen muß. Von einer Besitzsteuer hat man vorläufig Abstand genommen, da das Verhältnis der Einzelstaaten hinsichtlich dieser Steuer zum Reiche noch nicht genügend geklärt ist. — Die sächsische Staatsbahnverwaltung verfügte Ende 1908 über ein Beamtenheer von 45 071 Mann. Die An zahl der Bahnhöfe betrug 669, die der Haltepunkte 206 und der öffentlichen Ladestellen 33, also insgesamt 906 Verkehrsstellen. — Auf dem Kammergute Pratzschwitz bei Pirna gerieten zwei russische Arbeiter in Streit, in dessen Ver laufe der eine dem andern mit dem Leibriemen einen Schlag an die Schläfe versetzte und darauf den am Boden Liegenden mit dem Stiefel so traktierte, daß letzterer in wenigen Sekunden eine Leiche war. — Die Verhältnisse auf dem Elbstrome haben sich der- maßen verschlechtert, daß die „Vereinigten Schiffahrts gesellschaften" Kähne außer Betrieb stellen und etwa 100 Bootsleute ablohnen mußten. — Berliner Schüler unter Führung eines Lehrers kamen Montag nach dem Uttewalder Grunde. Im Ueber- mut kletterten sie an den Felsen hinauf. Einer von ihnen trat fehl, strauchelte und stürzte ab. Er blieb im Grunde bewußtlos liegen und hatte schwere Kopsverletzungen davon getragen. — Die Brauereien von Dresden und Umgegend haben in einer gemeinsamen Sitzung beschlossen, den Preis für den Hektoliter Bier um 2,80 Mark vom 15. August an zu erhöhen. — Der Wind weht über die Stoppeln! Auf Pirnaer Flur sind auf den Feldern die ersten „Puppen" ausgestellt, der Getreideschnitt ist im vollen Gange. Am vergangenen Sonnabend hat man im nahen Struppen mit dem Mähen der Wintergerste und mit dem Schneiden des Rapses be gonnen. Letzteren baut man nur noch auf dem Staats gut Kleinstruppen. Der Roggenschnitt wird voraussichtlich erst Anfang August vor sich gehen können, da das Getreide infolge der nassen Witterung langsam reift. Im Vorjahre begann der Schnitt am 17. Juli. Der Stand sämtlicher Getreidearten ist in diesem Jahre befriedigend. Radeberg. In der Nacht zum Sonntag verunglückte der Arbeiter Vonack aus Leppersdorf schwer. Er fuhr mit einem Rade gegen einen Baum. An den erhaltenen schweren Verletzungen ist der Bedauernswerte am Sonntag abend gestorben. Rotzwein. Nach qualvollen Leiden starben hier der 31 Jahre alte Filzarbeiter Otto Taupadel und dessen siebenjähriges Mädchen. Die Familie hatte am Mittwoch mittag selbstgesammelte Pilze gegessen und zwölf Stunden später stellten sich die Zeichen der Vergiftung ein. Trotz ärztlicher Kunst starben Vater und Tochter; die Mutter und ein anderes Kind sind noch schwer krank. Leipzig. Nach Ermittelungen des Kgl. sächs. Landes- Medizinalkollegiums gab es im Königreich Sachsen im Jahre 1908 insgesamt 1227 Personen, die sich, ohne im Besitze der Approbation zu sein, mit der Heilung von Krankheiten befaßten. Die meisten von ihnen, nämlich 523, lebten in der Kreishauptmannschaft Dresden, 233 im Bezirke Chemnitz und 225 in der Kreishauptmann- schast Leipzig. Ihre Zahl ist seit 1906 nur unwesentlich gewachsen, denn sie stieg von 1132 auf 1207 im Jahre 1907 und 1227 im vergangenen Jahre. Die Zahl der Zioilärzte ist allerdings zurückgegangen. Sie betrug 1907 2206, während sie 1908 2136 ausmachte. Die Tätigkeit der Kurpfuscher ist also nicht ohne Einfluß auf den Stand der Aerzte geblieben. Zeulenroda. Durch starke Regengüsse in der Nacht zum Montag hat sich in der Lehmgrube einer hiesigen Dampfziegelei eine Lehmwand losgelöst und den 36 jähr. Arbeiter Leske aus Bautzen verschüttet. L. war völlig zer- quetscht und sofort tot. Ein zweiter Arbeiter svermochte rasch beiseite zu springen. Neustadt bei Chemnitz. Der hiesige Turnverein, welcher am 25. Juli sein 50. Stiftungsfest beging, besitzt eine schwarz-rot-goldene Fahne, die eine historische Vergangen heit hat. Diese Fahne gehörte nämlich ehemals der Kom munalgarde, die diese von den Frauen und Jungfrauen zum Geschenk erhielt. Da die Kommunalgarde später auf gelöst wurde, wurde diese Fahne dem Turnverein über wiesen. Der damalige Gerichtsamtmann Friedrich ließ die Fahne aber konfiszieren. Der Turnverein durch seinen derzeitigen Vorsteher Uhle ließ die Sache aber nicht gut sein und bewirkte dann bei der Kreisdirektion Zwickau die Freigabe der Fahne. Plauen i. B. Weil er zur Herstellung von „russi schem Salat" größere Mengen Pferdefleisch verwendet hat, wurde der Fleischermeister Otto Eduard Bohl hier vom Schöffengericht wegen Nahrungsmittelsälschung zu einem Monat Gefängnis und 150 Mark Geldstrafe verurteilt. Glauchau. Durch Feuerwachen mit Petroleum ver brannte sich das 13 jährige Mädchen de« Gänsehändlerr Stolle derart, daß das arme Kind hoffnungslos dar- niederliegt. . Bau tzen. Nach mehr denn 40 jähriger Dienstzeit tritt am 1. Oktober ds. Js. Geh. Kirchenrat Meier an der Kreishauptmannschast Bautzen in den Ruhestand. Zu seinem Nachfolger ist dem Vernehmen nach der Geistliche des Stadtoereins für innere Mission und Hilfsprediger an der evangelischen Hofkirche zu Dresden Pastor Hugo Friedrich Rosenkranz ernannt worden. Derselbe ist am 10. Januar 1860 zu Freiberg geboren, wurde 1884 Sub- diakonus, 1885 Diakonus zu Glauchau und bekleidet sein gegenwärtiges Dresdner Amt seit dem Jahre 1899. — Herr Meier war, bevor er nach Bautzen berufen wurde, Superintendent in Dippoldiswalde und vorher auch Pfarrer in Schmiedeberg. Tagesgeschichte. — Die Reise des deutschen Kronprinzenpaares nach England ist vorläufig aufgegeben worden. — Das preußische Kriegsministerium hat einige Ver fügungen erlassen, die für die Gegenden, in denen die großen Herbstübungen abgehalten werden, besonderes Interesse haben. Bekanntlich wird häufig über die Lang samkeit der Abschätzung der Manöverschäden geklagt. Um diesem Uebelstande äbzuhelfen, ist verfügt worden, daß die Abschätzung nach Möglichkeit zu beschleunigen ist. Generell wurde bestimmt, daß das Abschätzungsgeschäft innerhalb der Frist von drei Wochen nach Schluß des Manövers beendigt sein muß. Ferner sollen die Kreis- und Ortsbehörden veranlaßt werden, den Ankauf der Biwaksbedürfnisse während der Herbstübungen direkt durch die Truppe zu unterstützen. Man hält dies für wünschens wert, weil hierdurch eine erhebliche Entlastung bezüglich der Vorspanngestellung erreicht werden soll. In dieser Beziehung sind die Militärbehörden natürlich auf das Ent gegenkommen der Landwirtschaft angewiesen, die aller- dings ein Interesse daran hat, daß ein solcher Ankauf direkt erfolgt. — Di: Bewachung des Zaren während seiner Fahrt durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal. Das Wandsbeker Husaren- Regiment Nr. 15, sowie das Schleswiger Husaren-Regiment Nr. 16 sind zur Sicherung des Kaiser-Wilhelm-Kanals, den der Zar am 28. d. M. mit seiner Jacht „Standard" auf der Fahrt von Kiel nach Brunsbüttel passieren wird, ausgerückt. Die getroffenen Sicherheitsmaßregeln sind so durchgreifend, daß sich der Zar während seiner Kanal fahrt in eben solcher Ruhe bewegen kann, wie er es in den einsamen finnischen Schären gewohnt ist. Das Schiff wird auf der ganzen Fahrt durch den Kanal von Kavallerie auf beiden Kanalufern gedeckt sein, alle Brücken und Über gänge sind ebenfalls militärisch besetzt, die weitere Um gebung wird von Kavalleriepatrouillen durchstreift. — Der Regierungsdampfer „Seestern", der dem Kaiserlichen Gouvernement von Deutsch-Guinea gehört, ist am 3. Juni von Brisbane über Samara! nach Adolf- Hafen in See gegangen. Die Fahrt dahin nimmt etwa zwei Wochen in Anspruch, der Dampfer ist aller bis heute noch nicht in seinem Bestimmungshafen angelangt, sodaß über sein Schicksal ernste Besorgnisse gehegt werden. Der zweite Dampfer des Gouvernements Neu-Guinea, „Delphin", ferner der Lloyddampfer „Waldemar" sind, wie tele graphiert wird, auf verschiedenen Kursen in See gegangen, um Nachforschungen nach dem Verbleib des „Seestern" anzustellen. Das australische Marinedepartement hat den Regierungsdampfer „Merry England" ausgesandt. Der Dampfer „Seestern" wird vom Norddeutschen Lloyd ge fahren, von diesem ist auch die ganze Schifssbesatzung gestellt. — Die englischen, französischen, italienischen und rus sischen Truppen haben Kreta verlassen. — Durch Erplosion schlagender Wetter wurden in einer Grube in Clermont-Ferrand 12 Bergleute getötet. — Die Leitung der schwedischen Gewerkvereine beschloß, die am Montag eingetretene Aussperrung von etwa 50 000 Arbeitern mit dem Generalstreik, der am 4 August be ginnen soll, zu beantworten. — In Barcelona sind anläßlich der Proklamierung des Generalstreiks neue Unruhen ausgebrochen. Der Zivilgouverneur gab seine Entlassung, will er mit der Ver hängung des Belagerungszustandes nicht einverstanden ist. — Der Belagerungszustand in Konstantinopel ist bis März 1911 verlängert worden. Eckernförde. Das russische Geschwader ist nach stür mischer Reise <n der Bucht vor Anker gegangen. Friedrichshafen, 27. Juli. Wie die Luftschiffbau- geseltschaft Zeppelin mitteilt, wird, falls keine unvorher gesehenen Ereignisse eintreten, das Lustschiff „Z. ll" in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend die Fahrt nach Frank furt antreten. Sie ist über Ulm—Stuttgart—Heidelberg— Darmstadt geplant. Das Luftjchisf dürste im Laufe des Nachmittags auf dem Gelände der Internationalen Luft- schiffahrtsausstellung landen und in der Nacht vom Sonn tag zum Montag die Fahrt nach Köln fortsetzen. Graf Zeppelin beabsichtigt, das Luftschiff selber zu führen. Kiel, 27. Juli. Gegen 5 Uhr morgens wurde heute das russische Kaisergeschwader gesichtet. Salutschießen weckte die Bevölkerung der Ortschaften in der Eckernsörder Bucht. Das Zarenpaar wurde an Land von der Prinzessin Heinrich von Preußen und der Großherzogin von Hessen empfangen. Dann begaben sich ^>ie Herrschaften nach Schloß Hemmelmarck. Die Welterfahrt des Zarenpaares erfolgt Donnerstag früh. Oesterreich-Angarn. In der letzten Sitzung der Prager städtischen Wirtschaftskommission wurde beschlossen,