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Jutta pflegte sehr ungern etwas zu tragen,- kaum ihre Skizzenmappe. „Willst du Einkäufe machen oder gar verreisen?" fragte sie deshalb überrascht. „So examiniere mich doch nicht wie ein Schul mädel!" klang es gereizt zurück. „Bei Landrows ist heute abend Gesellschaft, es kann sein, daß ich dort übernachte, also ängstige dich nicht, wenn ich heute abend ausbleibe. Adieu!" Damit stieg sie die Stufen hinunter. Aber plötzlich hemmte sie den Schritt, war es das traurige Gesicht Elfriedens, das sie zurückhielt, oder eine bange Ahnung kommenden Unheils, kurz, sie wandte sich noch einmal zurück, umarmte die Schwester und küßte sie mehrmals auf den Mund. „Leb' wohl, Hausmütterlein, und — drück' mir heute abend beide Daumen." Das letzte klang heiter, und lächelnd nickte sie der Schwester noch einmal zu, die gern noch einige Fragen an sie gerichtet hätte und der eilig Davonstürmenden besorgt nachsah. „Was hat sie nur?" dachte sie bei sich, zum Kaffeetisch zurückkehrend. Von der Veranda aus hatte der Leutnant kopfschüttelnd die kleine Szene beobachtet, und als nun Elfriede so betreten zurückkehrte, fragte er: „Was gab es denn wieder? Fräulein Jutta war ja heute wieder einmal höchst sonderbar." „So ist sie jetzt immer," klagte Elfriede. „Ich glaube, sie überanstrengt sich, und dieses ewige Hin und Her läßt sie gar nicht mehr zur Ruhe kommen. Aber sie läßt sich ja nichts sagen, nimmt keinen guten Rat schlag an." ,,S' ist eben ein verwöhntes Prinzeßchen mit sehr stark ausgeprägtem Eigenwillen," seufzte die Iustizrätin, ihr Strickzeug zusammenrollend und sich im geheimen segnend, daß ihres Sohnes Wahl nicht auf Jutta ge fallen war. „Kommst du mit in den Garten? Wir wollen die letzte» Johannisbeeren pflücken," sagte sie aufstehend. „Du könntest dich dabei nützlich machen." „Ein andermal gern," sagte Werner, sich eine Zigarette ansteckend. „Aber heute habe ich Wichtigeres zu tun." „Soooo? Und das wäre?" „Nur nicht examinieren, Muttchen! Du weißt schon, das verträgt der große Junge schlecht!" Elfriede mußte lächeln. Just dasselbe, was Jutta vorhin gesagt hatte. Aber ach, in welch anderer Weise war es hier gesagt worden. Die Justizrätin drohte dem Sohne mit dem Finger. „Warte, du Schlingel! Du wirst schon noch parieren lernen müssen, nicht wahr, Elfchen?" „Ich sehe dem Ereignis mit Würde entgegen," lachte er, sich scherzhaft tief verbeugend. Dann zog er die Uhr. „O weh, halb zehn Uhr! Und ich muß mich noch in Wichs werfen, kann doch so — er zeigte auf seinen leichten Flanellanzug — nicht zu einem Rendezvous gehen." „Wird was Rares sein!" spottete die Mutter. „Oho, wenn du nur wüßtest, mit wem ich mich treffen will, keinen ruhigen Moment hättest du mehr, und erst Fräulein Elfriede na, ich will nichts mehr sagen! Aoow, meine namen, aus em rea-l frohes Wiedersehen!" Seine Sportmütze schwenkend, verschwand er in der Haustüre und die beiden zurückbleibenden Damen hörten ihn in großen Sätzen die Treppe hinaufspringen, dabei lustig pfeifend. „Krank ist der nicht mehr, Gott sei gelobt und ge dankt dafür," sagte die Rätin und die Freude lachte ihr nur so aus den Augen dabei. „Kommen Sie, Kindchen, mir schwant etwas von einer großen Ueber- raschung. Den ganzen Morgen haben mir schon die Ohren geklungen, wie nicht recht gescheit, und da passiert immer etwas, das kenn' ich schon. Gebe Gott, daß es etwas Gutes ist." Mit großen, blauen Küchenschürzcn angetan und Korbschwingen am Arme, begaben sich die beiden Damen in den Hinteren Teil des Gartens, um die Johannis beersträucher zu plündern. Der Leutnant hatte indessen seine Toilette beendet und schritt dem Kurhause zu. Dort weilte seit einigen Tagen ein berühmter Lungenspezialarzt aus Straß burg, als Gast seiner Schwester, einer Offiziersfrau aus der Residenz, die den ganzen Sommer in Martinstal zuzubringen pflegte und eine gute Bekannte des Leut nants war. Durch ihre Vermittlung hatte der Professor sich zu einer Konsultation verstanden, obgleich er sonst in seinen kurzen Urlaubstagen auf derartiges nicht ein ging. Klopfenden Herzens ließ sich Werkmeister bei dem Gestrengen melden, der nach sehr eingehender Untersuchung erklärte, daß der Leutnant unbesorgt seinen Dienst wieder aufnehmen könne und ohne Sorge der Zukunft entgegensetzen dürfe. Er erklärte ihn für völlig geheilt und seiner ganzen Konstitution nach für alles andere, als einen Schwindsuchtskandidaten. Er solle sich derartige hypochondrische Gedanken aus dem Sinne schlagen. „Und nun, lieber Freund," setzte er hinzu, den stürmischen Dankerguß des hochbeglückten jungen Mannes unterbrechend, „folgen Sie mir zu meiner Schwester, die brennend neugierig auf das Resultat wartet und ein kleines Frühstück für uns bereit hält." Werkmeister wäre natürlich lieber sofort mit der Freudenbotschaft nach Hause geeilt, mußte aber unter den obwaltenden Umständen der Einladung folgen und wurde aufs liebenswürdigste von seiner Gönnerin, der Majorin Bienwald begrüßt. Sie mar eine kleine, korpulente und riesig lebhafte Dame mit scharfen, Hellen Augen, die den Leuten gleich auf den Grund der Seele zu sehen schienen. „Daß ich gratulieren kann/ sehe ich schon an der beglückten Miene meines jungen Freundes und dem Schmunzeln meines bärbeißigen Bruders," rief sie, dem Leutnant herzlich beide Hände entgegenstreckend. Sich tief verneigend, führte er sie jede einzeln ehr furchtsvoll und dankbar zugleich an seine Lippen und ließ sich von der liebenswürdigen Frau an den ein ladend gedeckten Frühstückstisch ziehen, wo man Platz nahm und ein Glas Portwein auf das Wohl des Ge nesenen trank. „Und nun geht's wohl mit vollen Segeln in den Hafen der Ehe?" fragte die Majorin schelmisch. Werkmeister errötete: „O gnädige Frau, Ihrem Scharfblick entgeht doch nichts!" „Sicher nicht l" lachte sie. „Doch hierbei war wirk lich kein besonderer Scharfblick nötig. Wer Sie neulich im Konzert neben der kleinen Rhode sah und Ihre gänzliche Unempfindlichkeit gegen die bildschöne Schwester bemerkte, mußte doch fühlen, wie die Sachen standen. Und ich gratuliere Ihnen aus aufrichtigem Herzen zu dieser Wahl, während ich im anderen Falle, — ich darf doch sagen, wie ich denke ?" (Fortsetzung folgt.) Borschutzverein zu Dippoldiswalde. — Herrengasse 47. — (Kassierer: Herr Georg Willkomm.) Täglich (mit Ausnahme des Sonntags) oo^ vormittags 8 bi« 12 Uhr und nachmittag» von 2 bi» 5 Uhr.) Geschmackvolle Rechnungs- Md Mitteilungsformulare fertigt die Buchdruckerei von Earl Jehne. Letzte Nachrichten. Berlin. Ein Kompromiß in Sachen der Reichsfinanz reform wird dahin angestrebt, als Ersatz für die von der Regierung abgelehnten Kotierungs-, Mühlenumsatz- und Kohlensteuern solche gelten zu lassen, die die Börse be lasten: Dividenden-, Effekten-, Immobilien-, Umsatzsteuer. Der Vorstand des konservativen Vereins Groß-Lichterselve- Berlin sagte sich von der Parteileitung los wegen der Haltung derselben in der Frage der Erbschaftssteuer. Berlin. Fürst Eulenburg ist gestern Abend l l Uhr mit seiner Frau, dem Haushofmeister und der Dienerschaft hier eingetrofsen und hat seine hiesige Wohnung bezogen. Er bleibt hier, um den Prozeß gegen sich abzuwarten. Sein Befinden scheint gut zu sein. Mittel-Biberach, 30. Juni, 6 Uhr früh. Das Luft- schiff liegt noch fest verankert auf seinem Platze, ist jedoch zur sofortigen Weiterfahrt bereit. Major Sperling war stets am Platze und ruhte zeitweise in einer der Gondeln. Die Truppen haben sehr unter der Kälte zu leiden, um somehr als kein Wachtfeuer zu erhalten war wegen des schlechten Wetters; sie bezogen abwechselnd Quartier in einer nahen Mühle und einer Ziegelei. London. Frugattes machten einen Versuch, in das Parlament einzudringen und den Premierminister zu sprechen, der sich geweigert hatte, sie zu empfangen. Das führte zu Skandalszenen auf dem Hose und in der Um gebung des Parlamentsgebäudes. Um 10 Uhr abends dauerten diese Ruhestörungen noch fort, trotzdem 180 Frugattes verhaftet worden waren. In der Admiralität wurden zahlreiche Fensterscheiben eingeworfen. Zur Auf rechterhaltung der Ordnung wurden 1500 Polizisten auf geboten. Petersburg. Es gilt für wahrscheinlich, daß die Kaiserin ihren Gemahl auf der Reise nach Frankreich und England nicht begleiten wird. ^üvklrger» Klsvienslirnrnsn, ausgebildet in der Kgl. Blindenanstalt zu Chemnitz, kommt Uolltae, üsn 5. 6uU, nach Dippoldiswalde und empsiehlt sich einem geneigten Publikum. Werte Adressen wolle man gütigst niederlegen Itinvk- gssss 15. Johannes Scheibe, Nieder- lößnitz, Borstraße 55. Linv Msgvnkspssl aus Messing ist in der Nähe Schmiedebergs verloren worden. Bitte gegen Belohnung abzugeben bei Paul Lotze, Schmiedeberg. MckllMMck Stuben, Küche, reich!. Zu- LvIWlttttz, behör, Gartengenuß, l. Okt. zu beziehen Muhlstratze 291. MMr. Aist ein Wm Mn aümM zu »mietm. Wmg, 1. ßtU, bis 300 Mark mit Veranda ver l. Oktober zu vermieten. Llott, Baumeister. MM I. April n. I. frcnnWe smist Wohnung in !. Etage von älterem Ehepaar gosuodt. 5—6 Zimmer, Mädchenkammer rc, Garten benutzung. Osferten mit Preis unter L 881 an Haassnstein L Bögler A.-G. Dresden. 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