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MHeritz-Ztitung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 78. Jahrgang Dienstag, den 11. Mai 1909 Nr. 53 Drucksachen für Gemeindebehörden fertigt Buchdruckerei Carl Jehne. Die städtische Forstverwaltung. Die Unterstützungen an die Zweigoereine 5329 Mark. wird nach der Rückkehr aus in Sybillenort verweilen und zur Besichtigung des Ulanen- 1 wählt. Dresden. Der König Tarvis bis zum 19. Mai am 25. Mai in Chemnitz regiments eintreffen. — Die sächsische Staatsregierung wird die im letzten Landtage liegen gebliebene Kirchen- und Schulsteuer gesetzesvorlage nicht, wie vielfach angenommen wurde, mit der großen Gemeindesteuerreform verschmelzen, sondern sie im kommenden Landtage ganz in der alten Fassung wieder einbringen. Das Gesetzgebungswerk, das aus einem Kirchensteuergesetze, einem Kirchengesetze über den Haus halt der evang.-Iuth. Kirchengemeinden und einem Schul- steuergesege besteht, erstrebt bekanntlich dringend notwendige Reformen durch Trennung der Kirchenlasten von den Schullasten, durch Aufhebung der Besteuerung des Grund besitzes Andersgläubiger durch die Mehrheitsgemeinden, durch Beseitigung des Patronats Andersgläubiger, durch Auflassung veralteter kirchlicher Leistungen u. a. m. — Der Mühlenbauanstalt und Maschinenfabrik vor mals Gebr. Seck, Dresden, ist auf der Ersten Allrussischen Müilereiausstellung in Petersburg die höchste Auszeichnung, die große goldene Medaille, für hervorragende Leistungen verleihen worden. Aus dem Erzgebirge. Der Erzgebirgsverein hatte im vorigen Jahre 12247 zahlende Mitglieder. Die Lin- nähme und die Ausgabe betrugen je 14818 Mark. Das Bereinsblatt „Glückauf!" erforderte einen Zuschuß von meistbietend versteigert werden. Dippoldiswalde, den 10. Mai 1909. bestanden in 1325 Mark, die Wegemarkierung erforderte 379 Mark. Für dos Erzgebirgsmuseum und für ver schiedene Vereine wurden 741 Mark aufgewendet, für Drucksachen -c. 640 Mark. In der Aurkunfisstell« in Berlin kamen große Winterbilder zur Ausstellung. Das Fichtelberghaus hatte eine Einnahme von 30 147 Mark und eine Ausgabe von 30110 Mark. Der Verkauf von Postkarten ergab eine Bruttoeinnahme von 4639 Mark (54805 Stück) und der von Turmkarten 1975 Mark (15700 Stück). Die Ausgaben für den Umbau des Wirt schaftsgebäudes rc. bestanden in 14 006 Mark. Das Auers berghaus hatte eine Einnahme von 25 878 Mark und eine Ausgabe von 24126 Mark. Der Verkauf von Postkarten (39 755 Stück) brachte als Bruttoeinnahme 3592 Mark und der von Turmkarten (15 281 Stück) 1831 Mark. Die meisten Ausgaben bezogen sich auf den Bau des Hauses. An Schenkungen Isind einschließlich der Beiträge aus der Hauptkasse 15 006 Mark eingegangen. Für beide Unter kunftshäuser sind in diesem Jahre größere Tilgungen vor gesehen. Meißen. Größere Ausgrabungen von menschlichen Ueberresten erfolgten in den letzten Tagen in dem Vereins- grundstück des Turnvereins „Frisch auf" am Jüdenberge bei den Erweiterungsbauten des Spielplatzes. Es fanden sich menschliche Skelette in großer Anzahl und zum Teil sehr gut erhalten. Die Art und Weise, wie dieselben nebeneinander liegen, und der Umstand, daß der Boden eine weiße Kalkschicht aufweist, läßt auf Massengräber aus irgend einem Kriegs- oder Epidemiejahre unserer Stadt schließen. Döbeln. Die Firma Ernst Thalheim, Engrosschlächterei und Wurstfabrikation in Kleinbauchlitz, schlachtete am Montag ein Prachtstück von einem Mastochsen, 24 Zentner schwer. Der Mastochse ist auf der vor einigen Tagen statt gefundenen Berliner Mastvieh-Ausstellung erworben worden. Kamenz. Zur Reichsfinanzreform erläßt Realschullehrer Or. Reichel hier im K. Tageblatt folgende Erklärung: „Da sich die berufenen Vertreter nicht einigen können, in welcher Form das viele vorhandene Geld an die schmählich leere Reichskasie abzuführen ist, so sende ich kurzerhand einen mir entsprechend scheinenden Betrag von 5 Mark für das Jahr 1909 an das Reichsschatzamt ein und fordere dazu auf, diesem Beispiel zu folgen." Unter Hinweis auf diese Anregung zur augenblicklichen Befreiung des Reiches aus seinen Geldnöten erösfnet gleichzeitig das hiesige Tageblatt eine Annahmestelle für derartige freiwillige Beiträge. Leipzig. Aus Anlaß der Jubelfeier des 75jährigen Bestehens der Petrischule (Realgymnasium) überreichte bei dem Festaktus Herr Stadtverordnetenvizevorsteher Bau rat Enke im Namen des Ausschusses ehemaliger Schüler eine Stiftung der ehemaligen Schüler, deren Zinsen als Ergänzung der jetzt bestehenden zu Stipendien für Abiturienten verwendet werden sollen. Die Stiftung, die bis jetzt 10000 Mark beträgt, soll noch erweitert werden. Die Vereinigung ehemaliger Abiturienten des Realgymna siums überwies der Schule als Geschenk fünf große bunte Fenster für die Aula, entworfen vom Regierungsbaumeister Trunkel, und die jetzigen Schüler überreichten eine neue Schulfahne. Das Lehrerkollegium stiftete zur Erinnerung ein vom Bildhauer Trebst entworfenes Bronzerelief des Rektors Giesel. Noch verschiedene andere reiche Gaben wurden der Anstalt zuteil. Leipzig. Die Einführung des obligatorischen Fort- bildungsscyulunteriichts für weibliche Angestellte wurde im Stadtverordnetenkollegium mit 31 gegen 29 Stimmen ab gelehnt. Chemnitz. Dem „Chemn. Tagebl." zufolge haben zwischen Vertretern der Stadt Chemnitz und des Vororts Helbersdorf vor der König!. Amtshauptmannschaft Ver handlungen über die Frage der Einverleibung statt- gefunden. Die Verhandlungen, die durch den vor kurzem seitens der Stadt Chemnitz bewirkten Helbersdorfer Grund erwerb gefördert wurden, führten zur Annahme eines Ver trages, nach dem die Einverleibung, die Genehmigung der städtischen Kollegien und der oberen Behörde vorausgesetzt, am 1. Oktober d. I. erfolgen soll. Planitz. Frau v. Arnim auf Schloß Planitz hat ent sprechend dem Wunsche ihre« verstorbenen Gemahls. KammerHerrn Alexander o. Arnim, allen ehemaligen und lerzeitigen Arbeitern und Arbeiterinnen der Gutsherrschast e nach der Dauer ihrer Dienst- und Arbeitszeit bei der Gutsherrschaft Ehrengeschenke bis zu je 500 Mark ge- währt. Diphtherieserum mit der Kontrollnummer 232 (geschrieben zweihundertzweiunddrei^ aus der Fabrik oorm. E. Schering in Berlin ist wegen bleibender Trübung zur Einziehung bestimmt worden. Dresden, den 7. Mai lyW. Ministerium des Innern. Nutzholz - Versteigerung Donnerstag, den 13. Mai, vormittag» >/2l1 Ahr, sollen im Bahnhotel die im städtischen Forstrevier, Abt. 1 und 4 aufbereiteten Nutzhölzer: 40S 10—2S cm 14 Ki«kvnn»*3mmv 1V—2S cm IVIi«vn»*3i»Kv, S2 S—2S cm 0k«i»»13nK«, S7 Kivkvi-nlelüt-vn S—2S cm sowie einige Posten Derbstangen unter den im Termin bekannt zu gebenden Bedingungen Der Traum von der neuen Türkei. Während in Konstantinopel täglich eine Anzahl Hin richtungen von solchen Personen stattfindcn, welche die letzte Revolution in der Türkei in erster Linie verschuldet haben, und während zugleich die Jungtürken eine ganze Anzahl Gewaltmaßregeln anwenden, um ihre Regierung in der Türkei zu befestigen, zu welchen Maßregeln auch die Unterdrückung der früher den Jungtürken feindlich ge sinnten Zeitungen gehört, schwärmen manche Leute in Europa und wohl auch im Orient von der neuen Türkei, und man tut so aus, als wenn die Jungtürken für die Türkei, die solange unter der Tyrannei geschmachtet hat, nun eine Aera des Friedens, der Freiheit und des Fort schrittes sicher herbeiführen wird. Gönnen möchte man ohne Zweifel der armseligen Türkei und den geknechteten Völkerschaften in ihren Ländern Frieden und Freiheit, Ruhe und Ordnung für eine allgemeine Wohlfahrtsent- wickelung, aber diese ganze Hoffnung wird wohl ein schöner Traum bleiben, da die Verhältnisse in der Türkei so enorm schwierig liegen, wie in keinem anderen Staats wesen der Welt. Zunächst muß den Schwärmern für die neue angeblich schon reformierte Türkei in Erinnerung ge- bracht werden, daß es in der Türkei überhaupt keine den Staat bildende Nation gibt, denn die Türken sind in der europäischen wie auch in der asiatischen Türkei nur ein Bruchteil der Bevölkerung und die meisten Einwohner sind keine Türken, sondern sie sind ganz anderen Stammes und gehören auch vielfach anderen Religionen an. Es sind also so große Gegensätze in der Türkei vorhanden, daß für die Bevölkerung gar keine gemeinsame nationale Grundlage gesunden werden kann. Dazu kommt, daß zwar das Alttürkentum politisch ganz abgewirtschaftet hat, daß aber Ler in allen Türken noch vorhandene mohammedanische Glaubenfanatismus so groß ist, daß die Türken im Grunde ihres Herzens alle in ihrem Lande wohnenden Ungläubigen, daß sind die Christen und Juden, tödlich hassen, und nur unter dem Drucke der Großmächte und der türkischen Polizei von Angrifsen auf die Un gläubigen abgehelten werden. Es ist ferner eine Tatsache, daß das wirtschaftliche Leben in der Türkei, was die Landwirtschaft, die Industrie und den Verkehr anbetrifft, sich in einem verwahrlosten Zustande befindet, und daß die Finanzen der Türkei zerrüttet sind. Wie soll unter diesem Umstande sich aus der Türkei ein neues gesundes Staatswesen entwickeln! Leute, die das glauben, verstehen von der Bildung eines nationalen großen Staatswesens rein gar nichts, denn überall hat die Weltgeschichte be wiesen, daß sich starke Nationalitäten nur nach langer zielbewußter Arbeit, die vor allen Dingen auch ihr wirt- schastliches Leben zur Blüte und zur Krastentfaltung brachte, entwickeln konnten, und dafür fehlen in der Türkei alle Bedingungen. Nun wird man allerdings sagen können: Na, da sehe doch nun die Jungtürken an, was die für ihr Land vollbracht haben! Da muß man aber doch bedenken, daß die Jungtürken allerdings hochgebildete, von europäischem Geiste beseelte Leute sind, welche ihre Politik nur mit dem Heere treiben und mit Heeresmacht ihren Willen durchgesetzt haben, und es wird der Fluch des Jungtürkentums auch werden, daß sie die Politik in das Heer der Türkei gebracht haben, denn jeder tollkühne türkische General kann jetzt mit zwanzigtausend Türken die Regierung stürzen und da» von den Jungtürken ge- stürzte Regiment des alten Sultans ist in den Händen des neuen Sultan» doch nur ein Geschenk aus den Händen der jungtürkischen Militärpartei, also bedeutet das Regiment de» neuen Sultans Mohammed V. nur eine Schattenregierung Die Türkei als solche ist als Staatswesen in Europa nicht zu retten, weil sie wegen der Gegensätze in ihrer Bevölke. rung nach Abstammung, Religion, Sitte und Sprach« kein nationale» Reformwerk einheitlich durchsetzen kann, und das Jungtürkentum ist nur ein Meteor von vorüber- gehender Leuchtkraft, aber keine politische Sonne, an der sich das Türkentum wirklich als Staat erneuern kann. Man wird es ja erleben, wie die Gegensätze in der Türkei weiterwirken und wie die Unruhen im Orient nicht auf hören werden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am Sonntag den 9. Mai ist in der Zeit von 1/24 bis 1/29 Uhr nachmittags, im Chokoladen- geschäft von Selbmann in der Badergasle, aus der Laden kasse ein Geldbetrag verdachtlos gestohlen worden. Der oder die Täter haben die Vorsaaltür mittels Nachschlüssels oder Dietrichen geöffnet und sind durch dieselbe nach der Wohnung und dann nach dem Laden gelangt. Vermut lich ist der Diebstahl von zwei besser gekleideten Handwerks burschen — der eine klein und dick, der andere hager und lang — ausgeführt worden. Kreischa. Das seit 1839 bestehende Sanatorium Kreischa bei Dresden ist durch Kauf in den Besitz des bisherigen Oberarztes der Anstalt, vr. Krapf, übergegangen. Der seitherige Besitzer, Sanitätsrat vr. Bartels, gedenkt sich am l. Oktober d. I. zurückzuziehen, wird aber auch fernerhin der Anstalt als konsultierender Arzt angehören. Kipsdorf. Zum Gemeindevorstand des hiesigen Ortes erwählte der Gemeinderat den Eemeindevorstand Mehl horn aus Auerswalde bei Chemnitz. Fürstenwalde. Vom hiesigen Kirchenvorstand wurde der Hilfsgeistliche Zabel in Neuhausen einstimmig zum Pfarrer der Parochien Fürstenwalde und Fürstenau ge Dk. Wtlßeritz-Zeiwng' «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- tag und Sonnabend und wwd anden oorhergehen- denMenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- Kalten, Postboten, sowie ,nsereAusträger nehmen Bestellungen an. Gesperrt wird für den 12. dieses Monats unter Verweisung des Verkehrs über Wahlsmühle bez. über Hennersdorf die Saubachstratze innerhalb des Gemeindebezirks Niederpöbel und des Königlichen Staatsforstreviers Bärenfels. 604 ä. Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 10. Mai 1909. Inserate werden mit 1s Pfg., solche aus unsere» Amtshauptmannschaft mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. Eingesandt, im redaktionellen Teile, die Spaltenzeile 30 Pfg. Amtsötatt für die Königliche Amtshaupünannlchafi, das Königliche Amtsgericht nnd dm Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtfchastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle »md an bestimmten Tagen wird keine Garantie übermnnmen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jelpke. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde.