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WeWtz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 78. Jahrgang. Donnerstag, den 18. März 1SVS. Nr. 31. Amtskkatt für die Königliche Amtshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mtt achtfettigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehnr in Dippoldiswalde. Inserate werden mit I; Pfg., solch« aus unserer Amtshauptmuimschast mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Naum berech net. Bekanntmachungen aus der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische nnd komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf- Ichlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, die Epaltenzeile 30 Psg. Die »WeiPeritz'Zeltun«' erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergeben- venAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. SS Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern ,0 Pfg. — Alle Postan- Mllen, Postboten, sowie unsereAusträgernehmen Bestellungen an. D NMHiUüüe im Sitzungszimmer^de^R^ Di?TagOo'^ Rathause aus. Die Notwendigkeit des Znriickgreifens ans das NachlaMenerprojekt. Da an ein Zustandekommen der Besitzsteuer wegen des Widerspruches der meisten Bundesstaaten nicht zu denken Ist und kein Mensch weih, was für eine neue Steuer an di« Stelle der gescheiterten Besitzsteuer treten soll, so mutz für alle einsichtigen Politiker es allmählich einleuchtend werden, daß auf das Nachlaßsteuerprojekt zurückgegrisfen werden muh. Bekanntlich ist das erste Nachlahsteuerprojekt an dem Widerspruche der Konservativen und des Bundes der Landwirte gescheitert, weil man in diesen Kreisen in der Nachlahsteuer einen tiefen E ngriff in die landwirt schaftlichen Erbgebräuche erblickt, auch hat man an der Nachlahsteuer getadelt, dah bei häufigen Todesfällen eine Familie und deren Nachkommen zu ost diese Nachlahsteuer bezahlen mühten. Aber diese Vorwürfe gegen die Nach- kahsteuer können doch dadurch beschwichtigt werden, dah man der Nachlahsteuer eine für die landwirtschaftlichen Verhältnisse besser passende Form gibt. Auch kann ja ein Paragraph der Nachlahsteuer die Bestimmung enthalten, dah sich die Nachlahsteuer in den Fällen auf die Hälfte ermäßigt, wenn von der betreffenden landwirtschaftlichen Erbschaft erst vor fünf Jahren oder vor noch kürzerer Zeit «ine Nachlahsteuer bezahlt worden ist. Um den Mittel stand durch die Nachlahsteuer nicht zu sehr zu belasten, können ja auch alle Erbschaften unter 50000 M. von der Nachlahsteuer befreit werden. Bei der Beurteilung der Nachlahsteuer muh doch auch mit der Tatsache gerechnet werden, dah nur etwa 20 Prozent der Einwohner des Deutschen Reiches wirklich ansehnliches Vermögen besitzen, und dah 80 Prozent der Bevölkerung so gut wie kein Vermögen besitzen, also nur von ihrem Gehalte oder Lohne leben. Diese Tatsache hat die Nachlahsteuer in weiten Volkslreisen sehr populär gemacht, denn in dieser Steuer erblickt man tatsächlich eine Steuerform, welche nur die besitzenden Klassen trifft, würde also die Nachlahsteuer ein geführt, so wäre damit auch die Erreichung der ganzen Finanzreform durch Einführung neuer indirekter Steuern wesentlich erleichtert, denn sicher wird die starke Opposition gegen neue indirekte Steuern nachlassen, wenn die Nach- lahsteuer erst Gesetz geworden wäre. Die Blockparteien im Reichstage würden sich daher ein grohes Verdienst um das Zustandekommen der Reichsfinanzreform erwerben, wenn sie das Zustandekommen einer wesentlich veränderten Nachlahsteuer durchsetzten. Das Haupthindernis bei einem Plane der Einführung der veränderten Nachlahsteuer sind immer noch die konservativen Parteien des Reichstages, aber man muh jetzt beobachten, dah sich auch in konser vativen Kreisen Stimmen für die Möglichkeit der Ein führung einer Nachlahsteuer erheben, besonders ist der konservative „Reichsbote" wiederholt in großen Artikeln für die Einführung einer Nachlahsteuer in veränderter Form eingetreten. Auch in den Kreisen der Wirtschaflsreformer ist man der Einführung einer iNachlahsteuer nicht abge neigt, wenn der betreffende Steuerplan eine wünschens werte Abänderung erfährt^ Bei der Beurteilung dieser ganzen Frage darf man doch aber nicht vergessen, dah ursprünglich das Nachlahsteuerprojekt eine Hauptvorlage der Regierung für die gesamte Reichsfinanzreform ge wesen ist. Um nun in der Reichsfinanzreform überhaupt vorwärts zu kommen, bleibt da wohl nichts anderes übrig, als dah die Blockparteien die Regierungen ausfordern, eine neue annehmbare Vorlage für die Nachlahsteuer zu schaffen. Das Zustandekommen dieser Steuer wäre wirklich eine nationale und eine populäre Tat gegenüber dem Fiasko, welches leider bis jetzt mit der ganzen Reichssinanzresorm gemacht worden ist. Man darf auch annehmen, dah auch in einer veränderten Form die Nachlahsteuer im ganzen Deutschen Reiche etwa 100 Millionen Mark jährlich ein bringen kann und mit der Erreichung eines solchen Zieles wäre nicht nur ein Grundstein für die Reichsfinanzreform geschaffen, sondern auch eine Erhöhung der Matrikular- beiträge vermieden, die in allen Bundesstaaten sehr übel empfunden werden würde. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nur wenige Tage trennen uns noch vom kalendermähigen Beginn des Frühlings. Aller dings ist in der Natur selbst davon nicht das geringste zu spüren, denn in fast jeder Nacht wird uns eine neue, wenn auch oerhältnismähig geringe Auflage von Schnee darge bracht, die gewöhnlich im Lause des Tages wieder zu Walser wird und nicht geeignet ist, die Verfassung der Wege und Stege zu verbessern. Trotz des Tauwetters aber sind die Fluhläufe noch ziemlich leer und die alte Regel: Groher Schnee, kleines Wasser findet ihre erneute Bestätigung. — Am letzten Sonnabend hielt der Verein „Glück zu" im Hotel Stadt Dresden feinen Abschiedskommers ab, zu dem er eine gröhere Zahl von Bürgern hiesiger Stadt begrüßen konnte. Unter der Leitung seines neuen Präsiden, Herrn Wilde, nahm der Kommers einen recht schönen, feuchtfröhlichen Verlauf. — Der hiesige Ortsoerband des Deutschen Flotten vereins veranstaltete am Montag abend im „Stern" hier einen Vortragsabend, zu dem Herr Korvettenkapitän a. D. Jakobs als Redner gewonnen worden war. Das Thema lautete: Die Kreuzerfrage mit einem Anhänge Marine und Luftschiff. In klaren, wohl allen Anwesenden verständ lichen Worten besprach der Herr Redner die Aufgaben unserer Kreuzer in Kriegs- und Friedenszeiten. Die Kreuzer- slotte sei die Kavallerie, die Ausklärungstruppe der Schlacht flotte. Sie müsse letztere vor einem überraschenden feind- lichen Angriffe schützen, Lage, Stärke, Fahrtrichtung der feindlichen Flotte ergründen und daher mit großen Fahrt- geschwindigkeilen und vor allem auch starker Bestückung ausgerüstet sein, um den Angriff feindlicher Kreuzer aus zuhalten. Nun besitze Msere Flotte 14 große Kreuzer, eine ganz geringe Zahl im Verhältnis zu anderen Marinen, und 6 davon seien fast ungepanzert. Diese sechs möglichst bald durch vollwertige, kampfkräftige Panzerkreuzer noch vor Ablauf ihrer durch das Flottengesetz bestimmten Dienst zeit (1015 — 1020) zu ersetzen sei der Wunsch und über die Notwendigkeit dieses baldigen Ersatzes aufzuklären, das nächste Ziel des Flottenoereins. Wohl könne eine gute Führung und eine gut geschulte Mannschaft vieles aus richten, aber cs sei einer so großen Nation wie des Deutschen Reiches unwürdig, seine braven blauen Jungen im Kriegsfälle auf solchen ungepanzerten Schiffen nutzlos zu opfern. Aber auch in Friedenszeiten falle den Kreuzern eine hohe und schöne Aufgabe zu. Sie seien dazu be stimmt, unsern ausgebreiteten Handel zu schützen, ja neue Verbindungen in die Wege zu leiten. Wie aber könne dies eine kleine Kreuzerflotte tun, deren Schiffe obendrein noch in der Hauptzahl in den heimischen Gewässern ge braucht würden. Wir besäßen die zweitgrößte Handels- flotte der Welt, der Schutz derselben stände allen anderen Großmächten nach. Nun setze man jetzt, und damit kam der Herr Vortragende zum zweiten Teile, große Hoff nung auf die Lustkreuzer. Aber ganz abgesehen davon, daß andere Nationen uns auch hierin nicht zu weit nach ständen, könnte diese Masse doch zunächst nur auf einem beschränkten Raum, nicht zu weit von der Küste entfernt, auch nur bei klarem Welter gebraucht werden. Ein Luft- kreuzer sei freier wie ein von der Flotte mitgeführter Fessel ballon, verrate nicht wie jene die Stellung der eigenen Flotte, sei aber bei plötzlich ausbrechendem Sturm und Nebel oder Maschinendefekten großen Gefahren ausgesetzt. Darum eine baldige Verstärkung unserer Kreuzerslotte durch schnellen Ersatz der sechs fast ungepanzerten großen Kreuzer. An der Hand von Lichtbildern gab Herr Korvettenkapitän Jakobs zum Schluß noch weitere Erklärungen. Sehr interessant waren den Anwesenden sicher die Bilder von den Aeroplanen der Gebrüder Wright und von den lenk baren Luftschiffen fremder Nationen. Spaß bereitete allen auch die Ansicht eines chinesischen lenkbaren Luftschiffes, das mit Rädern, Windfahne und Windmessern ausgerüstet war, wohl aber schwerlich einen Aufstieg unternommen hat. — Am Montag, 20. März, finden die so beliebten kinematographischen Vorführungen des Flottenvereins statt. Einer Schülervorstellung um >/2 5 Uhr folgt um 8 Uhr eine solche für Erwachsene. Erstmalig wird hierbei Begleit musik aurgesührt werden. — Das IV. Abonementskonzert der Stadtkapelle, das am Dienstag in der Reichskrone stattfand, reihte sich mit der O-ckur-Sinfonie von Haydn, sowie den übrigen Nummern würdig an die vorhergehenden an. Auch die Piston-Virtuosin Fräulein Branden-Berlin trug durch den angenehmen Schmelz ihres Instruments wesentlich zum schönen Gelingen bei. Der Konzerlsaal war erfreulicher weise dicht besetzt. — Nächsten Montag, 22. d. M, wird Herr Musikdirektor Jahn im Schützenhaus mit seiner Kapelle eine öffentliche Prüfungsausführung für die aus- gelernten Musikschüler veranstalten. Dabei wird jeder von diesen auf seinem Hauptinstrument einen Solooortrag dar bieten. — Rechtzeitig für Ostern inserieren! Der rührige Geschäftsmann wird jetzt an die Frühjahrsreklame denken. Ostern fällt in diesem Jahre früher als sonst (11. und 12. April) und zur Konfirmation (Palmarum, 4. April) sind in Hunderten von Familien zahlreiche Waren, Ge brauchsgegenstände und Geschenkartikel nötig. Alle hierbei in Betracht kommenden Geschäfte müssen beizeiten deren öffentliche Ankündigung bewirken, wenn sie auf einen flotten Umsatz rechnen wollen. Dasselbe ist bezüglich aller für die Frühjahrssaifon in Frage kommenden Artikel der Fall. Hierzu empfehlen wir unser in Stadt und Land weitoer- breitetes Blatt. Dorf Barenstein. Am Sonntag versammelten sich die Mitglieder der hiesigen Jagdgenosfenschaft in Büttners Gasthof zu einem Ball, der ihnen von ihrem Jagdpächter gegeben wurde. In fröhlichster Stimmung verliefen die schönen Stunden nur allzuschnell, und erst in früher Morgenstunde verließen die letzten Teilnehmer die gastliche Stätte. Bärenstein. Der vom evangelischen Bund, Zweig verein Oberes Müglitztal, am letzten Sonntag hier veran staltete Familienabend war unter Einrechnung der Schul kinder und der Mitglieder des Jünglingsvereins von etwa 60 Personen besucht. Dieser schwache Besuch ist, wenn vielleicht auch in geringem Maße andere gleichzeitige Ver anstaltungen in Frage kommen, wohl zum größten Teile mangelndem Interesse zuzuschreiben, da sich sonst trotzdem eine weit größere Zahl voü Hörern hätte zusammensinden können und müssen. Herr Oberpfarrer Baltzer-Dohna sprach über „Erinnerungen an die Tagung des Evan gelischen Bundes in Braunschweig". Liebstadt. Hier wurde am Sonntag in einer zahl reich besuchten Versammlung, in welcher Herr Rechtsan walt vr. Böhme Großröhrsdorf in einem meisterhaften Vortrage die geschichtliche Entstehung, das Programm und die Zukunft der konservativen Partei entwickelte, ein kon servativer Verein unter dem Vorsitz des Herrn Bürger- Meisters Meutzner gegründet, dem sofort 66 Mitglieder beitraten. Dresden. Das neue sächsische Wahlgesetz ist noch immer nicht amtlich veröffentlicht worden. Die Veröffent lichung im „Gesetz- und Verordnungsblatt" ist auch nicht vor April, möglicherweise aber auch erst im Mai dieses Jahres zu erwarten, da man im Ministerium des Innern noch an den Ausführungsbestimmungen arbeitet und diese gleich zusammen mit dem Gesetze selbst publizieren will. Auch herrscht in Regierungskreisen die Auffassung, eine Veröffentlichung des neuen Wahlgesetzes würde, wenn auch nicht rechtlich, so doch sachlich auf eine Auslösung der Zweiten Kammer hinauskommen. Dresden. Das neue Dresdner Rathaus ist im Rohbau soweit vollendet, daß bereits mit dem inneren Ausbau begonnen werden konnte. Die ursprünglich fest gesetzte Bauzeit von 5 Jahren wird infolge der energischen Förderungen der Arbeiten durch die Bauleitung bedeutend abgekürzt, so daß im Frühjahr des nächsten Jahres bereits einzelne Räume des neuen Rathauses bezogen werden können, während die offizielle Einweihungsfeier im darauf folgenden Sommer stattfinden wird. In dem ganzen Ge bäude sind jetzt die Jnstallationsarbeiten für die Heizung, Beleuchtung und Wasseranlagen begonnen worden und im Hauptaufgange, der jnach den Feßsälen führt, sieht man bereits die prachtvollen Marmoroerkleidungen ent- stehen, die allein einen Kostenaufwand von rund 10000O Mark verursachen. In den Wandelgängen des Erdge schosses fesseln besonders zahlreiche Medaillons mit Sinn bildern von Kunst und Wissenschaft und Handel und Industrie, und unter diesen Wandelgängen dehnt sich der Ratskeller mit seinen gewaltigen Gewölben, deren mächtig- Säulenschäfte reichen humoristischen Skulpturenschmuck auf weisen. Die Zugänge zum Ratskeller befinden sich in der