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October 1887. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 10. 745 mit Erz beanspruchen so viel Zeit wie 21/2 Chargen mit Schrott und 25 % Brennmaterial und Arbeitslöhne mehr. Die ökonomischen Resultate beider Verfahren wiederum sind abhängig vom Verhältnisse der Preise von Schrott, Roheisen und Erz zu einander bei den verschiedenen Martinwerken; es läfst sich deshalb auch für dieselben keine allgemeine gültige Regel aufstellen. Gleichwohl beginnt man auch auf den Werken, welchen reichlich Schrott zur Verfügung steht, immer mehr gegen Schlufs des Processes das Bad mittelst Erz fertig zu frischen, so, dafs man das selbe, nachdem der Kohlegehalt mit Schrott bis etwa 0,5% über den im Producte verlangten herabge bracht, nach Zusatz einiger Schaufeln Erz bis zum beabsichtigten Härtegrad herabkochen läfst. Man er hält dabei nicht allein ein gleichmäfsigeres und wär meres Product, sondern beschleunigt den Procefs auch mehr als beim Zusatz von Schrott. Dies scheint allerdings der vorher gemachten Zeitangabe zu widersprechen, es beruht aber einfach darauf, dafs eine Schrottcharge nur eine ganz schwache Schlackendecke giebt, die die volle Einwirkung des Erzzusatzes nicht hindert, wogegen beim reinen Erz- procefs die Charge so stark mit durch aus dem Ofen futter gelöster Kieselsäure saurer Schlacke bedeckt ist, dafs die zuletzt eingetragenen Erzsätze eine viel weniger frischende Wirkung üben, als wenn sie zu einem ver- hältnifsmäfsig schlackenfreien Bade kommen. Im Auslande wendet man jetzt zuweilen Chromerz als Futter von Martinöfen an und stampft, bezw. mauert Herd und Wände daraus auf. Dieses dürfte den Erz- procefs sehr begünstigen, weil dadurch Erzaufgang und Chargendauer sicher bedeutend verringert werden, denn das eingetragene Eisenerz hat dann nur noch die Kieseläure des Roheisens aufzunebmen. Was die durch die verschiedenen Methoden er langten Producte angeht, so erhält man beim Erz frischen ein weit wärmeres Metall, als beim reinen Schrottprocefs, sofern beide gleich sorgsam vollführt werden; aufserdem scheint der Erzprocefs meist ein gleichmäfsigeresProduct zu liefern. Dies erklärt sich durch die allen alten Martinschmelzern bekannte Thatsache, dafs, wenn man bei einer Schrottcharge bis zum Schlüsse Schrott zusetzt und das Bad nicht zuletzt noch eine Weile vor dem Abstich kochen läfst, alle zeit ein ungleichmäfsiges Product resultirl, bei dem die Schmiedeprobe einen sicheren Anhalt nicht ge währt. Beim Erzprocesse hingegen kocht das Bad von Anfang an nieder und mufs deshalb stets eine gleichmäfsige Waare liefern, was bei der theilweise auf Verdünnung begründeten Schrottmethode keines wegs in gleichem Grade der Fall ist. Im weiteren Verlaufe der Zusammenkunft wurde alsdann die Frage erörtert: Ist es geglückt, blasen freiere Blöcke herzustellen, und was mufs beim Gusse und sonst zur Erreichung dieses Zieles beob achtet werden? Auch hierzu äufserte sich Hr. Odels tj er na etwa folgendermafsen: Je wärmer der Gang im Martinofen, desto weniger Gase nimmt im allgemeinen das Bad auf und desto blasenfreier fallen die Blöcke. Dies erklärt sich da durch, dafs, wenn Niederschmelzen und Frischen bei hoher Temperatur sich vollziehen, ein ganz erheb- । lieber Theil des Kieselgehalts bis zum Schlüsse im Roh- | eisen bleibt. Oft wenn der Kieselgehalt des Roheisens | 1 % betrug, die Hitze während der Charge hoch und der Kohlegehalt 0,75 % oder mehr war, hatten die Blöcke nachder Erkaltung vollkommen dichten Bruch. Die Ana lyse wies bei Blöcken solcher Chargen 0,62 und 0,58% Kiesel nach; in ersterem Falle hätte der Kieselgehalt im Roheisen 1,75%, im letzteren 1,31% betragen. Bei einem Martinwerke war die Dauer der Chargen des einen Schmelzers lange Zeit hindurch 1 bis 1,5 Stunden kürzer als bei dem andern, weil er sowohl Einschmelzen wie Frischen bei möglichst niedriger Temperatur verlaufen liefs und erst gegen Ende der Charge die erreichbar höchste Hitze gab; der andere Schmelzer dagegen hielt permanent auf hohe Temperatur im Ofen. Die Chargen des ersteren lieferten dann auch immer sehr steigende Blöcke, weil die hohe Endtemperatur die vom Metalle aufge nommene Gasmenge nicht verminderte, sondern bei genügend «langer Dauer das Metall nur überwarm machte, so dafs es während der ersten 5 Minuten zwar in den Coquillen ruhig stand, dann aber um so schlimmer stieg. Bei niedrigen Härtegraden erhielt man denn stets hohle Blöcke, wogegen die Chargen des andern Schmelzers fast immer beim Giefsen ruhig blieben. Ein Kieselgehalt des Roheisens von 1 % und mehr für weiches Martinmetall und von 0,5 bis 0,75 % für hartes ist immer recht passend, denn man erhält dabei ein warmes Bad und kann mit hoher Temperatur arbeiten, ohne dafs Kiesel im Stahle zurückbleibt. Was weiter die Blasen der Blöcke angeht, so ist wohl nicht gerade der dichteste Stahl auch immer der beste, selbst wenn die Dichtigkeit nicht durch zurückgebliebenen Kiesel herbeigeführt wird; dichter Stahl wird beim Auswalzen durch ungleichen Druck in den Kalibern leichter zerstört als blasiger. Die Blasen dürfen freilich niemals oxydirt sein oder sich an der Oberfläche des Blockes befinden, denn in letzterem Falle entstehen Borste auf den ausgewalzten Stangen oder, wenn der Block auf Blech verarbeitet wird, Blatternarben. Bilden sich bei einem etwas zu heifsen Metalle Oberflächenblasen, so läfst man ein Product, welches beim Abstiche zu heifs war, eine Weile in der Pfanne abkühlen, bevor man zum Gusse schreitet. Findet sich anderseits bei der Probenahme gegen Schlufs des Processes, dafs das Bad so viele Gase enthält, dafs in den Coquillen steigendes Metall zu befürchten ist, so ist das beste und zuverlässigste Ver fahren zur Beseitigung des Gasüberschusses, wenn nach Mafsgabe der Schmiedeprobe die Charge zum Abstiche fertig ist, sowohl die Gas-, wie die Luft- und die Schornsteinventile völlig zu schliefsen und den Ofen 10 bis 15 Minuten ruhig stehen zu lassen, hier auf Manganeisen zuzusetzen, das Bad umzurühren und abzustechen, die Ventile aber erst dann wieder zu öffnen, wenn alles Metall aus dem Ofen abgelassen ist. Bei verschiedenen Martinwerken ist dies Verfahren von Hrn. Odelstjerna eingeführt worden und zwar jederzeit mit dem Erfolge, dafs selbst Eisen mit nur 0,1 % Kohle ruhig in den Coquillen stand. (Nach Jernkont. annaler IV, 1887, bearbeitet von Dr. Leo.) X.7 9