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D. Verstärkung älterer Festungen. Bei der Annahme, dafs im Kriegsfall die Ar meen der europäischen Grofsmächte ziemlich gleich gut bewaffnet und ausgebildet sind, und dafs jedes Geschütz, welches feuert, auch wieder getroffen werden kann, ist es nothwendig, die Batterieen und die besonders wichtigen Mauer- theile der älteren Festungen besser zu decken, als es früher bei der geringeren Ausbildung der Artillerie und dem Mangel an widerstandsfähigem Baumaterial möglich war. Durch die Einführung des indirccten Schusses auf grofse Entfernungen, ist es der heutigen Be lagerungsartillerie möglich, die in den Gräben der Festungen liegenden Flankenbatterieen bezw. Graben-Gaponieren zu zerstören, und in einzelne Theile der Mauerbekleidung der inneren Graben seite (Escarpe) Bresche zu legen, ohne dafs sie diese Ziele sehen, ohne ihre Wirkung beobachten und berichtigen zu können. Zum Glück für die Festungen mufs die Pulverladung bei diesem Behufs, der bei gezogenen Haubitzen bis zu 30° Einfall- und 40° seitlicher Neigung zulässig ist, (Fig. 2) verringert werden, wodurch auch seine Wirkung vermindert wird, sie ist aber grofs ge nug, um mit 15-cm-Kanonen oder 21-cm-Haubitzen auf 2500 m 2 m dicke Bekleidungsmauern und Festungsbatterieen zu zerstören, ehe sie, ihrer Be stimmung entsprechend, den Graben gegen die feindlichen Sturmcolonnen vertheidigen können. Gelingt es dem Belagerer nicht, diese Festungs batterieen durch den indirecten Schiffs auf grofse Entfernungen zu zerstören, so mufs er dies durch sehr nahe vor dem Wall auf dem Glacis anzu legende Contre- und Breschbatterieen (Fig. 10 und 11) versuchen, kann aber hierbei nur mitt lere Geschütze anwenden, und ist durch den nahen Hauptwall, dessen Geschütze, Gewehre und Aus fälle sehr bedroht und behindert. Es scheint für die Widerstandsfähigkeit der älteren Festungen wünschenswerth, wenigstens auf den, durch den wahrscheinlichen Angriff be sonders bedrohten Fronten älterer Bastionärbe- festigungen, die 2 Flankenbatterieen und 2 vor aussichtlichen Breschestellen in den Bastionsfacen (Fig. 10), sowie in den Polygonal-Befestigungen die 2 Seiten der Graben-Caponieren und der Flankenbatterieen (Fig. 11) durch Flufsstahlpanzer zu schützen. Dieselben würden vor das betreffende Mauerwerk gegossen, und die Scharten bezw. Dampfabzüge ausgespart werden. Nur das Mauer werk der durch die Breschbatterieen besonders bedrohten Grabenbekleidungen mufs um die Stärke des vorzugiefsenden Flufsstahlpanzers ausgebrochen werden, damit dessen Vorderseite nicht vor das nebenliegende Mauerwerk hervortritt. Die Grofse dieser Panzer wird sich nach der Höhe und Breite der zu schützenden Festungs batterieen und dem gegen Brescheschufs zu sichernden Mauerwerk richten. Im allgemeinen werden 30 bis 40 m Länge, 8 bis 10 m Höhe und 0,6 bis 0,9 m Stärke ausreichen, diese Schilde auch eine etwas verbreiterte Fundament platte erhalten müssen ; mithin jeder Panzer 1113 bis 2625 t wiegen und 80 500 bis 188 500 6 kosten, ohne den Transport des Rohmaterials, der Ofen u. s. w. Voraussichtlich wird die grofse Masse des einheit lichen Panzerschildes die Erschütterung so vermin dern, dafs dieselbe dem hinterliegenden Mauerwerk nicht schadet, dasselbe nicht zerbröckelt, wie es hinter kleinen Panzerschilden leicht der Fall ist. Starke Stahldrahtanker würden nöthigenfalls zur Verbin dung der obersten Theile des Panzers mit dem hinterliegenden Mauerwerk zu empfehlen sein. Der äufsere Theil der Gufsform müfste in der selben Breite und Höhe aufgemauert, mit dem zu schützenden Mauerwerk verankert und statt der bisherigen grofsen Geschützscharten, Minimal scharten für Revolverkanonen aufgespart werden. Vor dem Gufs ist die Erdschüttung des Walls zu öffnen, ein Geleise über die Gufsform zu legen und mit der provisorischen Giefserei zu verbinden. E. Bei Anlage provisorischer Befestigungen. Bei denjenigen Befestigungen, welche erst in der Zeit des Bedarfs und nur für dessen Dauer an gelegt werden, die bisher blofs aus Erde und hölzernen Blockhäusern , Gaponieren , Geschütz ständen, Blendungen, Pulver- und Munitionsma gazinen bezw. Poternen bestanden, und in 1 bis 2 Wochen hergestellt wurden, in Zukunft aber, in folge des beschleunigten Kriegsanfangs vielleicht schon in 24 Stunden vertheidigungsfähig sein müssen, würde es nicht möglich sein, die Haupt stützpunkte an Ort und Stelle zu giefsen, doch aber wünschenswerth erscheinen, auch fortificatorische Eisenconstructionen zu verwerthen. Solche provisorische Befestigungen werden in Zukunft voraussichtlich eine grofse Rolle in dem Vertheidigunssystem der Staaten spielen, um so mehr, als die verschiedensten Interessen ge meinsam darauf hinwirken, die Zahl der perma nenten Befestigungen mehr und mehr zu be schränken. Provisorische Befestigungen werden sowohl selbständig angewandt, z. B. zur Sicherung wich tiger Eisenbahnknotenpunkte, Magazinanlagen, rei cher Handelshäfen u. s. w. sowie zur Befestigung der vor gröfseren Festungen liegenden Vorstädte. Früher wurden solche provisorische Befesti gungen nur von der Feldarmee mit ihren leichten Geschützen angegriffen und nach einer mehr oder weniger allgemeinen und gründlichen Beschiefsung der Sturm versucht. In Zukunft wird man vor aussichtlich, schon der zahlreichen, den Marsch der Truppen verhindernden Sperrforts wegen, einen leichten Belagerungstrain mit der Feldarmee verbinden und durch diesen in der Lage sein, frisch geschüttete Erdwälle und Holzbauten leicht