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November 1887. STAHL UND EISEN.“ Nr. 11. 765 fremder Handelsmarken das Mifstrauen des chinesischen Käufers hervorrufen würden. Wenn, was ohne Zweifel der Fall, bei dem heutigen Stande unserer technischen Ausbildung, die deutsche Industrie der englischen generell mindestens gleichsteht, dieselbe in vielen Fällen aber schon bedeutend überflügelt hat, so würde sie in ihr eigenes Fleisch schneiden, wenn sie ihre in jeder Hinsicht vollwerthigen Erzeugnisse unter englischer statt unter ihrer eigenen Handels marke auf den Weltmarkt bringen wollte.* Ein möglichst einiges Vorgehen unserer deutschen Industrie in der Abschaffung jenes alten Mifsbrauchs ist darum nicht minder von der richtigen Würdigung gewerblichen Vortheils als von dem berechtigten Nationalstolz geboten. Vor Allem sollten die deutschen Industriellen ein für alle Male mit dem Mifsbrauche brechen, die zum in ländischen Vertriebe bestimmten Waaren mit ausländischer Herkunftsbezeichnung zu versehen. In dieser Beziehung trägt freilich das kaufende Publikum die Hauptschuld, und wir erblicken eine sehr bedeutsame und nicht zu unterschätzende * Bei dieser Gelegenheit können wir eine freund liche Bitte an unsere Tagespresse zu richten nicht unterlassen. Ohne Zweifel in wohlwollendster Absicht und in dem Gefühl freudigen Stolzes hat dieselbe in den letztvergangenen Jahren öfters überall da, wo es der deutschen Industrie einmal gelungen, ein Geschäft in Ländern abzuschliefsen, in denen bis dahin deutsche Waaren nicht marktgängig waren, sofort solche That- sachen als »Triumphe nationaler Industrie« , als »nationale Unternehmungen von unberechenbarer Tragweite« u. s. w. besprochen. Auf diese Weise ist mehr als einmal die Aufmerksamkeit des Auslandes auf die betreffenden Gebiete gelenkt und von ihm ein weiteres Geschäft durchkreuzt worden. Durch solche Auslassungen werden nicht nur schlummernde nationale Eifersüchteleien rege gemacht, sondern es wird auch die vorhandene gute Aussicht verdorben und das Exportgeschäft aufs schlimmste geschädigt. Aufgabe der Tagespresse darin, dafs sie durch belehrende Artikel das Publikum dahin bringt, dafs es vom deutschen Geschäftsmanne nicht mehr »Engi. Nähnadeln«, »Sheffielder Scheeren«, »Birminghamer Messer«, »Himalaya Shawls«, »Best London Wool«, »Savon de Paris«, »Poudre dentifrice de Botot au Quinquina« und ähnliche Erzeugnisse verlangt. In dieser Beziehung können wir nicht nur von den Franzosen, sondern auch von den Eng ländern lernen. Der berechtigte Stolz auf die Gewerbe seines Landes gestattet einem Engländer kaum, seinen Bedarf mit anderen als englischen Waaren zu decken — so lasen wir neulich in »Glasers Annalen«*, — und wenn er in Ausnahme fällen davon abgeht, ist es ihm immer unange nehm, und er will keinesfalls durch Handels marken daran erinnert werden. Als der Prinz von Wales vor einigen Jahren einen Schlapphui haben wollte, wie der Fürst Bismarck sie trägt, und man die Bremer Firma, die sie fabricirte, ausgefunden hatte, war eine Bedingung der Lieferung, dafs die Waare nicht gestempelt werden dürfe, da es sich für einen englischen Prinzen nicht passe, andere als englische Sachen zu tragen. Die Bremer Firma weigerte sich kategorisch, auch nur ein Stück ohne Stempel abzugeben. Schliefslich kam ein Gompromifs zustande, demzufolge der Stempel unter das Futter gesetzt wurde! Das ist eine komische Geschichte, aber auch komische Geschichten können lehrreich sein, und die vorstehende ist es. D, w. Beumer. * E. Bernhardi, Englische Angriffe auf die deutsche Industrie. »Glasers Annalen«, Nr. 246, Seite 101. Ein höchst beachtenswerther Artikel, auf den wir hierdurch die Aufmerksamkeit der deutschen Industriellen besonders hinlenken möchten. Rheinisch- Westfälische Maschinenbau- und Kleineisenindustrie- Berufsgenossenschaft. So uninteressant es den meisten Lesern dieser Zeitschrift auch sein mag, dafs nochmals die Frage der Verwaltungskosten der Berufsgenossen schaften hier behandelt wird, so ist dies leider doch nicht zu umgehen, da es sonst den An schein haben könnte, als wenn die in der letzten Nummer der Zeitschrift von Hrn. Schlink mit- getheilten Behauptungen, die inzwischen auch in die Tagespresse übergegangen sind, den that- sächlichen Verhältnissen entsprächen, was aber durchaus nicht der Fall ist. Wenn Hr. Schlink sich nur der kleinen Mühe unterziehen wollte, auf dem Büreau der dies seitigen Berufsgenossenschaft von der wirklichen Sachlage Kenntnifs zu nehmen, — was ihm durchaus nicht verwehrt wird, — so würde er