Volltext Seite (XML)
F. Gautiers Arbeiten über das Silicium und das Giefserei- roheisen. Von Dr. H. Wedding in Berlin. Ferdinand Gautier aus Paris hielt in der [ Sitzung des britischen Eisen- und Stahl-Instituts | im October vorigen Jahres einen Vortrag über | das Silicium und das Giefsereiroheisen, in I welchem er als zwei neue Gesetze aufstellte, dafs j 1. in weifsem Roheisen ein Zusatz von Silicium den amorphen (gebundenen) Kohlen stoff als Graphit niederschlägt und graues Eisen hervorruft, und 2. in grauem Roheisen eine Entfernung i des Siliciums den Graphit in amorphen j (gebundenen) Kohlenstoff überführt und weifses Roheisen hervorruft. Unter den deutschen Eisenhüttenleuten gab es wohl kaum einen, welcher nicht erstaunt ge wesen wäre, diese altbekannten Wahrheiten als neue Gesetze verkündet zu sehen. Auch in England mochte wohl ein ähnlicher Eindruck hervorgerufen sein, denn des Präsidenten unmittel bar an den Vortrag geknüpfte Bemerkung, dafs neuere Metallurgen öfters vergäfsen, was vor ihnen auf gleichem Gebiete gethan sei, war sicherlich eine im vorliegenden Falle sehr zutreffende Mahnung. Schliefslich überzeugte sich der Autor selbst von seinem Mangel an Belesenheit und veröffent- j lichte in der Zeitschrift der französischen Gesell schaft der Givil-Ingenieure eine, auch im Sonder- | abdruck erschienene weitere Arbeit, in welcher , er mit etwas gröfserer Rücksicht auf die Unter suchungen Anderer einige wichtige Quellen an führte und sich mit der Bemerkung rechtfertigte: „Doch wie viele Gewerbtreibende haben diese voraufgegangenen Veröffentlichungen gekannt und, wäre dies der Fall gewesen, welchen Nutzen haben sie daraus gezogen?“ Auch das ist nicht, wenigstens nicht für Deutschland zutreffend. Bezüglich der beiden angeblich neuen Gesetze brauchte Gautier nicht einmal die Lehr- und Handbücher der Eisen hüttenkunde zu befragen, schon die einfachen, kurzen, zur Anleitung in Vorlesungen bestimmten Grundrisse* zeigten ihm das. Aber selbst die besondere Anwendbarkeit auf Giefserei war aus führlich durch Ledebur** dargelegt worden, welcher zudem in seinem Werkchen über »das Roheisen für die Eisengiefserei« 1879*** ganz genau, fast wörtlich dasselbe sagte, was Gautier jetzt vor brachte. „Daher verringert ein Siliciumgehalt des * Vergl. z. B. des Verfassers »Grundrifs der Eisen hüttenkunde.« 2. Auflage, S. 8 und 189. ** Vergl. z. B. »Ledeburs Eisengiefserei« 1883. S. 93 bis 97 und 287. *** Verlag von Felix, Leipzig. S. 10 u. f. Roheisens dessen Fähigkeit, Kohlenstoff aufzu nehmen, und ist anderntheils nothwendig für die Entstehung grauen Roheisens*.“ „Siliciumfreies Roheisen bleibt auch bei lang samer Abkühlung weifs; graues Roheisen ver wandelt sich in weifses, wenn man ihm seinen Siliciumgehalt entzieht**.“ Dies Alles kann indessen nicht hindern, den trotzdem verbleibenden Werth der Gautierschen Arbeiten voll und ganz anzuerkennen, einen Werth, der darin liegt, dafs hierdurch zuerst auf die ab sichtliche Benutzung des Ferrosiliciums für die Giefserei aufmerksam gemacht und die allge meine Anwendung dieses Materials empfohlen wurde. Im übrigen mufs ferner anerkannt werden, dafs manches, obwohl vor den Gautier schen Versuchen bekannt, doch noch nicht mit der Deutlichkeit und Bestimmtheit in seiner An wendbarkeit für Giefsereizwecke ausgesprochen war, mit der es jetzt gewissermafsen festgenagelt ist. So haben diese Mittheilungen für Giefserei einen genügend praktischen Werth, um eine ausführliche Besprechung zu rechtfertigen. Aus diesem Grunde bin ich gern der Aufforderung der Redaction in dieser Richtung gefolgt, habe mich aber unter Fortlassung allgemeiner An gaben auf das beschränkt, was praktischen Nutzen verspricht, zudem der Text der Gautierschen Arbeiten inzwischen vielfach, auch deutsch, z. B. in der »Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen« 1887, Nr. 23 bis 25, wiedergegeben worden ist. Die Versuche Gautiers gründeten sich auf den Wunsch französischer Giefser, das schottische Roheisen entbehren zu können, einen Wunsch, den sie ganz mit den deutschen Giefsern theilen, zumal der alte Ruf der Gleichmäfsigkeit be stimmter Marken schottischer Hochöfen längst verloren gegangen ist, seit die Blackbandvorräthe soweit erschöpft sind, dafs Gattirungen mit an deren Erzen verschmolzen werden müssen. Das schottische Roheisen war bisher in Frankreich, wie in Deutschland, fast unentbehr lich als Zusatz zur Verschmelzung von harten, d. h. mehr oder weniger weifsen Roheisensorten, welche theils durch wiederholtes Umschmelzen der Abfälle, theils durch Verarbeitung angekauften Brucheisens entstanden. Die Versuche Gautiers, an Stelle des schotti schen Roheisens ein 10 % Silicium haltendes Ferrosilicium treten zu lassen, waren von * Fen Si + Fen C = Fen + 4 Si + G. *♦ S. 10 und 11.