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Juli 1887. STAHL UND EISEN. Nr. 7. 457 man imstande, hohle Faonstücke mit beliebiger inneren oder äufseren Gestalt, z. B. Röhren oder Rohre mit verstärkten Enden oder mit verstärkten Mittelstücken oder beiden zugleich, kegelförmige, pipettenförmige oder retortenförmige oder conische Hohlkörper u. s. w. herzustellen, welche bisher auf keine Weise zu walzen waren. Läfst man durch das in Fig. 2 gezeichnete Walzwerk, bei symmetrischer Form der Walzen, zunächst den massiven Rohrblock zu einer dick wandigen Röhre von dem gröfsten Durchmesser der zu walzenden Faonstücke aufweiten, läfst man dieselben alsdann durch Umkehrung der Excentricität der Walzen reversiren und verstellt die Walzen, sowie den Dorn, so läfst sich beim Rückgang in der eben beschriebenen Weise dieser hohl vorgewalzte Block zu beliebig hohlen Faconkörpern jeder denkbaren Rotationsform auswalzen, und man ist daher imstande, massive, hohl vorgewalzte oder auf irgend welche Weise hohl gemachte Stücke durch einmaligen Hin- und . Hergang durch das Universalwalzwerk in beliebig geformte hohle Faonkörper jeder be liebigen Rotationsform auszuwalzen. Beim Hin gang wird der Dorn auf Druck, beim Rückgang auf Zug beansprucht. Auch zur Herstellung von Röhren mit sehr geringem inneren Durch messer oder sehr grofser Länge läfst sich die selbe Methode mit Vortheil verwenden. Es ist dadurch möglich, Röhren mit möglichst dünner Wand von aufserordentlicher Länge herzustellen. Auch hier läfst sich, in den früher beschriebe nen Fällen analogerweise, eine schraubenförmige Windung der Faser erzielen, indem man das Verhältnifs des Durchmessers der Walzen und des Werkstückes am Eintrittsende und am Aus trittspunkt ungleich macht, oder indem man Stücke mit bereits seilartiger Windung der Faser verwendet. Es wird dadurch bei gleicher Wandstärke eine gröfsere Festigkeit der Röhren bezw. für einen vorgeschriebenen Druck eine geringere Wandstärke erzielt. Besonders für schmiedeiserne sowie für Siederöhren, Bouilleurs kessel, Gewehrläufe, Kanonenrohre u. s. w. ist eine solche seilartige Windung der Faser von Vorthei]. Will man die Röhren ohne Faser- drelmng auswalzen, so mufs das Verhältnifs zwischen dem Umfang der Walzen und dem Umfang der Werkstücke am Eintrittsende das selbe sein wie am Austrittsende. Auch durch Reversion und gleichmäfsiges Vor- und Rück wärtsarbeiten wird die starke Faserdrehung vermieden. Da Alles ausbalancirt ist, so kann die Walze eine grofse Geschwindigkeit erhalten und das Auswalzen findet in sehr kurzer Zeit statt. Wei) hier kein Moment beim Walzen verloren geht, in welchem das Stück sich ab kühlen kann, ohne bearbeitet zu werden, so wird durch die mechanische Arbeit des Walzens, welche sich auf einen verhältnifsmäfsig kleinen Raum concentrirt, die Temperatur des Werk stückes bei genügender Gröfse der Kraft maschine bis zu einer gewissen Grenze der Dünnheit stets wärmer. Es ist daher möglich , weit dünnere Dimen sionen wie bisher, und zwar in einer Hitze aus Blöcken auszuwalzen. Für gleiche Druckfestig keit werden die Wandstärken geringer. Diese neue Methode des Rohrwalzens läfst sich zur Herstellung sehr dünnwandiger Wasserleitungs-, Gas-, Wind- und Feuerrohren, zur Herstellung von Rohren ohne Naht, sowie von Röhren von bisher unbekannter Länge, von Gewehrläufen u. s. w., bei entsprechend starkem Apparat selbst zum Auswalzen von Kesseln ohne Längs niete , Kanonenrohren mit gewundener Faser u. s. w. verwenden. Für kurze, weite Rohr stücke kann man mit einer äufseren Walze aus kommen, wenn man die innere, ihr gegenüber liegende Rolle entsprechend fest lagert und nöthigenfalls ebenfalls kuppelt. Bei Gombination mit einem Druckeisen mit entsprechender Innen form und entsprechendem Dorn, welches gewisse Theile aufbiegen und andere eindrücken * kann, lassen sich auch mit Schraubenrillen versehene und sonstige Querschnitte und beliebige Profil rohre, z. B. hohle Zahnradrohre u. s. w., und bei Gombination mit Walznasen und Druckeisen gezahnte Hohlstangen zur Zahnradfabrication, Rippenheizrohre mit inneren oder äufseren Rippen u. s. w. herstellen. Ist der Dorn, anstatt rund, von einem andern Querschnitt, so lassen sich Röhren mit unegalen Wandstärken herstellen. Durch das Druckeisen läfst sich dann erreichen, dafs diese oder auch Röhren von gleichmäfsiger Wandstärke in beliebige Formen gebogen werden, und man hat daher die Möglichkeit, auf diese Weise von Walzen complicirte Hohlkörper her zustellen , z. B. Hohlbalken jeder Form, hohle Schienen, hohle Schwellen, hohle Zahnräder u. s. w. Es kann bei dem beschriebenen Schrägwalzen durch Wasserkühlung des letzten Endes des von den Walzen berührten, ursprünglich glühenden Werkstücktheiles oder durch eine besondere Operation ein Kaltwalzen runder Rohre, sowie auch vieler Faon- bezw. Profilrohre vorgenom men werden. Es wird hierdurch den Rohren eine hohe Federkraft ertheilt und daher die technische Verwendung vieler Faon- und Profil rohre ermöglicht, deren Zweck es ist, sich unter einem inneren oder äufseren Druck federnd aus zudehnen. Walzt man z. B. für Metalle, welche in heifsem Zustande gewalzt werden, z. B. Eisen und Stahl, Röhren oder Rohre mit sehr hohen Schraubenwellen und unterzieht dieselben dabei gleichzeitig oder später einem genügenden Kalt walzen, so lassen sich Röhren mit aufserordent licher Federkraft in der Längsrichtung walzen, welche als elastische oder stofssichere Träger zu Radspeichen u. s. w. verwendet werden