Volltext Seite (XML)
Ein neues Universal-Walz verfahren. (Hierzu Blatt XXL) Unter den Werkzeugen, welche zur Verar beitung der Metalle, namentlich des Eisens, im hüttenmännischen Betriebe dienen , nimmt das Walzwerk eine hervorragende Stellung ein. Daher hat sich die Aufmerksamkeit der Tech niker stets mit besonderer Vorliebe auf die Ver besserung seiner Einrichtungen und die Verall gemeinerung der Anwendung des Walzverfahrens zur Herstellung aller erdenkbaren, durch Lang streckung erstellbaren Formen gerichtet. Das An walzen von Erhöhungen, Vertiefungen oder Verbreiterungen an den Stäben, zum Zwecke einer stellenweisen Veränderung des Querschnittes, war dabei bis jetzt nur innerhalb gewisser Gren zen möglich und die Herstellung von Hohlkörpern zu Röhren, Säulen, Radreifen, Torpedocylindern und Dampfkesselmänteln wurde als eine besonders hohe Aufgabe für die Walzkunst betrachtet. Die Gleichmäfsigkeit der Streckung aller Theile eines zu streckenden Querschnittes war eine Anforderung, deren Mifsachtung namentlich in der Blüthezeit des Schweifseisens mancher arme Sünder mit schwerem Lehrgeld hat büfsen müssen, und wenn auch in dieser Beziehung der jüngeren Generation der Hüttenleute durch die Duldsamkeit des Flufseisens das Leben in einer früher nie geahnten Weise versüfst wird und daher der Spielraum der Phantasie in der Er zeugung aller möglichen und unmöglichen Profil- formen eine aufserordentliche Erweiterung ge funden hat, so würde doch der Vorschlag, auch Kugeln und kugelähnliche Voll- und Hohlkörper mit beliebigen Ansätzen und Querschnittsveränderungen herzustellen, bis vor kurzem wohl vergeblich nach Glauben und Vertrauen gesucht haben, obgleich ja die Veranlassung zu dem Gedanken nicht so fern lag, indem andere plastische Materialien, wie Stopffarbe und dergl., in der Hand eines Kindes durch Kneten und Frimeln die ver schiedenartigste Gestaltung erhalten und schliefs- lieh auch das bei der Pillenfabrication angewen dete Verfahren als eine Art Walzung bezeichnet werden kann. Trotzdem derartige Jugend erinnerungen wohl auch manchem Hüttenmann eigen waren, hat doch Keiner gewagt, dieselben zur Erzeugung des erlösenden Gedankens zu benutzen, und war der Grund dieser Zurück- haltung wohl einzig und allein in dem zu fest gewurzelten Glauben an die Bedingung der leichmäfsigkeit der Streckung zu suchen, welcher der bereits erwähnten Nachgiebigkeit des Flufseisens gegenüber längst hätte abgeworfen werden können. Eine weitere Annahme von übertriebener Aengstlichkeit und Beschränktheit ist die, dafs eine Verschiebung oder Verdrehung der Molecüle und Fasern eines Walzgutes auf das Gefüge schädlich wirken sollen, es kann im Gegentheil, scheint es, in dieser Richtung nie zu viel geleistet werden, um ein früher nie geahntes Mafs von Festigkeit zu erzielen und jede Neigung zu Spannungen und sonstigen Unarten des Flufs- materials gründlich zu beseitigen. Unzweifelhaft war dieses, so eifrig durchforschte Gebiet der Technik mit einem dichten Nebel bedeckt und mufs es daher als ein hohes Verdienst des Hrn. Dr. F. Kögel in Stassfurt bezeichnet werden, denselben durch die Anfachung eines mächtigen Sturmwindes zerstreut zu haben. Wie uns von befreundeter Seite mitgetheilt wird, bildet das von genannter Seite entnommene D. R.-P. Nr. 34617 die Grundlage zu dem neuen Verfahren des Walzens von Röhren von Hrn. Mannesmann in Remscheid, welches die Aufmerksamkeit der betheiligten Techniker in ungewöhnlich hohem Mafse auf sich zieht. Mit Rücksicht auf dieses allgemeine Interesse theilen wir nachstehend den Wortlaut dieser umfangreichen Patentschrift mit , indem wir glauben, dadurch Jedem die beste Gelegenheit zur Verschaffung eines Urtheils über die Be deutung dieses neuen und Aufsehen erregenden Walzverfahrens zu bieten. — Alle bisherigen Walzwerke erfordern zur Herstellung dünner Dimensionen aus dickeren Stücken oder Blöcken die Anwendung vieler auf einander folgenden Kaliber, welche bei Dreikant-, Winkel-, T- und Doppel -1 - Eisen u. s. w. nur für eine ganz bestimmte Dimension zu gebrauchen sind und nur bei Blechen und ordinären Sorten Quadrat- und Flacheisen successive die ganze Dimensionsveränderung zwischen denselben Walzen erreichen lassen, wozu dann aber oft erneuertes Durchgehen des Werkstückes und jedesmalige successive Anstellung der Walzen nöthig ist. Bei der Drahtfabrication mufs der rohe Block sogar, um bis zu einer dünnen Dimension ausgestreckt zu werden, unter sehr häufigem Durchstecken eine Menge von Kalibern, Zieheisen und Glüh processen durchmachen. Der Umstand, dafs die erwähnten Methoden noch im Gebrauch sind, ist ein Beweis dafür, dafs es kein Eisen- und Stahlwalzwerk giebt, welches gestattet, in einem einzigen Durchgang zwischen zwei oder mehr feststehenden Walzen jede beliebige, noch so starke Querschnittsver minderung zu erreichen, beispielsweise aus einem VII 7 2