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300 Nr. 4. .STAHL UND EISEN.“ April 1887. bahn Werkstätte der Paulista-Bahn wurden mit dem Stabeisen von Ipanema durch englische Ingenieure eine Reihe von Festigkeitsversuchen zum Vergleich mit englischem Stahl und Stabeisen ausgeführt. Es wurden aus Quadrateisen Rundstäbe gedreht, welche eine Länge von 89 mm zwischen den Stichmafszeichen besasen bei 8 mm Dicke. Die Stäbe wurden durch direct daran aufgehängtes Gewicht belastet(l) und wurde dabei er mittelt: Zugfestigkeit 3400 kgpr. Quadratcentimeter, Ver längerung 32,6 % der ursprünglichen 89 mm und Contrac- tion 46,1 % der ursprünglichen 8 mm, die Elasticitätsgrenze konnte hierbei nicht bestimmt werden. Neuerdings konnte der Berichterstatter auf einer preufsischen Eisen bahnwerkstätte ebenfalls Festigkeitsversuchen mit Ipanema-Stabeisen beiwohnen als Holzkohlen-Herdfrisch- eisen im Vergleich mit deutschem Flufseisen, eines- theils aus Thomas-Converter, anderntheils aus Siemens- Martinofen und dann sehnigem, gepuddeltem Schweifs eisen. Das Ipanema-Stabeisen hatte 54 mm Breite auf ungefähr 10 mm Dicke und wurde in dieser Stärke den Schlag-, Biege- und Bruch-Proben unterworfen. Zu den Zerreifsversuchen wurden die Stäbe durch Hobeln auf etwas über 200 mm Länge auf 40 mm, 9,7 mm bear beitet. Der Querschnitt hatte also 388 qmm. Die Elasticitätsgrenze wurde gefunden bei 2680 kg qcm, die Zugfestigkeit stellte sich auf 3660 kg qcm, die Querschnitts-Verminderung stellte sich auf 57 % des ursprünglichen und die Dehnung betrug auf ursprüng lich 20 cm 25,5 %. Der Bruch des Ipanema-Eisens war silberweifs mit feinem sehnigen Gefüge. Der Sandstein, welcher die ganze nähere Umgebung des Werkes bedeckt, ist ein Conglomerat mit Einschlüssen von Porphyr, hat stellenweise recht grobes lockeres Gefüge, ist aber an anderen Stellen äufserst feinkörnig und dicht. Er dient sowohl als Zustellungsmaterial für die Hochöfen, wie auch in Werkstücken zu sämmtlichen Bauten, dann in ausgesuchten Partieen als Schleifsteine. Wohl kommen in dem granitischen Gebirge der wei teren Umgebung an einzelnen Stellen Quarzgänge und Porzellanthonlager vor, jedoeh dürfte ein guter plastischer feuerfester Thon und ein brauchbarer Quarz- ganister zur Herstellung feuerfester Ziegel und Tiegel nur in der Nähe des Braunkohl en-Vorkommens bei Taubote zu suchen sein. Eins fehlt vor allen Dingen dem Werk, um dasselbe der erhöhten Anforderung der Neu zeit und der geplanten Ausdehnung entsprechend leistungsfähig zu machen: nämlich der billige Bezug guter Steinkohlen und Koks. Aus Europa bezogene und über Santos importirte, von da über S. Paulo und Sorocaba auf der Bahn beförderte Steinkohlen und Koks stellen sich in Ipanema immer noch theurer als die theuren Holzkohlen oder das Scheitholz. Das Suchen nach diesen schwarzen Vettern der lichtstrahlen den werthvollsten Edelsteine, von denen Brasilien all jährlich noch für viele Millionen Mark und dabei die schönsten Exemplare liefert, das Suchen nach Stein kohlen hat in Brasilien immer mehr zugenommen. Es hängt ja von ihrem reichlichen Vorkommen und ihrer ausgiebigen Gewinnung das Gedeihen, der Wohl stand und die Unabhängigkeit der Staaten ab. Die Eisenbahnen, Dampfschiffe, Gasfabriken sind bei ihrem Betrieb noch vorzugsweise auf europäische Kohlen und Koks angewiesen. Herr Director Dr. Mursa ist sich von der Wichtigkeit dieser Forschung vollauf be- wufst. Denn auf meine Frage, ob in den geologischen Formationen in der Umgebung von Ipanema sich Ab drücke von Pflanzen oder Thieren vorgefunden hätten, erwiderte er mit der Gegenfrage, ob ich wohl als Berg mann und Eisenhüttenmann nach Steinkohlen forschen wolle? und meinte dann weiter, dafs seine Unter suchungen und Forschungen in dieser Richtung bisher leider ganz erfolglos geblieben seien. Alle Formations glieder der näheren Umgebung gehörten den ältesten Schichten an; sein Versprechen, dem ersten Finder einer Conchilie oder eines sonstigen Petrefacts eine Belohnung von 100 Millreis (= 200 Mark) zu zahlen, habe er zu seinem lebhaften Bedauern bisher noch nicht erfüllen können. In der südlichen Provinz Rio Grande do Sui und in der nördlich daran grenzenden Provinz St. Catharina sind schon Steinkohlen aufgeschlossen. Erstere waren in der brasilianischen Ausstellung in Berlin im Winter 1882 zu sehen und sind durch die Herren Chemiker Dr. Alberti und Dr. Hempel in Magdeburg wissen schaftlich untersucht. Letztere sah ich in Rio de Ja neiro auf der dortigen Gasanstalt, woselbst diese Kohle praktisch erprobt worden war und gute Gasausbeute sowie reine feste Koks geliefert hatte. Könnten diese Brennstoffe an die See gebracht und nach dem Hafen Ignape verfrachtet werden, so würde die von dort aus nach Ipanema durch den mehr fach genannten Commendador Hrn. Jose Vergneiro von Ybicaba projectirte und ihm concessionirte Eisen bahn nach deren Ausführung die beiden Sorten Stein kohlen oder daraus hergestellte Koks zu verhältnis- mäfsig billigeren Preisen dem Hüttenwerk Ipanema zuführen können. Sofern diese Argumente bezüglich Gewinnungs preis, Seefracht und Eisenbahnfracht nach bezw. über Ignape sich als richtig erweisen, dürfte es im Interesse der Kaiserlich Brasilianischen Staatsverwaltung dringend geboten erscheinen. dieses Eisenbahnproject in jeder Weise zu fördern und zu unterstützen, damit das Staats hüttenwerk Ipanema, welches jetzt noch erhebliche jährliche Zuschüsse erfordert, ertragsfähig und in den geplanten neuen Anlagen lebensfähig wird. Abgesehen von dem Steinkohlenbezug über Ig nape nach Ipanema stellte sich der Versandt der Fabri- cate in umgekehrter Richtung zum weiterenITransport nach anderen Küstenorten viel billiger wie jetzt. Aber die Zufuhr von Brennholz und Holzkohlen aus den noch unberührten Urwäldern an der neuen Bahnlinie würde dem Werk wesentliche Vortheile bringen und zwar sofort. Hr. H. E. Bauer, ein deutscher Ingenieur, welcher, wie schon erwähnt, diese Bahnlinie tracirte, hatte die Güte, mir eine kleine Karte der durchschnittenen Gegend zu verehren. Dieselbe ist topographisch“ gezeichnet und geologisch colorirt mit einer grofsen Zahl genau eingetragener Fundstellen der beigefügten Gesteins stufen. Diese Karte, welche sich allerdings nur über einen kleinen Landstrich des östlichen brasilianischen Küstengebirges erstreckt, war bis dahin wohl einzig in ihrer Art. Hr. Bauer untersucht noch fortwährend mit von hier aus ihm gesandten Instrumenten die weiter aufgeschlossenen Gesteine und sandte auch Versteine rungen, u. A. einen fast vollständigen Saurier von Xiririque im südlicheren Theile der Provinz S. Paulo ein. Es fehlt leider der Kopf und so ist nicht ersicht lich, ob das Thierchen vor, während oder nach der Steinkohlenzeit gelebt hat. Es war ein hoher Preis auf das Herbeibringen eines solchen Kopfes oder voll ständigen Gesteinsabdrucks gesetzt, und dem Beibringer irgend eines Muschelabdrucks aus dem betreffenden geschichteten schieferigen Sandstein eine gute Belohnung versprochen worden. Der leider vor kurzem hier in Bonn verstorbene Professor der Mineralogie von Lasaulx untersuchte schon viele der von Hrn. Bauer gesandten Gesteine und letzterer untersucht jetzt nach Anleitung von ersterem. Ebenso hat Professor Dr. Rosenbusch viele dieser Ge steine mikroskopisch untersucht und bestimmt. Der sehr fähige Director der mineralogischen Abtheilung im National-Museum in Rio de Janeiro Hr. Dr. d’Orville Derby, aus Nordamerika gebürtig, be schäftigt sich ebenfalls aufs lebhafteste mit der geo logischen Erforschung des Landes und sicherlich wird in einigen Jahren eine gröfsere Zahl von Bergleuten und Geologen auf der Bergakademie in Ouro Prato durch deren Director, Hrn. Dr. Enrique Goreix sehr unter-