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fern liegen, wo sogar dahin zugestandene Opfer nicht mehr helfen können, und die belgischen Industriellen und Kapitalisten werden so noth wendigerweise dahin gebracht, ihren Bemühungen eine andere Richtung zu geben. Rufsland, und namentlich Süd-Rufsland hat Ueberflufs an Naturschätzen, welche- eben nur ihrer Verwerthung entgegensehen, und Rufsland ist bekanntlich kein ungastliches Land; für die Thätigkeit, die speciellen Fachkenntnisse und die Kapitalien der von Unternehmungsgeist belebten belgischen Landsleute ist dort ein weites Betriebs- feld geboten, von welchem um so mehr zu er warten steht, als die durch hohe Schutzzölle geschlossenen Grenzen den Anfängern wirksamen Schutz bieten, vermittelst dessen eintretende Schwierigkeiten in kurzer Zeit leicht zu über wältigen sind. In dieser Hinsicht fand dieUeberzeugung desVer- | fassens durch eine beendigte Forschungsreise ihre | volle Bestätigung, und giebt sich derselbe der Hoff- j nung hin, dafs dieselbe von denjenigen seiner bel gischen Landsleute gelheilt wird, welche von seinem Berichte Kenntnifs nehmen wollen, in dem er die Hülfsqiicllen der verschiedenen industriellen Gentren, des seinem Amtsbereich unterliegenden Gebietes einem eingehenden Studium unterwerfen, einerseits zeigen will, was man bis heute dort gemacht, und andererseits aufmerksam prüfen will, welche Unternehmen sich eintretendenfalls dort mit Aussicht auf Erfolg anempfehlen lassen. Melchior de Vogue schreibt in seinen Studien über russische Verhältnisse : »Der Schwer punkt des Zarenreiches versetzt sich in unver meidlicher Weise von Norden nach Süden.“ Ohne darauf näher eingehen zu wollen, inwiefern diese Behauptung im allgemeinen richtig ist, darf man jedoch dieselbe bestimmt in bezug auf die Grofsindustrie dieses Landes für zutreffend halten: der Anstofs zu dieser Bewegung hat schon stattgefunden. Zwei bedeutende Hütten gesellschaften sind mit dem Beispiel vorgegangen; zuerst die Gewerkschaft von Briansk, welche seit dem Vorjahre mit dem Bau einer Hütte bei i Ekaterinoslaw beschäftigt ist; dann die Gesell schaft der Stahlwerke von Praga-Warschau, welche in Verbindung mit der Gesellschaft Cockerill von Seraing die Anlage eines Eisen- und Stahlwerkes bei dem, am Dniepr-Flusse, zwischen Ekaterinos- ! law und Krivo-Rog gelegenen Dorfe Kamenskoe ; projectirt hat. Dafs diesen Beispielen andere folgen werden, dafür bürgen stichhaltige Gründe. So haben i durch die neuerdings erhöhten Zolltarife die ■ wirthschaftlichen Verhältnisse der polnischen ; Eisenwerke, welche auf den Roheisenbezug vom Auslande angewiesen waren, eine ganz bedeutende Einbufse erlitten , und werden sich dieselben wohl in der Zukunft dazu bequemen müssen, in den natürlichen Hülfsquellen Rufslands die Mittel zum Fortbestehen zu suchen, und zur Selbsterzeugung ihres Roheisenbedarfes mit Ver wendung der Erz- und Kohlenvorkommnisse des Inlandes zu schreiten. Das südliche Rufsland bietet für die ergiebige Ausnutzung dieses Aus weges die günstigsten Bedingungen. Andererseits ist für die nördlichen Industrieen, welche hauptsächlich auf die Holzkohlenfeuerung angewiesen sind, bei dem mehr und mehr steigen den Kostenpreise dieses Materials ebenfalls wenig Hoffnung vorhanden, auf die Dauer den Wett bewerb mit den in dieser Hinsicht günstiger gelegenen Werken des Landes durchsetzen zu können. Um mit geringen Gestehungskosten arbeiten zu können, mufs .man eben viel produ- ciren, und den Anforderungen dieses wirthschaft lichen Gesetzes läfst sich eben sehr schwer nachkommen; man müfste denn zur gänzlichen Ausrottung der vorhandenen Wälder schreiten, was andererseits wohl nicht zugestanden werden dürfte. Die Entwaldungen in grofsem Mafsslabc haben schon für das westliche Europa viele unheilvollen Folgen gehabt, und mit grofser Be fürchtung siebt man der immer weiter greifenden, den kalten Nordwinden immense Strecken frei legenden Ausrottung entgegen. Weinberg hat über diese Verhältnisse eine interessante Abhandlung veröffentlicht, in welcher er nachweist, dafs zur Befriedigung der actuellen Bedürfnisse in den fünfzig Gouvernements des europäischen Rufslands, jährlich 31 Millionen Cubik-Sash.*, über 401 Millionen Cubikmeter er forderlich sind, welche die Freilegung von 1200000 Dessätinen**, über 121 • Myriameter oder 0,202 geogr. QMeilen Waldland zur Folge haben. Ersichtlich wird also, dafs, wenn keine Abhülfe geschaffen wird, bei einem solchen Vorgehen der Schwerpunkt des russischen Reiches wohl schon vor 50 Jahren seiner Versetzung entgegen gegangen sein wird, die nordländischen und die Central-Provinzen, welche so in dem Zeitraum von einem Jahrhundert ihre Waldflächen um über 50 % reducirt haben, nicht mehr bewohn bar sein werden. Jedenfalls steht es sicher, dafs die Schwierig keiten , über welche sich die Holzkohlen ver hüttenden Industriellen auf dem letzten metallur gischen Congrefs in St. Petersburg*** so bitter beklagten, nur in gröfserem Mafse zunehmen können, und dafs in naturgemäfser Weise die vorausgesehene Verlegung der Industrie nach den südlichen, günstiger gelegenen Provinzen sich mit der Zeit vollziehen mufs. Welche Bedeutung hat denn nun heute dieses Kohlenbecken des Donetzgebietes, von welchem man sich im allgemeinen eine so glänzende Zukunft * 1 Cubik-Saschehn = 9,712 cbm. ** 1 Dessätine = 1,092 ha. *** Vergl. Seite 130, 1886.