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Kanals, seine Ermordung aber störte die Ausführung in den ersten Anfängen. Endlich schritt Nero zur Ausführung und schickte neben Tausenden von Sklaven, verurtheilten Verbrechern und degradirten Soldaten 6000 palästinensische Juden auf den Isthmus zur Kanalarbeit. Er selbst that mit einem goldenen Spaten den ersten Spatenstich, ein Jahr darauf hei er unter dem Schwerte eines Sklaven. Von den Neronischen Arbeiten hat man 32 Bohr löcher gefunden, deren tiefstes bis auf 120 Fufs in die Erde geht. Diese Bohrlöcher zeigen deutlich die von den Baumeistern Neros projectirte Linie und die Baumeister der jetzigen Kanalgesellschaft (Societe inter nationale du canal maritime de Corinthe) haben nichts Besseres zu thun gewufst, als Schritt für Schritt der Neronischen Linie zu folgen. Leicht ist die Arbeit am Kanal, mit der am 10. April 1882 begonnen wurde, nicht. Ueber 8 Mill. Cubikmeter Boden sind zu bewegen. Die höchste Bodenerhebung, welche zu durchstechen ist, beträgt 78 m und enthält das verschiedenste Gestein. Die Geologen, meint Engel, werden demnächst ihre Freude haben, wenn die Kanal gesellschaft ihre schöne geologische Karte des Isthmus veröffentlicht. Auf diesem engen Raum hat Poseidon, der Erderschütterer nicht umsonst seit Jahrtausenden geherrscht; alle möglichen Gesteinarten sind durch einander gequetscht und geschichtet, so dafs die Karte einer Palette mit verlaufenen Farben gleicht. Hier ist Erdbebenland, und sollte dem Kanal einst eine Gefahr drohen, so wird diese durch ein Schütteln aus den Tiefen der Erde kommen. Mit Pulver und Dynamit wird heute unablässig an den Felsen gesprengt; die Bohrer und Minensprenger sind in erster Linie Montenegriner, grol'se, schlanke, muskelstarke Menschen mit ge schmeidigen und doch eisenfesten Ful’sknöcheln. Sie stehen an den kirchthurmhohen, glatten Wänden des Kanals auf kaum spannenbreiten Vorsprüngen, hantiren mit Spitzhacke oder Zündschnur und sprengen sich buchstäblich den Stein unter den Füfsen fort, mit dem Gürtel an einer Leine hängend, die sie vor Abfeuerung des Sprengschusses mittels Eisenklammern über sich am Felsen befestigt haben. — Die Italiener sind die Maurer und Strafsenbauer; sie haben die 32 km Eisen bahngeleise der Kanalgesellschaft gebaut, sie machen die Arbeiten der Aufmauerung der Böschungen, welche an einigen weicheren Stellen nothwendig ist. Die eigentlichen Erdarbeiter, die Schaufler und Kärrner, sind die Armenier, die übrigens selbst in Erdlöchern ihre Wohnungen hergerichtet haben. Griechen giebt es nur wenige unter den Arbeitern; nur am eigent lichen Wasserwerk sind einige beschäftigt oder sie sind als Aerzte, Apotheker, Lazarethgehülfen u. dgl. Neben personal thätig. Die Breite des Kanals beträgt 22 m, seine Tiefe 8 m unter dem niedrigsten Wasserstand, — also genau die Mafsverhältnisse wie beim Suezkanal und genügend, um selbst den gröfsten Schiffen die Durchfahrt zu er möglichen. Die Eisenbahnbrücke der Linie Athen- Korinth überspannt den Kanal an der höchsten Stelle, 90 m über der Wasserfläche des Kanals, so dafs auch die höchsten Mastbäume frei unter ihr passiren können. Die Kosten der Instandhaltung des Kanals werden sehr niedrig sein, da die Gefahr der Versandung nicht besteht. Die Böschungen, meist hartes Gestein, sind fast senkrecht gehalten, um einer Abbröckelung durch heftige Regengüsse vorzubeugen. Elektrische Beleuchtung auf der ganzen Kanal strecke wird den Betrieb auch bei Nachtzeit sichern. 35 Millionen Francs sind von der obengenannten Gesellschaft an das Unternehmen gewagt worden, vor züglich von französischen und griechischen Finanz männern. Die Ertragsberechnung für die Zukunft be ruht auf der Erfahrung, die sich beim Suezkanal be stätigt hat, dafs Dampfschiffe unter allen Umständen eine Abkürzung des Weges sich zu nutze machen, wenn sie gleichzeitig eine Ersparnifs an Kohlen, Löhnen u. s. w. mit sich bringt. Durch eine vernünftige Tarifirung gedenkt die Gesellschaft den Weg durch den Kanal zu einer wohlfeilen Nothwendigkeit zu machen. Für Schiffe aus adriatischen Häfen soll eine Abgabe von 1 Francs für die Tonne, für alle anderen Fahrzeuge eine solche von 1/2 Francs erhoben werden ; für jeden Passagier unterschiedslos 1 Fr. Die Gesellschaft rechnet auf eine jährliche Durch fuhr von 41/2 Millionen Tonnen, wovon der erwartete griechische Antheil auf 2 Millionen geschätzt wird. Hierbei mag die interessante Thatsache hervorgehoben werden, dafs Griechenlands Handelsflotte heute bereits die elfte der Welt ist und in immer beschleunigtem Tempo wächst. Sie betrug am Ende des Jahres 1885 schon 3213 grofse Seeschiffe mit zusammen 260 000 t, darunter 72 Dampfer mit 36 000 t. Dr. B. Zur Frage der Wahl der zulässigen Inanspruch nahme des schmiedbaren Eisens veröffentlicht Professor L. Tetmajer in Zürich in der Schweizerischen Bauzeitung vom 11. De- cember 1886 einen bemerkenswerthen Beitrag, in dem er an die Ergebnisse der neuesten Untersuchun gen Bauschingers* anknüpft. Wenn c die zulässige Beanspruchung in Tonnen pro Quadratcentimeter, Rmin. die kleinste und Umax, die gröfste der in einem Gonstructionstheil auftretenden Spannungen bezeichnet, wobei das positive Zeichen bei gleichartigen (nur Zug oder nur Druck), das negative Vorzeichen bei wechselnden Spannungen (Schwin gungen zwischen Zug und Druck) einzusetzen ist, so erhält man als Mafs der zulässigen Inanspruchnahme: A. für Schweifseisen - , R min. / R min. \ 2 a = 0,60 + 0,35 . + 0,08 . ( — I R max. \ R max, / B. für Flufsschmiedeisen R min. .. / R min. \ " G = 0,70 + 0,43. +0,10. (- ) R max. \ 11 max. / C. für Flufsstahl R min. . / R min. \, a = 0,83 + 0,64 . + 0,25 . ( — I“ R max. \ 11 max. / Um den Einflüssen zufälliger Materialfehler und ausnahmsweiser Ueberlastungen Rechnung zu tragen, ist dabei von Tetmajer 3,5 fache Sicherheit für sämmt- liehe Spannungszustände, welchen ein Constructions- element ausgesetzt sein kann, angenommen worden. In der willkürlichen Annahme dieses, einen sehr ein- flufsreichen Bestandtheil der Formel bildenden Sicher- heitscoefficienten liegt eine Schwäche derselben, welche sie mit allen älteren Formeln theilt und hier wie dort der Theorie ein Schnippchen schlägt. Den Schlufs der Tetmajerschen Mittheilung bildet die nachstehend abgedruckte Zusammenstellung, welche eine Uebersicht über die auf dem Boden der Wö hl er sehen Versuche von verschiedenen Schrift stellern zur Anwendung empfohlenen Festigkeitscoeffi- cienten giebt und gleichzeitig zur Vergleichung mit denen nach der Tetmajerschen Formel dienen soll. R-1,00-0,75-0.50-0,25 0,00 0,25 0,50 0,75 1,00 R max. Gerber. . . 0,36 0,41 0,47 0,51 0,64 0,79 1,00 1,27 1,60 Lamnhard . 0,40 0,46 0,53 0,64 0,80 0,90 1,00 1,10 1,20 Müller 0,64 0,72 0,85 1,01 1,09 Weyranch . 0,35 0,44 0,53 0,61 0.70 0,79 0,88 0,96 1,05 Schäfer . . 0,33 0,38 0,43 0.52 0,60 0,79 1,09 — — Winkler . . 0,41 0,44 0,48 0,53 0,59 0,69 0,83 1,04 1,40 W. Ritter . 0,40 0,44 0,48 0,53 0,60 0,69 0,80 0,96 1,20 * »Stahl und Eisen« 1886, Seite 797..