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Verwaltung nicht nachlassen in den Bestrebungen, eine Aufbesserung der Geschäftsverhältnisse herbei zuführen. In der Besprechung über diesen Vortrag wurde hervorgehoben, dafs die Zechen und Kokereien nicht in der Lage seien, noch weiter zu verlustbringenden Preisen zu liefern. Es sei daher nothwendig, die Selbstkosten zu ennäfsigen, und dies kann nur noch durch wesentliche Herabsetzung der Arbeitslöhne ge schehen. Von anderer Seite wurde beklagt, dafs der westfälische Bergbau numerisch so schwach im Landes-Eisenbahnrath vertreten sei; bei der nächsten Wahl für diese Körperschaft müsse auf stärkere Ver tretung der Bergbauindustrie hingewirkt werden. Zum letzten Gegenstand der Tagesordnung: „Die g egen wärtigeLagedesKnappschafts wesens“ berichteten die HH. Bergassessor Hoffmann und Berg assessor Pieper, beide aus Bochum. Der erstere Be richterstatter gab in ausführlicher Darlegung ein an schauliches Bild von der historischen Entwicklung der drei im Vereinsbezirk vorhandenen Knappschaftsver eine, des märkischen (Bochum), des Essener und des Mülheimer Knappschaftsvereines, und erörterte die Gründe, welche die jetzige schwierige Lage dieser alt bewährten Institute herbeigeführt haben. Als solche wurden u. A. genannt: Die mehrfachen bedeutenden Erhöhungen der Beneficien, d. i. des Begräbnifsgeldes, des Invaliden-, Wittwen- und Krankengeldes, denen eine entsprechende Erhöhung der Beiträge nicht ein Gegenge wicht bot, der steigende Andrang zur Invalidität, die Einführung des Kranken-Versicherungsgesetzes, welches dem kranken Arbeiter die Hälfte seines Lohnes als Krankengeld zusichert, und die durch die grofse Entwick lung des Vereinswesens verursachte Beförderung der Si mulation — ein Bergmann kann aufser der Knappschafts kasse noch drei anderen Kassen angehören und sich neben dem Knappschaftskrankengelde von 1,40 bis 2 •4 täglich noch ein wöchentliches Krankengeld von 40 N sichern. Die Hoffnung, dafs das Unfallversicherungs gesetz, welches nach den bisherigen Erfahrungen den Arbeitgeber bei einer jährlichen Lohnzahlung von 80 Mill. Mark im Vereinsbezirk eine Last von 800000 = 1% des Lohnes auferlegt, den Knapp ¬ schaftskassen Erleichterung bringen werde, hat sich bis jetzt nicht verwirklicht. Als Mittel, die Lage der Knappschafts vereine zu bessern, schlägt Redner vor, die Krankenkassen von den Invaliden- bezw. Pensions kassen zu trennen und Werkskrankenkassen zu bilden, und die sämmtlichen Knappschaften des heimischen Industriebezirks zu einem einzigen grofsen Pensions- und Alterversorgungsinstitut zusammenzufassen. Der zweite Referent theilte mit, dafs der Vorstand der deutschen Knappschaftsgenossenschaft in seiner letzten Sitzung Fürsorge getroffen habe, dafs die Klagen über Schäden und Mängel des Kranken- und des Unfall- Versicherungsgesetzes gesammelt und einer Commission überwiesen werden, welche zu dem Zwecke niederge setzt werden soll, das Material zu sichten und Vor schläge zur Abänderung vorzubereiten. Dann bespricht er den Inhalt einer von etwa zweitausend Bergar beitern unterzeichneten, im März 1886 an den Minister für öffentliche Arbeiten eingereichten Petition, in welcher das Verhalten des Knappschaftsvorstandes gegenüber den Mitgliedern aufs schärfste getadelt wird und verschiedene Wünsche in betreff der Abänderung der Statuten der Knappschaftsvereine ausgesprochen werden. Der Hr. Minister hat sich im allgemeinen für die in dieser Petition gestellten Anträge ausge sprochen und durch die Bergbehörde das Verlangen an die Vorstände der Knappschaften gestellt, sofort eine Umarbeitung der Statuten in Angriff zu nehmen. Sowohl der Referent als auch in der auf den Vortrag folgenden Discussion Hr. Assessor Krabler drücken ihr Befremden darüber aus, dafs der Hr. Minister auf Grund der in der Petition enthaltenen inhaltslosen Anklagen und gröfstentheils unbegründeten Forderun gen das „Verlangen“ der Statutänderung an den Knappschaftsvorstand gestellt hat. Nachdem noch Hr. Hoffmann mitgetheilt, dafs das im ersten Halbjahr 1886 gezahlte Krankengeld gegen das erste Halbjahr 1885 bei der Knappschaftskasse in Bochum um 76,04%, in Essen um 61,76% und in Mülheim a. d. Ruhr um 98,43% sich höher stellen, beschliefst die Versamm lung auf den Vorschlag des Vorsitzenden mit grofser Mehrheit, zu den Anträgen des Referenten Hrn. Hoff mann einstweilen noch keine Stellung zu nehmen, da dieselben im Vorstande noch nicht genügend erörtert worden seien, den Knappschaftsvorständen jedoch zu empfehlen, eine Aenderung ihrer Statuten dahin vor zunehmen, dafs die Knappschaftsältesten direct von den Mitgliedern gewählt werden, womit also der bisherige Modus, nach welchem die Gewählten der Bestätigung seitens des Vorstandes unterliegen, beseitigt sein würde. Endlich spricht die Versamm lung ihre Bereitwilligkeit aus, den Versuch der Bochumer Knappschaftskasse bezüglich derfreien Auswahl unter den von der Kasse inner halb eines bestimmten Umfanges ange stellten Aerzten zu unterstützen. Referate und kleinere Mittheilungen. Eisen im Kriegswesen. Kriegsmaterial in England. In spalten langen Aufsätzen eines Theils der politischen und fachlichen Presse giebt sich die Bestürzung kund, welche die Engländer ob des Umstandes ergriffen hat, dafs ihre heimische, sich mit der Herstellung von Kriegsmaterial beschäftigende Industrie in neuerer Zeit ins Hintertreffen gedrängt ist. Riesen kanonen, welche bei Abgabe des Schusses platzen, Panzerplatten und Geschosse, die bei vergleichenden Schiefsversuchen sich als den ausländischen Erzeug nissen erheblich unterwerthig erwiesen haben, sind drei Dinge gewesen, deren Zusammentreffen den englischen Patrioten und Industriellen in grofse Unruhe versetzt hat. Ist es auch richtig, dafs die Versuche noch nicht abgeschlossen sind, und ist es ferner zweifellos, dafs der Ursprung vieler der Zeitungsartikel ein einseitiger und tendenziöser ist, so lassen sich doch einige Thatsachen feststellen, welche beweisen, dafs die Engländer ihrer eigenen Fabrication nicht mehr recht trauen. Unter diese Thatsachen rechnen wir, abgesehen von der notorischen Angst der Engländer, ihre Geschütze zum Schiesen zu gebrauchen, zu nächst die, dafs die englische Kriegsmarine vor kurzem bei einem französischen Stahlwerke (Firminy) eine Bestellung auf 400 Stahlgeschosse gemacht hat und dafs sie dabei gesteht, sich deswegen an das Ausland gewandt zu haben, weil die heimische In dustrie die Fabricate nicht in derselben Güte her. stellen könne. Eine weitere Folge dieser Erkennt.