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Berichte über Versammlungen verwandter Vereine. Der Verein für die bergbaul. Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund hielt am 22. December v. J. in Essen seine achtund- zwanzigste ordentliche Generalversammlung ab. An derselben nahmen aufser vielen und angesehenen Gästen als stimmberechtigte Theilnehmer 66 Ver treter von 86 Vereinszechen theil, deren Beleg schaften 68 572 Mann umfassen. Aus den vierstün digen Verhandlungen, die von dem Vereinsvor sitzenden Dr. Fr. Hammacher geleitet wurden, heben wir Nachstehendes hervor. Der Geschäftsführer des Vereins Hr. Dr. Natorp bezeichnete das Jahr 1886 als das ungünstigste für den Bergbau, was überhaupt bis jetzt dagewesen sei. Nicht nur seien die Preise für Kohlen und Koks in einem Mafse zurückgegangen, wie man es früher nicht für möglich gehalten hätte, sondern auch die Förderung bezw. der Absatz sei gegen das Vor jahr wesentlich zurückgeblieben, und zwar um 2 %. Daraus gehe hervor, dafs auch der Bedarf an Kohlen abgenommen habe — eine Folge des Darniederliegens der übrigen Gewerbszweige und der Verengerung des Absatzgebiets. Während die Steinkohlenproduction in ganz Deutschland von 38 500 000 t im Jahre 1876 auf 58 300 000 t im Jahre 1885 gestiegen ist, also im Verhältnifs von 100:150, ist der Werth des Productionsquantums nur von 264000 000 • auf 303000 000 K gestiegen, also im Verhältnifs von 100:115. Die Lage der Belegschaft kann eine verhältnifs- mäfsig befriedigende genannt werden, da gröfsere Arbeiterentlassungen nicht stattgefunden haben und die Löhne nicht erheblich heruntergegangen sind. Die letzteren betrugen im Durchschnitt im Jahre 1885 = 2,68 — 2,66 • und sind im Jahre 1886, für welches die statistischen Angaben noch nicht vor- liegen, allem Anscheine nach ebenso hoch gewesen. Da jedoch vielfach Feierschichten eingelegt werden mufsten, so ist ein Rückgang im Arbeitserträge allerdings eingetreten. Nachdem die Bestrebungen für das Zustandekommen einer neuen Förderver einigung sich als erfolglos herausgestellt hatten, gab der Vereinsvorstand eine Anregung zur Abänderung der Satzungen der westfälischen Berggewerkschafts kasse, und der Vorstand der Kasse hatte die Genug- thuung, dafs die von ihm vorgeschlagenen Aende- rungen in der Generalversammlung am 19. November nahezu einstimmig angenommen wurden. Die Be schlüsse dieser Versammlung, welche eine Regelung der Production bezw. eine Einschränkung derselben nach den jeweiligen Geschäftsverhältnissen ermög lichen, liegen zur Zeit dem Ministerium zur Prüfung und event. Genehmigung vor.* Das Kokssyndi kat, welches ein Jahr mit grofsem Erfolg gewirkt, vor einigen Monaten aber seine Thätigkeit einge stellt habe, werde allem Anscheine nach bald wieder zustande kommen, da die etwa 30 % der Gesammt- Production vertretenden Werke, die bisher dem Syndikat nicht angehörten, zum gröfsten Theil zum * Inzwischen ist eine Antwort des Herrn Ministers eingegangen, in welcher die Genehmigung in Aus sicht gestellt wird, falls einige Abänderungen der am 19. November gefafsten Beschlüsse vorgenommen werden. Zur Beschlufsfassung über die Umgestaltung der letzteren ist eine Generalversammlung der Berg werkschaftskasse auf den 31. d. M. nach Bochum einberufen worden. (Vergl. auch Seite 160.) Beitritt geneigt seien. Infolge eines von der vor jährigen Generalversammlung gefafsten Beschlusses ist seitens des Vereins eine technische Com mission niedergesetzt worden mit der Aufgabe, sachverständige Vorschläge zu gröferer Einigung des niederrheinisch - westfälischen Bergbaues auf technischem Gebiete ausarbeiten zu lassen. Die um fangreichen Arbeiten dieser Commission sind in zwei Denkschriften niedergelegt worden.* Das Absatzgebiet der westfälischen Kohle i s t nach allen Seiten hin gefährdet, namentlich mufs befürchtet werden, dafs die Industriegebiete von Luxemburg, Deutsch-Lothringen und Frankreich, welche seither gegen 900 000 t westfälische Koks bezogen, verloren gehen. Gründe dafür sind die besser gewordene Qualität der französischen und belgischen Koks, die Herabsetzung der Preise für dieselben und die durchgreifenden Tarifmafsregeln, welche die französische Ostbahn und die belgische Staatsbahn ergriffen haben. Die Differenz zwischen dem Streckensatz für westfälischen Koks nach Luxemburg und belgischen Koks ebendorthin be trägt zu Gunsten des letzteren nicht weniger als 0,82 Pfg. pro Tonne. Die Anstrengungen, welche das Kokssyndikat dafür gemacht hat, dafs die Frachten nach Nordfrankreich auch ermäfsigt werden, sind erfolglos geblieben, weil im Landeseisen- bahnrath dagegen opponirt wurde. Auch die westfälische Eisenindustrie wollte eine Ermäfsi- gung für Nordfrankreich nur unter der Bedingung zugestehen, dafs daraus keine Folgerungen für die Frachten nach Deutsch-Lothringen und Luxemburg gezogen werden dürften. Es liegt jedoch die An nahme nahe, dafs im Interesse der Bahnverwaltungen selbst, welche auf die bisherige Einnahme von 8 Mill. Mark für der Transport von westfälischen Koks nicht werden verzichten können , der Hr. Minister auf diese Angelegenheit wieder zurückkommen wird. Die Einsprüche des Vereinsvorstandes gegen die einheitlichen, nach der kilometrischen Entfernung aufgestellten Tarife, welcher am 1. Januar 1887 in Kraft treten wird, sind ohne Erfolg geblieben. Zum Zwecke der Ausführung der tech nischen Vorarbeiten für den durch Gesetz vom 6. Juli 1886 beschlossenen Bau des Kanals Dort mund - Ems häfen stehen 90 000 K, darunter 40 000 • aus der Kasse des Vereins, zur Verfügung, und ist daher zu hoffen, dafs der Minister nun mehr die Vornahme dieser Arbeiten anordnen wird. Erfreulich ist die Aussicht, dafs die Staatsregierung dem Projecte des Rhein-Maas-Kanals in Bälde näher treten wird; sehr grofse Transporterleichterungen würde das äufserst wichtige Werk der Kanalisation der Mosel gewähren, ohne die eine wesentlich billigere Beförderung der dortigen Erze nach hier und des westfälischen Koks nach dort nicht zu erreichen sein dürfte. Die westfälische Steinkohlenindustrie steht unter dem Einflufs des Weltmarktes, den sie sowohl an der Nordseeküste als auch an der Westgrenze fühlt. Wenn auch in der Eisenindustrie eine Besse rung in gewissem Grade unverkennbar vorhanden sei, so dürfe inan doch keine zu grofsen Hoffnungen hegen, da die Befürchtung begründet sei, dafs, sobald wieder mit Gewinn gearbeitet werde, die Production in sol chem Mafse sich steigern würde, dafs alle Vortheile wieder verloren gehen. Es dürfe also der Verein für die bergbaulichen Interessen und jede Gruben- * Vergl. »Stahl u. Eisen,« Seite 677, 1886. .