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in Paris eine Weltausstellung stattfinden. Die Erörterung der Frage, ob die deutsche Eisen- und Stahl-Industrie sich eventuell bei derselben zu betheiligen habe, sollte in der Sitzung des Hauptvorstandes am 18. September vor. Jahres stattfinden. Der Vorstand der Gruppe sprach sich in der Sitzung vom 10. September 1886 einstimmig gegen die Betheiligung aus und der Vorstand des Hauptvereins schlofs sich einstimmig diesem Votum an. Den von mafsgebender Seite in keiner Weise beanstandeten schnödesten Hetzereien gegenüber, welche von der französischen Presse gegen Deutschland, die Deutschen und besonders gegen die deutsche Industrie, unausgesetzt verübt werden, ist es kaum denkbar, dafs ein deutscher Indu strieller sich veranlafst sehen könnte, durch Be schickung der Pariser Ausstellung zur Verherr lichung derselben beizutragen, sich selbst aber peinlichster Verunglimpfung auszusetzen. Bezüglich der gesetzgeberischen Thätigkeit auf wirthschaftlichem Gebiete ist noch zu er wähnen , dafs der Abgeordnete Ausfeld und Ge nossen nachstehenden die Zulassung des Rechtsweges in Zo 11 streitigkeiten be treffenden Gesetzentwurf beim Reichstage einge bracht hatten: Art. 1: „Wer zur Entrichtung eines Ein gangszolls gar nicht oder nicht in dem erforder lichen Betrag verpflichtet zu sein vermeint, ist befugt, dies gerichtlich geltend zu machen. Die Klage ist bei Verlust des Klagerechts binnen sechs Monaten nach Beitreibung oder mit Vor behalt geleisteter Zahlung des Zollbetrags anzu bringen. Zuständig sind ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstands die Landgerichte bezw. die Kammern für Handelssachen.“ Art. 2. „Die entgegenstehende Bestimmung in § 12 des Zollgesstzes vom 1. Juli 1869 wird aufgehoben.“ Der Reichstag fafste auf Antrag der betref fenden Commission in seiner Sitzung vom 13. März 1886 in bezug auf den vorstehenden Gesetz entwurf den Beschlufs, den Bundesrath aufzu fordern, in der nächsten Session einen Gesetz entwurf vorzulegen, welcher die schliefsliche Entscheidung der Rechtsfragen in Zollsachen dem Rechtswege oder verwaltungsgerichtlichem Ver fahren überweist. Damit wurde der Antrag Ausfeld und eine Petition der Handelskammer Frankfurt a. M., die Errichtung eines Reichstarifamtes für Zollsachen betreffend, für erledigt erachtet. Trotzdem es der Majorität des Reichstages gelungen war, die Erledigung der bereits in dem letzten Jahresbericht erwähnte Vorlage, betreffend die Errichtung überseeischer Dampferlinien mit staatlicher Beihülfe, in der - Session 1884 zu ver eiteln, liefsen sich die verbündeten Regierungen nicht abhalten, die etwas veränderte Vorlage in der nächsten Session wieder einzubringen. In zwischen hatte sich der Unwille des Volks über das Verhalten des Reichstages so energisch kund gegeben, dafs die Vorlage nunmehr, nachdem die Gegner alle Mittel erschöpft hatten, um die Ab lehnung oder mindestens die möglichste Ver zögerung durchzusetzen, in der Sitzung des Reichstages vom 12. Decemher 1885 der Haupt sache nach angenommen wurde. Von dem im Namen des Reichs handelnden Fürsten Bismarck wurde unter dem 3. Juli 1885 der Vertrag über die Einrichtung und Unterhaltung deutscher Postdampf schiffsverbindungen mit Ostasien und Australien mit dem „Norddeutschen Lloyd“ geschlossen. Nach dem § 1 dieses Vertrages verpflichtet sich der „Norddeutsche Lloyd“ zu Bremen, die nachstehenden Postdampfschiffslinien einzurichten und während 15 Jahren zu unterhalten : A. für den Verkehr mit Ostasien: 1. eine Linie von Bremerhaven nach China, und zwar über einen niederländischen oder belgischen Hafen, dessen Wahl der Geneh migung des Reichskanzlers unterliegt, Port Said, Suez, Aden, Colombo, Singapore, Hongkong nach Shangai ; 2. eine Anschlufslinie von Hongkong über Yokohama, Hiogo, einen Hafen auf Korea, dessen Wahl der Genehmigung des Reichs kanzlers unterliegt, Nagasaki zurück nach Hongkong; B. für den Verkehr mit Australien: 1. eine Linie von Bremerhaven nach dem Festlande von Australien, und zwar über einen niederländischen oder belgischen Hafen, dessen Wahl der Genehmigung des Reichs kanzlers unterliegt, Port Said, Suez, Aden, Tschagos - Inseln , Adelaide, Melbourne bis Sidney; 2. eine Anschlufslinie von Sidney über die Tonga-Inseln nach Apia (Samoa-Inseln) und zurück nach Sidney; G. eine Zweiglinie von Triest über Brindisi nach Alexandrien. Die Eröffnung dieser ersten Dampferlinie unter der Reichspostflagge, und mit Unterstützung des Reiches, fand am 30. Juni 1886 in Bremer haven durch den Dampfer „Oder“ in feierlicher Weise statt. Zu derselben hatte der „Norddeutsche Lloyd“ einen grofsen Kreis von Vertretern der Reichs- und Staatsbehörden, des Reichstages, der Industrie und des Handels aus ganz Deutschland geladen. Unvergefslich wird allen Theilnehmern der Augenblick sein, in welchem, unter lauten Zurufen und Segenswünschen, sich die von der Handelskammer Bremen gestiftete deutsche Ehren flagge entfaltete. Ebenso freudig aber werden die Deutschen in den fernen Hafenplätzen diese