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Februar 1887. STAHL UND EISEN.“ Nr. 2. 131 Mitglieder des Vereins wurde nicht als opportun betrachtet. Ueberrascht wurden die an der Währungs frage interessirten Kreise durch die, bei Beginn der Budgetberathungen im Reichstage gemachte Mittheilung, dafs die Reichsregierung sich ver- anlafst gesehen habe, das seit Jahren zinslos in den Kellern der Bank lagernde Barrensilber bei Gelegenheit der Ausprägung von Silbermünzen für Aegypten zu verkaufen. Es sind dies die ersten Silberverkäufe seit Sistirung derselben im Jahre 1879. In der Session des Reichstages von 1885/86 ist mehrfach von der Währungsfrage die Rede gewesen. Besonders verhandelt wurde dieselbe aus Anlafs der folgenden von dem Abgeordneten von Huene und Genossen gestellten Resolution: „Der Reichstag wolle beschliefsen : Die ver bündeten Regierungen zu ersuchen: der Währungsfrage erneut die eingehendste Prüfung zutheil werden zu lassen und dem Reichstage von dem Resultate dieser Prüfung Mittheilung zu machen.“ Der Reichstag nahm am 11. Februar 1886 diese Resolution mit 145 gegen 119 Stimmen an. Die Gründe, welche den Vorstand der Gruppe veranlafst haben, in entschiedenster Weise der Absicht entgegen zu treten, im Jahre 1888 in Berlin eine nationale Gewerbe-Aus Stel lung zu veranstalten, sind in dem letzten Jahresbericht dargelegt worden. Trotzdem diese ablehnende Haltung, mit ganz vereinzelten Aus nahmen, von der gesammten deutschen Grofs- industrie eingenommen wurde und die unbe friedigende Wirthschaftslage, mit welcher die Ab lehnung hauptsächlich begründet wurde, sich weiter verschlechterte, liefs das Berliner Gomite sich doch in seinem Vorhaben nicht beirren. Dasselbe ging augenscheinlich von der nicht un begründeten Annahme aus, dafs auch die Gegner der Ausstellung sich zur Beschickung gezwungen sehen würden, wenn das Zustandekommen der Ausstellung gesichert Sei. Um solcher Vergewaltigung zu entgehen, wurde von dem Vorstand der Gruppe die, in weiten Kreisen beifällig aufgenommene Anregung ge geben, durch gegenseitige bindende Verpflichtung in den einzelnen Industriegruppen zur Nichtbe schickung der Ausstellung die Concurrenzrück- sichten zu beseitigen, auf welche das Berliner Comile speculirte. Inzwischen halte, auf Anregung des Abge ordneten Baumbach, in der 15. Sitzung des Reichstages am 11. December 1885 der Staats- secretair des Innern, Staatsminister v. Bötticher, unter Aufzählung der betreffenden Verbände con- statirt, dafs ein sehr grofser Theil der deutschen Industrie sich gegen die Ausstellung erklärt habe. Der Herr Minister erklärte ferner, dafs, mit Rück sicht auf diese Thatsache, die Regierung nicht | activ vorgehen könne; sie müsse zunächst ab warten, ob sich die Stimmung für das Unter nehmen in der Industrie und im Handelsstande bessern werde; vor allen Dingen aber habe sie abzuwarten, mit welchen Anträgen das Comit an die Regierung herantreten werde. Für den Fall, dafs die Ausstellung zustande kommen sollte, sagte der Herr Minister derselben das gleiche Wohlwollen zu, welches die Regierung bisher jeder Ausstellung in Deutschland erwiesen habe, die mit bestimmten Desiderien auf Tarifermäfsi- gung u. dergl. an sie herangetreten sei. Weiter zu gehen, jetzt vielleicht eine Bewilligung zu gunsten der Ausstellung in Aussicht zu nehmen, könne die Regierung, gegenüber dem betonten, sehr erheblichen Widerspruch eines grofsen Theiles der Industrie, nicht verantworten. Obgleich die starke Betonung der ablehnenden Haltung der Industrie diese Erklärungen wenig ermuthigend erscheinen liefs, trat das Gomite doch mit dem Anträge auf Bewilligung von •6 2 000 000 aus Reichsmitteln, welche Summe zur Finanzirung des Ausstellungsunternehmens als durchaus erforderlich angesehen wurde, an die Reichsregierung heran. Die Ablehnung dieses Antrages durch den Bundesrath bereitete dem Aus- stellungsproject das Ende. Dafs diesem Resultate die bittersten Anklagen und elendesten Verhetzungen gegen die deutsche Grofsindustrie in der Berliner Presse folgten, ist selbstverständlich, weniger, dafs von dieser Be- thätigung ihres Unmuths selbst diejenigen Blätter sich nicht fern zu halten vermochten, welche sonst ein besseres Verständnifs für die Interessen der Industrie bethätigen. Es mufs hier dankbar hervorgehoben werden, dafs die »Berliner Politischen Nach richten« des Herrn Dr. Schweinburg allein von allen in Berlin erscheinenden Blättern den Muth hatten, offen für den Standpunkt der deutschen Grofsindustrie einzutreten und derselben ihre Spälten zum Kampfe gegen die von Berlin versuchte Vergewaltigung zur Verfügung zu stellen. Auf die damals zu Tage geförderten Verun glimpfungen näher einzugehen, verlohnt sich nicht der Mühe. Nur gegen den Vorwurf, dafs Eifer sucht und Mifsgunst gegen Berlin mit zu den Triebfedern des Widerstandes gegen die Aus stellung gehört haben, soll hier die entschiedenste Verwahrung eingelegt werden. Denn soweit die hiesigen Kreise Fühlung mit den deutschen In dustriellen haben, empfinden dieselben nicht ge ringere Befriedigung, als der beste Berliner, über das gewaltige Aufblühen der Reichsbauptstadt, und sie werden mit Stolz durch das Bewufstsein erfüllt, dafs Berlin in verhältnifsmäfsig kurzer Zeit in die Reihe der ersten Hauptstädte der Welt getreten ist. Zur Verherrlichung des hundertjährigen Ge denktages der ersten Republik soll im Jahre 1889