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Februar 1887. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 2. 93 Vorsitzender Herr Lueg: Es hat sich Niemand weiter zum Wort gemeldet, ich schliefse also die Besprechung. Bevor wir zu dem folgenden Punkt der Tagesordnung übergehen, habe ich Herrn Geh. Bergrath Wedding unsern besten Dank für den interessanten Vortrag auszusprechen. Er hat damit nicht allein unserm Verein, sondern der ganzen technischen Welt einen grofsen Dienst erwiesen, und daher werden Sie mit mir einverstanden sein, wenn ich dem von Ihnen kundgegebenen Beifall nochmals Ausdruck verleihe. (Lebhafter Beifall.) Nach Wiedereröffnung der Versammlung nach einer Pause von 5 Minuten nimmt das Wort zu seinem Vortrage Herr Kurt Sorge-Osnabrück: Vorkommen und Verwendung des natürlichen Gases in Pittsburg und der Einflufs desselben auf die dortige Industrie. (Hierzu die Karte auf Blatt III.) M. H.! Wenn man als deutscher Ingenieur eine Studienreise durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika macht, so wird wohl Jeder mit in erster Linie eine Erklärung suchen für die zum Theil aufserordentlichen Leistungen der amerikanischen Industrie, deren erstaunliche Ergebnisse wir hier erfahren, ohne die zu Gebote stehenden Hülfsmittel genau zu kennen, und welche gerade aus diesem Grunde einem oft ungerechtfertigten Mifstrauen bei uns begegnen. Da sind es nun aufser der keineswegs zu unterschätzenden technischen Tüchtigkeit und Strebsamkeit des Amerikaners, vor Allem zwei Umstände, welche uns zuerst ins Auge fallen: dies sind anscheinend immer zur Verfügung stehendes bedeutendes Kapital und der aufserordentliche natürliche Reichthum des Bodens. Ich habe persönlich den Eindruck gewonnen, als wenn für irgend einen Gewinn versprechenden Zweck selbst bei geringer Sicherheit in Amerika immer Kapital vorhanden ist, und es wird sich dies, wenn auch wohl unbestritten der amerikanische Kapitalist unternehmender ist als der unsrige, doch vor Allem auch wieder durch den zweiten Hauptumstand erklären, durch den Reichthum des Landes, welcher einen etwaigen Verlust leichter ersetzen wird und somit auch leichter verschmerzen läfst. Es sei mir nun gestattet, m. H., Ihre Aufmerksamkeit für eine kurze Frist auf ein Natur product der Vereinigten Staaten zu lenken, welches gerade für die amerikanische Eisenindustrie von hervorragender Bedeutung ist und Ihnen allen bekannt sein wird, von dessen mächtigem Vorkommen man sich indessen, wenn ich von mir selbst auf Andere schliefsen darf, nach den wenigen Notizen, welche meines Wissens in deutschen Zeitschriften darüber erschienen sind, thatsächlich keine richtige Vorstellung machen kann. Ich meine die gasförmigen Ausströmungen des Erdbodens, welchen die ziemlich allgemein klingende Bezeichnung, »natürliches Gas« beigelegt worden ist. Mit diesem natürlichen Brennstoff ist zwar nicht ausschliefslich, aber doch anscheinend am meisten der Industriebezirk von Pittsburg in Pennsylvanien beglückt, welcher schon an sich von der Natur in jeder Hinsicht begünstigt wurde, und dessen oberflächliche Schilderung ich in wenigen Worten geben will. Die Stadt Pittsburg hatte im Jahre 1880 etwa 156 000, ihre Schwesterstadt Alleghany City 79 000 Einwohner, und die Bevölkerung ist so im Wachsen begriffen, dafs man dieselbe jetzt bereits auf weit über 300 000 Seelen angiebt. Mitten in einem Kohlenbecken und am Zusammenflufs der beiden Flüsse Monongahela und Alleghany gelegen, welche von hier ab gemeinschaftlich den Ohio Und damit eine bedeutende Wasserstrafse zum Mississippi bilden, vereinigt Pittsburg mit landschaftlich schöner Lage gleichzeitig Alles, was es zu einem Industriecentrum ersten Ranges macht. Der Alleghany ist von Natur aus schiffbar; den Monongahela hat man durch Schleusen schiffbar gemacht, und mit einem unter halb der Stadt quer durch den Ohio gezogenen mächtigen Damm nebst Schleuse wufste man aufserdem dem Einflufs des im Sommer niedrigen Wasserstandes zu begegnen. 12 Eisenbahnlinien laufen ferner in Pittsburg und Alleghany City zusammen und gestatten die Verfrachtung der Erzeugnisse nach allen Punkten des Landes unter günstigen Bedingungen, wie sie andererseits auch die Zufuhr, z. B. der Eisenerze vom Lake Superior ermöglichen. Es würde viel zu weit führen, wenn ich die Mannigfaltigkeit der dortigen Industfieen auch nur andeuten wollte; es genügt, wenn ich anführe, dafs der Werth der gesammten jährlichen Erzeugung im Jahre 1884 auf rund des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleifses in Preufsen, Bd. 60 1881, veröffentlicht ist. Einige Anaiysen über charakteristische Hochofenschlacken, welche erstere im Manuskript enthalten waren, fehlen jedoch in der Abhandlung. Weshalb nicht aufgenommen, lasse ich hier unerörtert. Vielleicht geschah es nur aus Ver sehen?! Hierher gehört auch das von mir vorgeschlagene und mit Erfolg ausgeführte Verfahren der Ana lyse durch trockenes Chlorgas zum Sichtbarmachen und zur Trennung der im Eisen und im Stahl einge schlossenen oxydischen Verbindungen, um diese getrennt zu bestimmen und in Erscheinung treten zu lassen zur mikroskopischen Untersuchung. S. Stein.