Volltext Seite (XML)
Februar 1887. „STAHL UNI) EISEN.“ Nr. 2. Das vierte Bild zeigt graues Holzkohlenroheisen von demselben Ursprungsorte. Sehr deutlich erscheint hier der helle Grund, gegen den, Blumenblättern ähnlich, die mannig fach gegliederten Ausscheidungen abgegrenzt sind. In den letzteren treten scharf und klar die Grafitblätter auf, bald als Linien, die sich kreuzen, bald, wenn der Querschnitt sie flacher ent- blöfst, gröfsere Flächen einnehmend. Das fünfte Bild ist das eines weifsen Holzkohlenroheisens, ebenfalls von Rothe- hütte. Hier überwiegt der helle Grund, die blumigen Ausscheidungen treten etwas mehr zurück. In dem körnigen Gefüge derselben finden sich nur vereinzelt schwarze Graphitlinien. Mit besonderer Klarheit tritt im sechsten Bilde Hartgufs von Gruson in Buckau hervor. Das Stück ist einer Stelle entnommen, wo das abgeschreckte weifse in das den Kern bildende graue Eisen übergeht. Das folgende, siebente Bild führt gepuddeltes Korneisen vor. Ein deutliches Netz werk (Homogeneisen) umschliefst einzelne Körner (Krystalleisen). Einzelne längere Streifen des ersteren durchbrechen an mehreren Stellen das ganze Gefüge. Schlackeneinmengungen treten nur vereinzelt auf. Die Reihe wird mit dem achten Bild geschlossen, welches besten Ti egelgufsstahl von Böker in Remscheidt darstellt. Das homogenste aller uns bekannten Eisenarten zeigt dennoch deutlich das freilich sehr fein ausgebildete Netzwerk, welche die gleichmäfsig grofsen Körner umschliefst. Zum Schlufs will ich Ihnen, meine Herren, nun noch einige mikroskopische Bilder derselben Panzerplatte vorführen, welche ich im vorigen Jahrgange der Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleifses eingehend beschrieben und nach Zeichnungen abgebildet habe. Zuerst zeigt das neunte Bild diejenige Stelle der Panzerplatte, an welcher sich die Dec k- platte aus Flufseisen mit der eingegossenen Stahllage berührt. Deutlich läfst sich zwar der Unterschied der beiden Flufseisenarten erkennen, der kohlenstoffreicheren mit den groben Absonde rungen von Krystalleisen und dem feinen Netzwerk, der kohlenstoffärmeren mit den kleineren und vereinzelteren Krystalleisenkörnern und dem gleichmäfsigen Grunde, aber eine Fuge ist nur in Form einer ziemlich geraden Linie zu erkennen; kein Zwischenraum zeigt sich. Das zehnte Bild führt einen Theil der Grundplatte aus Schweifseisen vor. Das charakteristische Gefüge ist nicht zu verkennen. Die mit Schlacke gefüllten Schweifsfugen lassen selbst genau die Stellen sehen, wo zwei Luppen zusammengeschweifst waren. Eine Menge Schlackeneinschlüsse wechseln mit den deutlich sichtbaren Sehnebündeln. Zum Schlufs führe ich Ihnen in einem elften Bilde die Schweifsfuge der Panzerplatte zwischen Stahllage und Grundplatte vor. Sie mögen vor der fast baumstarken Oeffnung nicht erschrecken; es ist eben die 1200fache Breite der wirklichen Spalte. An der hier vergröfserten Stelle ist thatsächlich keine Verbindung zwischen Schweifseisen und Flufseisen eingetreten. Die charakteristische Mikrostructur der beiden angrenzenden Eisenarten ist, wie Sie sehen, klar zu erkennen. (Der Saal wird wieder erhellt.) Meine Herren! Ich glaube, der Nutzen der Mikroskopie für die Wissenschaft ergiebt sich aus den vorgezeigten Bildern ohne weiteres; indessen können doch auch schon bei dem jetzigen Stande dieser neuen Methode auch manche für die Technik wichtige Schlüsse gezogen werden; z. B. wird es richtig sein, zu folgern, dafs man Flufseisen und Schweifseisen nicht zusammen- schweifsen soll, sondern dafs, wenn man zwei verschiedene harte Eisensorten vereinigen will, man nur Flufseisen wählen darf. Es erklärt sich hieraus die heutige Richtung, Panzerplatten ganz aus Flufseisen herzustellen; man mufs sie für gerechtfertigt bezeichnen. Unter den zahlreichen weiteren Schlufsfolgerungen will ich nur noch diejenige, welche den Mangangehalt des Eisens betrifft, ziehen. Ein selbst geringer Mangangehalt giebt sich stets in einer besonderen Krystallisation kund; die strahlenförmigen Krystalle liegen kreuz und quer. Die Herren Drahtfabrikanten möchten vielleicht daraus die Folgerung ziehen dürfen, dafs, wenn sie Telegraphendrähte von hoher Leitungsfähigkeit herstellen wollen, sie vor allen Dingen sorgfältig einen Mangangehalt im Drahte vermeiden müssen. Die Eisenhüttenleute denken, wie mir scheint, überhaupt von dem Mangan viel zu gut; man ist gewohnt, das Mangan nur als einen nützlichen Stoff anzusehen. Es ist auch richtig, dafs Mangan zur Sauerstoffentfernung vorzüglich geeignet ist; und seine Anwendung im Siemens-Martinofen oder in der Bessemer- und Thomasbirne ist ganz gerechtfertigt; aber man sollte nicht leicht über einen Ueberschufs daran denken; man sollte viel mehr ebenso vorsichtig mit dem Mangan umgehen, wie man es mit dem Silicium gewohnt ist. Gestatten Sie mir nun noch ein paar Worte über die Herstellungsweise dieser Bilder. Schon längst hatte man mit Lupe und Mikroskop Eisen angesehen, aber immer nur den unebenen Bruch. Es ist das Verdienst des Ingenieurs A. Martens in Berlin, darauf aufmerksam gemacht zu haben, dafs richtige Bilder von der Struktur des Eisens nur dadurch erhalten werden können, wenn