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Eisenhütten des Süderlandes im vorigen Jahrhundert. Ein historisches Erinnerungsblatt. In der am 31. October 1. Js. zu Witten a. d. R. eröffneten »Ausstellung für Orts- und Heimathskunde« fand der Schreiber dieser Zeilen unter den zahlreichen alten Büchern auch eine sehr selten gewordene, von Herrn Apotheker Grevel aus Steele ausgestellte Broschüre, die. den Titel trägt: „Bemerkungen über einige Me tallische Fabriken der Grafschaft Mark von E. A. Jägerschmid. Mit 4 Kupfertafeln. Dur- lach, gedruckt und verlegt bei I. G. Müller, ältern, Markg. Badenscher Hofbuchdrucker, 1788.“ Der Verfasser, ein technisch gebildeter Mann, hatte sich längere Jahre in England aufgehalten und dann eine Reise durch das Süderland ge macht, in dessen industriellen Verhältnissen er im Vergleich zu den englischen so viele Mängel entdeckte, dafs er sich entschlofs, die selben, „lediglich um den Mitmenschen zu nuzen“ in einer Schrift darzulegen und dieselbe dem König Friedr. Wilh. II. zu widmen. So ent stand das obengenannte Buch, das in jeder Zeile von der vorzüglichen Beobachtungsgabe des Ver fassers Kunde giebt, wie der letztere denn auch seinen weiten Blick dadurch darthut, dafs er zur Hebung des Steinkohlenbergbaues „die Gewin nung der Nebenproducte“ anempfiehlt. — Auf seiner süderländischen Reise besucht er nun neben den Osemundfabriken, Drahtziehereien, Nähnadelfabriken auch die Eisenhütte zu Sund wig, und es dürfte die Leser von »Stahl und Eisen« interessiren, ihm in dieselbe zu folgen. Betreffs des „Hoheofens" theilt er mit, dafs derselbe in Sundwig „nicht über 30 bis 35 Wochen geht. Seine innere Figur ist viereckigt und also nach alter Bauart eingerichtet. Die Höhe vom Sohlstein bis an die Gicht beträgt 22 Fufs.“ Unter solchen Verhältnissen giebt Jägerschmid seiner Verwunderung darüber Aus druck, „dafs man in Deutschland nicht mit mehr Eifer die runden Schächte und ovalen Gestellen bei den hohen Oefen einführt, da uns doch die Naturlehre sowohl wie die Erfahrung zeigt, dafs das Feuer selbst eine runde Gestalt annimmt, also seiner Natur angemessen und eigen ist; dieses beweisen ebenmäsig die aus- gebranten Oefen, die sich alle von selbst rund bauen. Der Zug der Luft oder des Windes, der im zirkelförmig gebauten Ofen nirgends auf gehalten wird, sezt die Theile des Feuers in eine stärkere Bewegung, und vermehrt daher seine wirkende Kraft, welches in viereckigten Oefen nicht geschehen kann, weil hier der regel- mäsige Gang des Windes und des Feuers in den Eken aufgehalten wird; dahero Schlacken und der gleichen Dinge sich ansezen, die das schwächere Feuer in diesen Orten, wie die Er fahrung bei dem Aufbrechen der Oefen zeigt, nicht genugsam hat schmelzen können.“ Ferner tadelt Jägerschmid die Niedrigkeit der Hochofenschächte und meint, „die hiesigen Gewerken würden einen grossen Unterschied so wohl im Ausbringen als in Erspahrung der Kohlen finden, wenn ihr Ofen 10 bis 12 Fufs mehr Höhe hätte, besonders weil sie streng füssigen Stein haben.“ Nun giebt der Verfasser zwar zu, dafs „die Metallurgisten in Ansehung der Höhe der Eisen öfen noch nicht einig sind,“ allein er hat „Ur sache zu glauben, dafs die hochgebauten Oefen, einige wenige Fälle ausgenommen, die vorzüg lichsten sind; hier bekommen die Erze mehr Zeit, sich mit brennbarem Wesen zu sättigen, und also erfolget eine bessere Reduktion, wel ches besonders beim Eisen ein wichtiger Ge genstand ist.“ Auch das Gebläse tadelt er, weil es schlecht und von Leder ist. „Die Herren Gewerke haben erst jüngst dieses neue Blasebälge von dieser Art machen lassen, welches zum Verwundern ist. Ich habe noch vor ohngefehr 3 Wochen diese Hütte besucht, und der Hüttenmeister be klagte sich, dafs einer dieser Bälge wegen des schlechten Leders schon ein Loch bekommen, und er alle Mühe habe, den Ofen im Gang zu erhalten. Es wäre sehr gut, wenn bei den hohen Oefen und Frischfeuern die eisernen Cylinderbälge eingeführt würden, die von ewiger Dauer sind und immer einen kalten Wind geben.“ Ueber das Rohmaterial theilt der Verfasser mit, dafs 5 Sorten Eisenstein verschmolzen werden. „Der Dahlerstein, der zu Dahle ge wonnen wird, mufs die Hütte offen halten, der Hollstein aber liefert das mehreste Werk. Jener wird gewaschen, und dieser mufs geröstet werden, damit er sich pochen lasse. Die Ge gend, in welcher der Hollstein bricht, kann man fürchterlich schön nennen, daher vermuthlich der Name: die Hölle, herzuleiten ist. Abscheu liche Massen von Kalksteinfelsen, die klüftig sind, 100 und mehrere Fufs Höhe haben, und Thürmen ähnlich ragen über das Gebürge weg. In diesem Abgrund, der einen Kessel formirt, sind die Schächte abgeteuft. Dieser Eisenstein bricht nesterweise und mufs durch Schiessen gewonnen werden. Der ganze Bau dieses Berg werks bestehet in Schächten und Streken, die im ganzen Gesteine stehen. Die mehresten Ge wässer verliehren sich im klüftigen Gestein. Kein Stollen kann hier wegen der Lage des Gebürgs angesetzt werden. Man braucht hier