Volltext Seite (XML)
802 Nr. 12. „STAHL UND EISEN.“ December 1886. fertigt; ebenso werden daselbst die vielfachen Reparaturen besorgt, welche der Betrieb eines metallurgischen Laboratoriums mit sieh bringt. Die Bohrmaschine ist so kräftig, dafs auch. Me talle nach der Müllerschen Methode auf Gase angebohrt werden können. Zu dem Laboratorium gehört noch in der oberen Etage ein Vorlesungs saal und zwei ziemlich bedeutende Räume für die metallurgische Sammlung, die in vorzüglicher Entwicklung begriffen ist und die wir für ent sprechende Zuwendungen unseren Fachgenossen bestens empfehlen wollen. Aufser diesen Räumen, welche sämmtlich im kleinen Hauptgebäude der Hochschule liegen, befindet sich im grofsen Hauptgebäude noch ein Zeichensaal für diejenigen Studirenden, welche an den von Professor Weeren geleiteten Hebun gen im Entwerfen von Hüttenanlagen und Auf- bereitungsanstalten theilnehmen. Ein anfäng lich im kleineren Hauptgebäude eingerichteter Saal reichte für die Zahl der Theilnehmer an diesen Hebungen nicht aus. Sowie nun das Ministerium mit grofser Frei gebigkeit die vorgedachten Einrichtungen treffen liefs, so entspricht auch die Anordnung und zweckentsprechende Wahl des Unterrichtsstoffes den weitgehenden Bedürfnissen unserer Zeit. Aus dem Verzeichnifs der Vorlesungen geht her vor, dafs für die wichtigeren Disciplinen der Metallurgie ausreichend Sorge getragen ist. Be sonders zweck mäfsig finden wir es, dafs Professor Weeren, der derzeitige Vorsteher der Abtheilung für Chemie und Hüttenkunde, einige sonst in eine Vorlesung zusammengefafste Disciplinen ge trennt hat. Wir rechnen dazu die Vorlesung über allgemeine Hüttenkunde, welche er in zwei Theile zerlegt hat, deren erster die Lehre von den Brennstoffen enthält. Wir halten es für aufserordentlich erspriefslich, dafs durch diese Trennung der gesamrnten Hörerschaft der Hochschule Gelegenheit geboten ist, diese für alle Techniker ohne Ausnahme wich tige Vorlesung hören zu können, und nach un serer besten Ueberzeugung empfehlen wir die Lehre von den Brennstoffen als obligatorischen Unterrichtsgegenstand auch für Architekten, Ma schinenbauer und technische Chemiker. Unter der vorzüglichen Leitung des derzeitigen Vorstehers, welcher die Kenntnisse des Maschinen bauers mit denen des Chemikers und praktischen Hüttenmannes in seltener Weise vereinigt, ist das metallurgische Laboratorium in Charlotten burg rasch aufgeblüht und stets bis auf den letzten Platz besetzt. Auch die Einrichtung des Wochencursus für die Hüttenleute halten wir für zweckentsprechend. Nach der Mittheilung des Professors Weeren treten die Praktikanten in diesen Cursus ein, nachdem sie sich in dem anorganischen Laboratorium die nöthigen Vor kenntnisse erworben haben, und werden nun in den analytischen Studien weitergeführt und zu synthetischen Arbeiten umfassender Art ange leitet. Besonderer Werth wird auch auf eine sorgfältige Einführung in die elektrolytischen Operationen gelegt, wobei nicht allein die An wendung des galvanischen Stromes zur Analyse, sondern auch zur Reinigung der Metalle gelehrt wird. Auch das Studium der feuerfesten Roh materialien und Producte hat ausgedehnte Be achtung gefunden. Bei den Uebungen im Ent werfen von Hüttenanlagen befolgt Professor Weeren die Methode, dafs er nach erschöpfendem Vortrage über die gestellten Constructionsaufgaben, dem sich noch ein Colloquium anschliefst, die Praktikanten selbständig die Lösung finden läfst. Ein mechanisches Copiren von Vorlage blättern, wie es sonst wohl üblich, ist durchaus verpönt. Von den einfachsten Constructionsauf gaben, z. B. dem Entwürfe einer Kessel-, Koks- ofenthür u. s. w., geht er in einem bestimmten Lehrgänge zu gröfseren Aufgaben über, wobei in den letzten Semestern besondere Wünsche der einzelnen Studirenden angemessene Berück sichtigung finden. Während wir einerseits bis jetzt mit unserm Lobe nicht zurückgehalten haben, wo wirklich zu loben war, so dürfen wir andererseits aber auch einige Uebelstände nicht verschweigen, die uns aufgefallen sind. Zunächst sind die Arbeitsräume der Prakti kanten etwas zu klein; diese stehen zu dicht gedrängt, welcher Uebelstand sich besonders geltend macht, weil die betreffenden Plätze nicht nur belegt, sondern auch benutzt werden. Dann sind die Räume zu niedrig und zu dunkel, da die Fenster für Laboratoriumsräume zu klein gegriffen sind. In bezug auf die Vor lesungen müssen wir bemerken, dafs die Stunden zahl einzelner uns zu gering genommen erschei nen will. Die Lehre von den Brennstoffen kann wohl nicht gut in 2 Wochenstunden eines Se mesters erschöpfend genug abgewickelt werden. Auch 4 Stunden für die so gewaltig angeschwol- lene Eisenhüttenkunde will uns zu wenig erschei nen. Vor allen Dingen aber dürfte es unmöglich sein, in 4 Wochenstunden des so überaus kurzen Sommersemesters die Aufbereitungskunde so ein gehend zu behandeln, wie es dieser wichtige Lehrstoff verdient. Auch dürften für das Ent werfen von Hüttenanlagen 4 Stunden wöchentlich nicht genug sein, besonders bei der bereits er wähnten Methode, welche Hr. Professor Weeren verfolgt. Wir empfehlen im übrigen unseren Fachge nossen die Besichtigung der technischen Hoch schule und besonders des metallurgischen Labo ratoriums auf das angelegentlichste. — Dr. 0.