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terrichte übergeben und durch den Kaiser selbst eingeweiht worden. Wir haben vor kurzem Gelegenheit gehabt, dieses stolze Gebäude zu besichtigen, und nehmen an, dafs einige Mittheilungen darüber im allge meinen und speciell über das metallurgische Laboratorium den Lesern von »Stahl und Eisen« nicht unwillkommen sein werden. Die Anstalt liegt an der Südseite der von Berlin durch den Thiergarten führenden Berliner Strafse und besteht aus 2 Hauptgebäuden, welche von schönen Parkanlagen umgeben sind. Das erste gröfsere und prächtigere Hauptgebäude ist für die Studirenden der Architektur, des Ma schinenbaues und des Schiffbaues bestimmt. Vom Erdgeschosse bis hinauf zum Dache ist Alles in grofsartiger und solider Pracht ausge- führt; 5 Lichthöfe bringen Licht in das Innere des Riesengebäudes; die weiten und hellen Cor- ridore sind mit Sculpturen und Gipsabgüssen aller Art geschmückt. Die Vorlesungsräume sind grofs und hochfenstrig, die Zeichensäle sehr geräumig und reichhaltige und mannigfaltige Sammlungen sind zur Förderung des Unterrichts und zur Bildung der Anschauung der jungen Leute vorhanden. Das zweite kleinere Hauptge bäude enthält die Laboratorien für die Studiren den der Chemie und der Hüttenkunde, 5 an der Zahl, das anorganische, das organische, das technologische, das metallurgische und das photochemische. Von diesen Laboratorien liegt das metallurgische, welches für die Leser von »Stahl und Eisen« wohl das meiste Interesse haben dürfte, im Erdgeschofs des Gebäudes und zwar in der nordwestlichen Ecke desselben. Man tritt von dem Haupteingang in das Vestibül und von da rechts in einen ausgedehnten Haupt- Corridor, um welchen herum die übrigen Labo- ratoriumsräume gruppirt sind. Dieser Haupt- Corridor enthält theils auf eisernen, theils auf hölzernen Arbeitstischen die verschiedenartigsten Apparate, so Apparate zur Bestimmung des Kohlenstoffgehaltes des Eisens durch Verbrennung mit Kupferoxyd, mit Chromsäure u. s. w., Apparate zur Entwicklung von Wasserstoff, Kohlensäure, Apparate für Aufschlüsse mittelst Chlor, Vorrichtungen zum Schmelzen mit Gas u. A. in. Es bleiben diese Apparate • stets an Ort und Stelle und werden dieselben von den Praktikanten nur dort benutzt. Neben dem Haupt-Corridor liegt von rechts auf der Nord seite anfangend zuerst der Probirschmelzraum. Derselbe enthält mehrere Muffelöfen nach einem besonderen System des Professors Weeren, sowie Schmelzöfen in verschiedener Gröfse, einen kleinen Cupolofen, Glasbläsertisch, Klopftisch u. s. w. Unter dem Probirschmelzraum liegt eine Schmiede, seitlich von dieser ein Lagerraum für Roheisen, Koks, Holzkohlen, Steinkohlen u. s. w. An den Haupt-Corridor schliefst sich neben dem Probirschmelzraum, durch eine Glaswand getrennt, das eigentliche Probirlaboratorium an, welches 16 Arbeitsplätze enthält und mit vielen bewährten Einrichtungen versehen ist. Daneben liegt ein Waagenzimmer, reichlich den Anforde rungen der besonderen Art der Arbeiten im Probirlaboratorium entsprechend mit vorzüglichen Waagen versehen, die, ungemein dauerhaft und doch im höchsten Grade empfindlich gebaut, aus der Werkstätte von Otto Lietzmann in Ber lin hervorgegangen sind. An das Waagenzimmer schliefst sich ein kleiner Saal an, welcher etwa 10 Arbeitsplätze für Wochenpraktikanten enthält. Die neuesten und bewährtesten Einrichtungen, bezüglich Beleuchtung, Heizung (mit Gas und Dampf), Trocknung finden sich in demselben vereinigt; die Fensternischen sind zu Digestorien benutzt. Von diesem Arbeitssaale sowohl als von den Probirlaboratorien führen Thüren in den Haupt- Corridor, so dafs die Praktikanten diesen Raum in der unmittelbaren Nähe ihrer Arbeitsplätze haben. Der Arbeitssaal der 10 Wochenpraktikanten liegt an der Ecke des Gebäudes und südlich schliefst sich, immer um den Haupt-Corridor herum, das Assistentenzimmer an. An der Südseite des Corridors befindet sich eine Glashalle, die, hoch und luftig durchgeführt, 6 Arbeitsplätze für Wochenpraktikanten enthält. An ihre östliche Seite stöfst ein kleinerer Raum, der einen zweipferdigen Gasmotor, Ventilator und elektrodynamische Maschinen enthält, an ihre westliche Seite ein ebenso grofser Raum, das Schwefelwasserstoffzimmer. Dasselbe ist mit einem vorzüglich arbeitenden Schwefelwasser stoffapparat versehen, der mit einem grofsen und mehreren kleinen Digestorien verbunden ist. Eine vorzüglich functionirende Ventilation ver hindert die Belästigung der Geruchsorgane der in dem Raum Arbeitenden. Der Schwefelwasser stoffraum ist gleichzeitig für die Arbeiten mit Fluorwasserstoff, Brom und in der Regel auch für Chlor bestimmt, so dafs die hierher gehöri gen, nicht ganz gefahrlosen Operationen in zweckmäfsiger Weise sämmtlich auf einen Raum concentrirt sind. Südlich von dem Assistenten zimmer liegen noch das Privatlaboratorium des Professors, dessen Waagen und Arbeitszimmer und ein kleines physikalisches Cabinet. Der Corridor von diesen Räumen, der auf einen inneren Hof des Laboratoriumsgebäudes geht, ist zum Gaslaboratorium eingerichtet, wozu sich dieser Raum, da er nur wenig Sonne hat, be sonders eignet. Nach demselben Hofe, dem Gaslaboratorium gegenüber, liegt eine kleine Werkstätte mit Drehbank, Bohrmaschine, Hobel bank u. s. w. ausgerüstet. Viele Apparate des metallurgischen Laboratoriums sind in ihr ange-