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gelingt, den Nachweis zu führen, dafs das im Auslande hergestellte Product nach diesem in Deutschland geschützten Verfahren erzeugt ist. Aus diesem Grunde waren die chemischen In dustriellen Deutschlands in die üble Lage ver setzt, dafs man ihnen ihre Patente im Auslande, und namentlich in der Schweiz, wo man sich durch Patente nicht schützen kann, nachahmte und die Producte nach Deutschland imporlirte, ohne dafs die Patentinhaber hier die Macht be- safsen, ein solches Treiben zu verhindern; we nigstens sind verschiedene Versuche, gegen solche Patentverletzungen gerichtlich wirksam vorzuge- hen, gescheitert. Im Laufe der Zeit haben sich auch noch einige andere Mängel ergeben, und wir sind schliefslich dazu gekommen, im Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen In dustrie eine ständige Patentcommission niederzu setzen, welche die Patentfragen zu bearbeiten hat. Wir haben schon vor 4 bis 5 Jahren in ver schiedenen Eingaben an den Präsidenten des Patentamtes auf Mängel in der Ausführung des Gesetzes hingewiesen und um Abhülfe gebeten. Dieselben haben aber bisher keinen Erfolg ge habt. Schliefslich wurde in den zwei letzten Generalversammlungen unseres Vereins mit grofser Energie dabin gestrebt, die Reichsregierung auf diese Mängel aufmerksam zu machen, und in einer Eingabe an den Hrn. Reichskanzler, welche auch die Vorschläge des deutschen Ingenieur vereins einer Kritik unterzog, dahin zu wirken gesucht, dafs eine Enquete über das Patentgesetz veranstaltet werde. Die Erfolge des deutschen Ingenieurvereins und unseres Vereins zeigen sich nunmehr in dem Beschlufs des Bundesrathes, eine Enquete vorzunehmen, und in dem Frage bogen, der uns hier vorliegt. Die Mehrzahl der chemischen Industriellen steht heute noch auf dem Standpunkt, dafs das Patentgesetz als solches in seinen Grundzügen, in dem gemischten Verfahren der Vorprüfung und des Aufgebots, gesund ist. Wir sind aber auf der andern Seite der Ansicht, dafs die Ausfüh rung des Gesetzes so unbefriedigend gewesen ist, wie sie überhaupt nur sein konnte, und wir haben deshalb in unserer Petition an den Hrn. Reichskanzler auch zum Ausdruck gebracht, dafs es eigentlich weniger darauf ankommt, eine we sentliche Veränderung des Patentgesetzes zu schaffen, als hauptsächlich die Ausführungsbe stimmungen über die Einrichtung, das Ver fahren und den Geschäftsgang des Patentamtes in eingreifender Weise zu verändern. Der Hr. Reichskanzler ist unseren Wünschen in bezug auf den § 4 vor wenigen Wochen entgegen gekommen, indem er durch das Reichsjustizamt an die einzelnen Bundesregierungen eine Er klärung ergehen liefs, worin ausdrücklich hervor gehoben wird, dafs die von einigen Gerichtshöfen gefällte Entscheidung über die Interpretation des § 4, wonach nur das Verfahren und nicht die nach diesem Verfahren verfertigte Substanz unter Schutz stehen soll, eine irrthümliche sei. Der Hr. Reichskanzler hat also die Ansicht, welche wir über die Interpretation des § 4 hatten, bestätigt, und damit ist schon ein Schritt weiter gethan; denn wir sind jetzt doch in der Lage, bei einem Patentstreite auf diese Interpretation der höchsten Reichsbehörde hinzuweisen, obwohl die Richter noch nicht durch diese Interpretation in ihrem Urtheil gebunden sind. Das Reichsgericht hat diese Ansicht gleichfalls bestätigt. Wir stehen nun auf dem Standpunkt, dafs wir das Gesetz in seinen Grundlagen nicht wesentlich geändert sehen möchten. Wir wün schen auf dem Boden der heutigen Gesetzgebung weiter zu arbeiten, nur mit Veränderung der jenigen Punkte, welche sich aus der Praxis jetzt als thatsächlich ungeeignet erwiesen haben. Wir halten es besonders für sehr gefährlich, jetzt schon principielle Aenderungen in dem Gesetze vorzunehmen, weil ein Gesetz wie das Patent gesetz, welches so sehr in eine Menge Fragen des industriellen Lebens eingreift, erst durch eine Reihe von Jahren sowohl von dem Richter stande wie von der Industrie erprobt werden mufs. Ich gebe zu, dafs auch die Industrie in vieler Beziehung gegen die Anforderungen des Gesetzes gefehlt hat. Sehr viele Patente sind von den Industriellen nicht derartig formulirt worden, wie es nach dem Gesetz eigentlich hätte gesche hen sollen, und der gröfste Theil der auf chemischem Gebiete bis jetzt geführten Patent- processe ist nach meiner Ueberzeugung wesent lich auf schlecht formulirte Patente zurückzu- führen. Mir ist kein wirklich gut formulirtes chemisches Patent bekannt, welches bisher im Nichtigkeitsverfahren oder im Givil- oder straf rechtlichen Verfahren geschädigt worden wäre. Was nun die Ausführungen des Herrn Vor redners anlangt, so sind wir fast in allen wesentlichen Punkten der gleichen Ansicht. Wir können die Meinung des Hrn. Goramerzienraths Langen in bezug auf die Definition des Be griffs »Erfindung« und den Ausführungszwang nicht theilen. Allerdings sind wir in bezug auf die chemischen Patente nicht in der schwierigen Lage wie die mechanische Industrie. Wir können mit viel gröfserer Leichtigkeit verlangen, dafs das Product, welches nach dem unter Pa tentschutz stehenden Verfahren hergestellt werden soll, von vornherein scharf präcisirt wird. Unser Verein hat an das Patentamt in diesem Sinne wiederholt das Ersuchen gerichtet, es möchte bei Anmeldung des Verfahrens sofort auch der Nachweis für die Ausführbarkeit verlangt werden, und das chemische'Product, welches nach dem zu patentirenden Verfahren erzeugt wird, mit der Patentanmeldung eingereicht oder wenigstens in kurzer Frist nachgeliefert werden.