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November 1886. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 11. 711 Immer gröfsere Verbreitung hat während der letzten Jahre der Marlin pro cefs in Grofs- britannien gefunden, so dafs, während die ge- sammte Eisenproduction sich erheblich verringerte, die mit dem Martinprocefs erzeugte Metallquan tität in ununterbrochener Zunahme steht. Zweifel los hat diese Methode vor allen anderen zur Flufsmetallerzeugung dienenden den Vorzug, so bald es gilt, eine bessere Qualität, besonders von Eisen, herzustellen. Die Martinmetallproduction ist lange Zeit hin durch von dem Vorhandensein reinen und billigen Schrotts abhängig gewesen und begrenzt worden, aber mit der von W. Siemens eingeführten Be nutzung von Erz zum Entkohlen des Roheisens ist diese Schwierigkeit überwunden. Dieser sog. Erzprocefs hat auch eine immer gröfsere Aus breitung gefunden, so dafs er in Vereinigung mit einem geringeren oder gröfseren Schrottzusatz bei sieben der acht vom Referenten besuchten Martin werke umgeht. Mehrere dieser Werke, besonders in Schott land und Wales, haben eine ansehnliche Gröfse. So besitzten The Steel Go. of Scotland 37 dreizehntönnige und gröfsere Oefen, Mossend Iron Co. 10, Dalzell Iron and Steel Works 13 von 13 bis 18 t Fassungsraum und Lan dore Siemens Steel Works 24 Martinöfen. Bei diesen grofsen Werken sind die Oefen in zwei Reihen angeordnet mit Giefsgruben zwischen sich. Gewöhnlich hat jeder Ofen eine Giefs- grube, die entweder winkelrecht oder parallel zu ihm steht; in Newton aber hat man begonnen, die Pfannen auf einem Geleise längs der Oefen mittelst Dampfkrahn zu einem gemeinschaftlichen Drehkrahn zu führen, unter dem sich der ganze Gufs vollzieht. Durch diese Anordnung wird an Arbeitsmannschaft und Coquillen gespart; da neben erfolgt der Transport der Blöcke zu den »soaking pits« in bequemer Weise in einer ge neigten Rinne, die im Boden mit Rollen ver sehen ist. Die Oefen, allgemein gröfser dimensionirt als auf dem Gontinente, sind in Construction von einander sehr verschieden: es finden sich deren von den ältesten bei John Brown und in Dowlais in Verwendung stehenden bis zu den neuesten in L a n d o r e und Barrow eingeführten Siemensöfen, deren Princip bekanntlich darin liegt, dafs die Flamme weder das Bad noch das ! Gewölbe berühren soll. Letztere Oefen werden [ auf beiden Werken wegen ihrer Dauer und j Brennmaterialökonomie gerühmt, aber es streicht ja fast jeder seine Oefen heraus. Ein näheres Studium der Oefen wurde in Landere nicht gestattet. In Newton tritt das Gas durch zwei fast horizontale Oeffnungen in den Ofen, die Flamme aber wird scharf gegen das Bad geprefst von der beinahe vertical darauf stofsenden Luft. Das XI.6 Gewölbe liegt gleich hoch in ziemlich grofsem Abstande vom Bade. Bei demselben Werke ist ein ganz zirkelrunder Ofen für Chargen von 15 t mit Blechmantel und dünnen Wänden vorhanden. Gas- und Lufteinströmung sind in ganz derselben Weise angeordnet wie bei den anderen Oefen; obgleich der Ofen infolge seiner runden Form sich in der Mitte erheblich erweitert, scheint sich doch die Flamme ganz gleichmäfsig zu vertheilen. Diese Construction wird der mäfsigen Reparatur kosten wegen sehr gerühmt und wollte man die selbe noch für weitere Oefen adoptiren. Wie bereits erwähnt, wird bei der Mehrzahl der besuchten Werke der Erzprocefs angewendet; er verdient anscheinend auch wegen der nie drigen Selbstkosten alle Beachtung. Sir Lowthian Bell (The principles of the manufacture of Iron and Steel) berechnet, dafs aus Hämatitroheisen unter Zusatz von etwa 17 % Erz producirtes Martinmetall nur 5 sh. pro Tonne mehr kostet als aus demselben Roheisen erblasenes Bessemer metall. Das erhaltene Product, soweit Referent das selbe zu beurtheilen vermochte, war im ganzen von guter Beschaffenheit, bei einigen Werken aber schien der Manganzusatz nicht grofs genug, um den Rothbruch zu beseitigen, der die sehr starke Oxydation begleitet. So wurden bei den meisten schottischen Werken fast alle Platten blöcke beim Schmieden unter dem Dampfhammer kantenrissig. Ueber den Procefs wurde in Newton folgendes mitgetheilt: nach erfolgter Ofenreparatur, die etwa eine Stunde Zeit in An spruch nimmt, erfolgt auf einmal der ganze Einsatz von Roheisen und Schrott; letzterer be trägt etwa 25 % der Charge. Das Einschmelzen dauert gegen 3 Stunden. Hierauf beginnt der Zusatz von Erz, der im ganzen ungefähr 15 % der Charge ausmacht und womit fortgefahren wird, bis die erforderliche Entkohlung erreicht ist. Hierauf wird 0,5 % Ferromangan gegeben. Auf diese Weise werden daselbst, wie in der Regel bei Anwendung von Erz, in 24 Stunden zwei Chargen fertig. Beim Gusse wird so schnell als möglich mit Sand, Platte und Keil gedeckt, um das Steigen zu verhindern. Die in Newton in grofsem Umfange betriebene Stahlgufswaarenfabrication zu besichtigen, wurde nicht gestattet. Bei Taylor Brothers in Leeds, wo das Martinmetall vorzugsweise zu Radreifen ver arbeitet wird, werden gewöhnlich 6 dazu be stimmte niedrige, runde Blöcke auf einmal stei gend gegossen. Oben auf den Coquillen sind kurze, weite Thonrohre angebracht, die gleichfalls mit Stahl gefüllt werden. Auf diese Weise wird ein langsam erkaltender verlorener Kopf und da durch dichterer Gufs erhalten. Sonstige Ver wendung findet hier das Martinmetall noch zu 3