Volltext Seite (XML)
durch denselben sofortige Reduction des MnO und der Effect bleibt der nämliche, als wenn nur der Kohlenstoff in Wirksamkeit getreten wäre. Beim Fehlen der Kohle wird MnO nicht wieder reducirt, sondern vereinigt sich mit wei terem SiO2 zu MnSiOg. Dafs beim Einschmelzen von Ferromangan und Rohstahl in den gedachten Tiegeln eine starke Manganreaction hervortritt, liegt darin, dafs sich zuerst eine manganreichere Legirung bildet, in welcher sich die Rohstahlfragmente nach und nach auflösen. Daraus ergiebt sich nebenbei die Regel, dafs behufs Herstellung von Manganstahlen der Zusatz von Ferromangan oder Spiegeleisen erst nach dem Flüssigwerden des Rohstahls oder Stabeisens zu erfolgen hat, wozu der Versuch XXIII im Vergleich zu XXII eine vortreffliche Illustration bietet. Uebrigens ist noch zu beachten, dafs auch die specielle Beschaffenheit des Graphits bei diesen Reactionen nicht ohne Einflufs sein kann. Beispielsweise wird der mehr erdige steirische Graphit mit dem Thon ein gleichmäfsigeres Ge menge liefern und infolgedessen chemisch wirk samer sein als Geylongraphit, welcher in Form von Blättchen in der Tiegelmasse eingebettet ist. Ein hoher Mangangehalt hat neben der Re duction von SiO 2 und der damit verbundenen Zerstörung der Tiegelwände noch eine für die Praxis sehr bemerkenswerthe Folge, nämlich eine gesteigerte Aufnahme von Kohlenstoff. Dieselbe ist dadurch veranlafst, dafs durch die Verschlackung des Thons der Graphit des Tiegels frei gelegt wird. Wie oben mitgetheilt, wurde bei dem Döhlener Versuch XXII und bei dem Kapfen berger Versuche vom Tiegel, soweit der Stahl stand, eine fast centimetertiefe Schicht fortge fressen, worin mehr Kohlenstoff steckt, als zu der durch die Analyse nachgewiesenen Vermehrung des Kohlenstoffgehalts im Stahl erforderlich ist. Wir betonen, dafs wir die durch das Man gan hervorgerufenen Erscheinungen nur durch dessen chemische Wirkungen erklären , bei denen es selber aus dem Stahl verschwinden und in die Schlacke gehen mufs. Man könnte nun auch annehmen, dafs dies Metall auch physikalisch, d. h. durch Erhöhung der Löslich keit des Kohlenstoffs und Siliciums, den Eintritt dieser Elemente in den Stahl beschleunige. Es ist dabei zuzugeben, dafs höhere Mangangehalte beim Roheisen auch höhere Kohlenstoffgehalte zur Folge haben. Wenn man indessen die Sache näher prüft, so ergiebt sich, dafs ein Mehr von 10 % Mn nur ein Mehr von 0,6 bis 0,8 G veranlassen kann. Dementsprechend mufs aber die Steigerung der Löslichkeit, welche ein einziges Procent Mangan bewirkt, so unbedeutend sein, dafs es nicht angeht, darauf bei der Theorie des Tiegelprocesses Rücksicht zu nehmen. In betreff des Siliciums endlich kann auf Grund von XI.6 Thatsachen überhaupt nicht von einer durch Mangan erhöhten Löslichkeit gesprochen werden. Uebrigens liegt, da die thatsächlich vorhandenen chemischen Vorgänge alle Erscheinungen aufs einfachste erklären, auch gar kein Grund vor, eine physikalische Action des Mangans — diese und nur diese habe ich in meiner ersten Mit- theilung als »etwas mystisch« bezeichnet — an nehmen zu wollen. Unsere bisherigen Betrachtungen berücksich tigten nur den Tiegelstahlprocefs im eigentlichen Sinne, d. h. diejenigen Vorgänge, welche aus einer Wechselwirkung des Tiegelinhalts und der Tiegelwandung entspringen. Daneben besteht noch ein anderer Procefs, welcher dem Wesen des Tiegels nicht eigenthümlich ist, hervorge rufen durch die frischende Wirkung beigemengter oder durch Zutritt oxydirender Gase gebildeter Eisenoxyde. Diese Oxyde werfen sich beim Ein schmelzen wesentlich auf das Silicium, nacher bei Weifsglut auf den Kohlenstoff. So erklärt sich die mehrfach constatirte Thatsache, dafs der Siliciumgehalt kurz nach dem Einschmelzen eine Abnahme zeigt, oder dafs wenigstens die Silicium aufnahme geringer ist, als es dem Manganverlust entsprechen würde. So sind bei den Versuchen XIX und XXII 1/4 Stunde nach dem Einschmel zen 0,63 resp. 1,05 Mn verschwunden, wogegen das Silicium um 0,046 resp. 0,165 vermehrt erscheint, statt um 0,16 resp. 0,26. . Beim wei teren Ausschmelzen dagegen, Versuche XVII, XVIII, XX, XXI, beträgt das Plus an Silicium mehr als 1/4 des Manganverbrauchs, da ja die Reductionswirkung des Kohlenstoffs nebenhergeht. Es ist einleuchtend, dafs der gedachte Frisch- procefs durch einen grofsen Gehalt von Kohle im Tiegel material abgeschwächt wird, weil diese Kohle eindringenden Gasen Sauerstoff entzieht. Andererseits zeigen alle Versuche an mit Thon ausgekleideten Tiegeln eine bedeutende Kohlen stoffabnahme. Die Versuche XXVI und XXVII sind neben den Versuchen XXVIII bis XXXIII die besten der Art, weil auf die Dichtung des Deckels, nach dem die auffallend grofse Kohlenstoffabnahme bei den beiden vorhergehenden Versuchen festgestellt war, eine besondere Sorgfalt verwendet wurde. Wenn man den für die SiOg-Reduction ver brauchten Kohlenstoff abzieht, verbleibt bei XXI noch ein Minus von 0,137 G, hei XXII ein sol ches von 0,114 als Folge des Frischens. Da bei letzterem Versuche der Tiegel nach dem Ein schmelzen noch 7 Stunden im Ofen blieb, er scheint der Kohlenstoffverlust sehr gering. Man sieht aber auch aus den Ergebnissen der beiden vorhergehenden Versuche, wie wesentlich ein ge naues Verschliefsen des Tiegels unter Umständen sein kann. Hieran reihen sich noch solche chemischen Processe, wie sie durch absichtlichen Zusatz ge wisser Ingredienzien im Stahlschmelztiegel hervor- 2