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486 Nr. 7. „STAHL UND EISEN.“ Juli 1886. wiederum nur 2 derselben auf der Rückseite der Platte sichtbar. Dagegen hatte der Einbau etwas nachgegeben, so dafs zwischen der Panzerplatte und den seit lichen Platten Fugen von 1 bis 3 mm Weite entstanden waren. Nichtsdestoweniger verzichtete die Fabrik auf eine Erneuerung des Einbaues der Platte, und der Erfolg bewies, dafs sie ihrem Material nicht zu viel zugetraut hatte. Die Treffstelle des dritten Schusses (III) lag etwa 240 cm über dem Glacis und annähernd auf der Mittellinie der Platte. Die Wirkung dieses Schusses war eine sehr geringe. Die Eindringung betrug nur 4 cm, und die entstande nen 4 Risse kennzeichneten sich als feine Haar risse. Im Innern war nur ein einziger neuer Rifs sichtbar. Dagegen hatte sich das Obertheil der Platte infolge der fehlenden Stützung um einige Millimeter gesenkt, und hierdurch war an der rechten Seite ein Stück der Oberfläche von etwa 20 cm Dicke abgesprengt. Weitere Wirkungen des Schusses waren nicht zu verzeichnen. Bei allen 3 Schüssen gingen natürlich die Geschosse in Trümmer, wie dies bei schrägem Auftreffen auf einen Hartgufspanzer unvermeid lich und stets beobachtet worden ist. Das allgemeine Urtheil aller Anwesenden ging dahin, dafs der Panzer nach dem dritten Schufs noch unbedingt vertheidigungsfähig sei und zum mindesten noch einen, wenn nicht noch mehrere Schüsse des gleichen Kalibers, aushalten könne, ohne breschirt zu werden. Nichtsdesto weniger wurde der Versuch abgebrochen*, da die Platte den im Versuchsprogramm gestellten Anfor derungen in jeder Hinsicht genügt batte. * Inzwischen hat, wie die »Kölnische Zeitung« berichtet, am 23. Juni eine Fortsetzung der Schies- versuche stattgefunden. Bei derselben handelte es sich indessen nicht um eine Prüfung der Platte, son dern um eine solche von Geschossen verschiedener Kaliber und Herstellung. Man verfeuerte zunächst zwei Kruppsche 15-cm-Stahlgranaten von 36 kg Gewicht mit einer Ladung von 18 kg Fossanopulver aus einer Entfer nung von 134 m. Die Wirkung bestand in unbedeutenden Abblätterungen der Oberfläche der Platte an den Treffstellen. Beide Geschosse zerschellten. Sodann wurde aus einer Armstrongschen 100-t-Kanone, 43 cm Kaliber, ein in St. Chamond hergestelltes Stahlvollge- schofs von 1000 kg bei 375 kg Pulverladung mit 535 m Auftreffgeschwindigkeit und einer lebendigen Kraft von 14 600 mt verschossen. Der Schufs traf Um über die Gröfse dieser Anforderungen ein Urtheil zu gewinnen, giebt Ingenieur von Schütz in den neuen militärischen Blättern eine kurze Uebersicht über die älteren, in Spezia mit Ge schützen schwersten Kalibers ausgeführten Ver suche. Wir verweisen bezüglich derselben auf die ausführlichen Mittheilungen in Nr. 2, 3, 4 und 12 v. J. dieser Zeitschrift; es ist dort zu ersehen , dafs damals bei Anwendung einer lebendigen Kraft von 13 683 bis 13 828 mt die etwa 48 cm dicken Compound- und Stahlplatten vollständig zertrümmert wurden. Bei den Schiefsversuchen gegen die Grusonsche Hartgufsplatte war die lebendige Kraft bis auf durchschnittlich 14 700 mt gesteigert worden. Eine derartige Kraft ist ausreichend, um bei nor malem Aufschlag einen schmiedeisernen Panzer von 81 cm Dicke mit Kraftüberschufs zu durch schlagen. Die Maximaleindringung des Geschosses in die Hartgufsplatte betrug an der ungünstigsten Stelle nur 10 cm, eine überraschend kleine Zahl, welche auf das deutlischste den grofsen Einflufs des abgeflachten Profils der Platte und die aufser- ordentliche Härte des Materials erkennen läfst. Zu bemerken ist, dafs die Kruppschen Granaten dasselbe vorzügliche Material zeigten, das man auch bei den kleinen Granaten dieser Fabrik gewöhnt ist. Angesichts der früheren Versuche gegen Panzer aus anderm Material erblickt von Schütz in dem Resultate des vorliegenden mit Recht den Beweis, dafs den schwersten Angriffsge schützen gegenüber bis jetzt nur der Hartgufspanzer einen durchaus verläfs- liehen Schutz für die Vertheidigungs- Artillerie gewährt. Die Ergebnisse bilden einen um so gröfseren Erfolg, als derselbe für die Meisten unerwartet kam. Der für militärische wie für industrielle Fachkreise gleich lehrreiche Versuch hat von neuem den Beweis erbracht, dafs die deutsche Pan zerindustrie unstreitig den ersten Rang einnimmt. auf die Stelle des früheren Schusses II auf, warf längs den vorhandenen Rissen einige Stücke von 40 cm Dicke heraus und zerschellte selbst. Durch den Um stand, dafs das einzige vorhandene St. Chamond-Ge- schofs auf eine bereits verletzte Stelle auftraf, blieb der eigentliche Zweck des Schiefsversuchs, der Ver gleich zwischen der Wirkung Kruppscher und St. Chamondscher Stahlgeschosse, unerfüllt. Die Platte selbst hatte, trotzdem sie von 2 Stahl geschossen auf derselben Stelle getroffen worden war, ihre Vertheidigungsfähigkeit nicht eingebüfst.