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September 1886. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 9. 617 nissen der Gegenwart entsprechende Ausbildung geben und der Rücksicht auf die besondere Fachausbildung erst möglichst spät Rechnung tragen. 3. Der auf der Vergangenheit, auf der Er lernung der lateinischen und griechischen Sprache beruhende und damit im wesentlichen nur für das Studium der Philologie und Theo logie zweckmäfsig angeordnete Lehrplan des Gymnasiums giebt nicht eine den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechende allgemeine Aus bildung. 4. Die aufser dem Gymnasium gegenwärtig be stehenden höheren Schulen, also solche, welche in neunjährigem Lehrgänge mindestens 2 fremde Sprachen betreiben, insbesondere in Preufsen das Realgymnasium und die Oberrealschule, sind in ihrer Entwicklung gehemmt und nicht im stande, ihre volle Leistungsfähigkeit zu entfalten, so lange denselben für die anschliefsenden Hoch schulstudien nicht die gleichen Berechtigungen zuertheilt werden wie dem Gymnasium. So lange diese verschiedenen Arten von allgemeinen höheren Schulen nebeneinander bestehen, sind dieselben in ihren Berechtigungen gleichzustellen; der Uebergang von einer solchen Schule zu einem Studium, für welches jene nicht die be sonders geeignete Vorbildung gewährte, ist zu ermöglichen. 5. Für die Zukunft ist eine einheitliche Ge staltung des höheren Schulwesens in der Weise zu erstreben, dafs dem 3 bis 4 Jahre umfas senden Unterricht in der Vorschule zunächst ein auf 6 Jahre berechneter Lehrgang folgt; derselbe enthält aufser Deutsch , Religion , Zeichnen, Rechnen und Geometrie, Geschichte und Geogra phie — in den ersten 3 Jahren eine neuere fremde Sprache (Englisch oder Französisch) und Naturbeschreibung (als vom Einzelnen ausgehen den Anschauungsunterricht), — dazu in den letzten 3 Jahren die zweite neuere Sprache (je nach Umständen auch Latein) sowie Natur wissenschaften und Mathematik. Die Absolvirung dieses Lehrganges giebt die Berechtigung zum einjährigen Dienste. Diesem sechsjährigen Lehr gänge folgt ein solcher von 3 Jahren in 2 Ab- theilungen mit einigen gemeinsamen Unterrichts fächern, von welchen die eine auf Grundlage der alten Sprachen, die andere auf Grundlage der neueren Sprachen, Naturwissenschaften, Mathe matik und Zeichnen die Vorbildung für die verschiedenen Hochschulstudien gewährt. Der Uebergang von der einen zur andern Abtheilung ist zu ermöglichen, ebenso der Zutritt von einer Abtheilung zu einem Hochschulstudium, zu wel chem diese Abtheilung nicht die besonders geeig nete Vorbildung gewährte.“ In betreff der technischen Schiedsge richte hat der Magdeburger Bezirksverein eine dahingehende Vorlage gemacht, dafs in Erwä gung der hohen Kosten der Processe und der Thatsache, dafs technische Processe der Haupt sache nach durch Sachverständigen - Gutachten erledigt werden, dafs der Staat bei allen Ver trägen für Streitfälle die Entscheidung durch Sachverständige von vornherein bedingt und dafs der Handelsstand mit Vergleichs-Syndicaten und Ver gleichs-Commissionen in ähnlicher Weise bereits vorgegangen ist, jeder Bezirksverein technische Schiedsgerichte errichten möge, an welche sich die Mitglieder des Vereins deutscher Inge nieure und auch Aufsenstehende behufs Schlich tung technischer Streitigkeiten wenden können. Zu einer derartigen Einrichtung sei der Verein deutscher Ingenieure mit seiner grofsen Mitglieder zahl und seiner angesehenen Zeitschrift als be- * sonders geeignet zu erachten. Auch diese Vor lage hat in den Bezirksvereinen eine sehr getheilte Aufnahme gefunden; insbesondere hat der Berliner Bezirksverein dieselbe einer sehr eingehenden Beurtheilung unterzogen und schliefs- lieh einstimmig erklärt: 1. „Der Verein deutscher Ingenieure, dessen Bezirksvereine oder deren Vorstände sind wegen Mangel an Corporations- rechten zur Bildung von Schiedsgerichten nicht geeignet. 2. Die Vorarbeiten der Commission des Magdeburger Bezirksvereins haben zur Klä rung dieser Frage wenig beigetragen.“ Die Versammlung nimmt mit Befriedigung davon Kenntnifs, dafs der Magdeburger Bezirksverein seinen Antrag vorläufig zurückgezogen hat. Man kommt sodann zu dem Antrag der Commission des Hamburger Bezirksvereines belr. Versuche über die Widerstandsfähigkeit von Dampfkessel-Flammrohren. Die Wichtig keit solcher Versuche leuchtet jedem Fachmanne ein; sie werden aber nur dann ein greifbares Endergebnifs haben, wenn sie in umfassendstem Mafsstabe angestellt werden und wenn die Widerstandsfähigkeit der Flammrohre gegen äufseren Druck 1. mit Bezug auf die verschiedenen Bauarten derselben, 2. mit Bezug auf die ver schiedenen Abmessungen derselben, 3. mit Be zug auf das Material derselben, 4. mit Bezug auf den während des Druckes denselben inne wohnenden Wärmegrad geprüft wird. Jedem Fachmanne wird es sofort einleuchten, dafs es zur Durchführung der Versuche in solchem Um fange und von solcher Wichtigkeit nothwendig ist, eine besondere Versuchsstätte einzurichten und dieselbe mit denjenigen Einrichtungen und Apparaten zu versehen, welche die genaue Durchführung der Versuche unbedingt erfordert. Der Bau und die Ausrüstung dieser Versuchs ställe ist auf 80 000 • veranschlagt, während die jährlichen Betriebskosten sich auf 17 000 •6 stellen würden. Da die Ergebnisse dieser Ver suche für die ganze technische Welt ohne Unterschied der Nationen von gröfster Wichtig keit sind, so hofft die Commission, dafs auch