Volltext Seite (XML)
sondern in einer für die schwedischen Verhält nisse brauchbaren praktischen Weise ungebildet zu haben, gebührt dem Konsul F. A. Goranson. Nach vielen mit Ausdauer im Jahre 1857 und 1858 ausgeführten Versuchen, gelang es ihm, am 18. Juli 1858 und zwar dadurch, dafs er die starke Windpressung verminderte, dagegen die Windmenge und die Düsenanzahl vermehrte ein gutes Fabricat herzustellen. Goranson grün dete später Schwedens gröfste Bessemeranlage Sandviken, als dessen Leiter er noch thätig ist. Die schwedische Bessemerarbeit zeichnet sich durch kurze Blasezeit von 5 bis 6, höchstens 8 Minuten aus. Man verwendet am häufigsten siliciumarmes Roheisen und zwar unmittelbar von dem gewöhnlich etwas höher gelegenen Hochofen, so dafs die Roheisenpfannen ohne weiteres in den Converter ausgiefsen können. Den gewünschten Kohlenstoffgehalt erzielt inan meist sofort durch Entkohlung ohne Rückkohlung. Den Vorzug, den früher Schwedens manganreiche Erze wie jene von Svartberg besafsen, ist durch Anwendung von Ferromangan beseitigt worden, wovon man einer Charge von 3000 bis 4000 kg 10 bis 20 kg zusetzt. Die Converter haben im Boden 1 bis 1,3 m, in der Mitte 1,5 bis 1,7 m Durchmesser bei einer Höhe von 2,2 bis 3,0 m und einer Halsweite von 0,24 in. Die Windpressung be trägt 700 bis 1000 mm Hg. Höchst beachtenswerth ist die vom Jern- Contor in Avesta eingeführte Bessemermethode, welche mit kleinen Chargen von 200 bis 800 kg in fast ununterbrochenem Betrieb arbeitet. Die Mehrzahl der Bessemerwerke stellen ein weiches Eisen mit geringem Kohlenstoffgehalt dar. Das genannte Sandviken zeichnet sich durch die vor zügliche Beschaffenheit des erzeugten Bessemer stahls aus, der zu Rasiermessern, Sägen, Feilen, Bohrern, Uhrfedern und dergl. weiter verarbeitet wird. Grofse Mengen Bessemerstahl werden an die Tiegelstahlfabriken in Sheffield verkauft. Nächst dem Bessemerprocefs hat der eben falls auf weiches Eisen arbeitende Martinprocefs, der 1883 13 107 t lieferte, die weiteste Ver breitung gefunden, während die Tiegelstahlfabri- cation unbedeutend ist. Finspäng giefst neuer dings, wie von Ehrenwerth berichtet, Kanonen aus Martinslahl. Die Ausfuhr von nicht weiter verarbeitetem Stahl betrug 1880 . . 8215 t oder 18 % der Production 1883 . . 10887 » „ 17 % „ Die gröfste Menge wird im eigenen Lande ver wandt. Da die Einrichtungen zur weiteren Verarbei tung des Eisens naturgemäfs weniger Eigenthüm- liches aufweisen, so können dieselben hier um so mehr übergangen werden, als Schwedens IX.c Ausfuhr in bezug auf fertige Eisenwaaren nicht bedeutend ist und zur Zeit noch die Einfuhr die Ausfuhr weit überwiegt. So betrug an Eisen- und Stahlwaaren (Jern och stäl manufactur) die Einfuhr: die Ausfuhr 1879 . 24156 t . . . 3838 t 1880 . 17123 „ . . . 5025 „ 1881 . 19269 ,. . . . 5686 „ 1882 . 24659 „ . . . 7360 „ 1883 . 45623 „ . . . 10054 „ Abgesehen von der durch gröfsere Schienen bestellungen hervorgerufenen Zunahme der Ein fuhr von 1882 auf 1883, ist dieselbe seit 1879 ziemlich constant geblieben, während dagegen die Ausfuhr in einer langsamen, aber stetigen Entwicklung begriffen ist. Neuerdings wird der heimische Bedarf mehr im eigenen Lande ge deckt, wie z. B. seit 1878 sämmtliche neuen Locomotiven den heimischen Werken in Auf trag gegeben wurden. Von 288 Locomotiven der Staatsbahnen waren 1880 90 in Schweden gebaut. Als eigenthümlich für die schwedische In dustrie ist noch hervorzuheben, dafs infolge des Mangels an Steinkohlen und der Verbreitung der Erzlager und der den Brennstoff liefernden Wal dungen über eine grofse Fläche weder die ein zelnen Werke eine solche Ausdehnung erlangt haben, noch in solchem Mafse an einzelnen Punkten vereinigt worden sind, wie dieses in den englischen und Unseren Industriebezirken der Fall ist. Hierdurch ist es möglich, die rei chen Wasserkräfte besser auszunutzen (dem Werk Domnarfvet stehen 5000 Pferdekräfte zu Gebot) und die Werke vielfach an den im mitt leren Schweden so zahlreichen Binnenseen an zulegen, deren gefrorener Spiegel im Winter den kürzesten und besten Zufuhrweg für Holz und Holzkohle bietet, während die Abfuhr durch ein gut angelegtes und im Verhältnifs zur Bevöl kerung dichtes Eisenbahnnetz erleichtert wird. Durch die Vertheilung der Industrie über ein gröfseres Gebiet fügen sich die einzelnen Werke nicht nur der herrlichen Natur Dale- karliens, Wermlands u. s. w. ein, sondern vor allem bleibt die Arbeiterbevölkerung in höherem Mafse mit dem Lande und der Gegend als in England und bei uns verwachsen, wodurch auch Schweden jene socialen Schäden und starken Erschütterungen erspart bleiben. Gröfsere Werke haben für ihre Arbeiter eigene Wohnhäuser er richtet. Ebenso geniefsen die Bergleute meist freie Wohnung und freien Brand. Dazu besitzt fast jeder Arbeiter eine gewisse Ackerfläche, deren Bewirthschaftung dadurch erleichtert wird, dafs die Hochöfen während der Sommer zeit aufser Betrieb sind. Die schwedischen Ar beiter werden demzufolge mehr dem Ackerbau er- 6