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Ausbildung und Prüfung für Das im Ministerium der öffentlichen Arbeiten heraus gegebene »Centralblatt der Bauverwaltung« veröffent licht in seiner Nr. 29 die neuen Vorschriften über die Ausbildung und Prüfung für den Staatsdienst im Bau fache. Da dieselben im Vergleich mit den zur Zeit gültigen Prüfungsvorschriften vom 27. Juni 1876 zahl reiche und durchgreifende Abweichungen zeigen, so hält die genannte Zeitschrift es in ihrem nichtamt lichen Theile für angezeigt, dieselben zusammenzu stellen. Wir drucken die sachgcmäfse Besprechung, welche für jeden sich mit der Frage der technischen Ausbildung Beschäftigenden von grofsem Interesse ist, nachstehend aus der genannten Zeitschrift ab. „Von vornherein springt es ins Auge, dafs die in der Ueberschrift der jetzigen Vorschriften enthal tenen Worte »im Bau- und Maschinenfache« bei den neuen Vorschriften durch die Worte »im Baufache« ersetzt sind. Es ist hiermit nicht etwa eine Einschrän kung des Geltungsbereiches beabsichtigt; vielmehr liegt darin ausgedrückt, dafs das Maschinenfach fortan nicht mehr als ein aufserhalb des Bauwesens liegen des Gebiet, sondern als ein Zweig des Baufaches an gesehen werden soll, wie dies bei der für die Zukunft in Aussicht genommenen Gleichartigkeit der wissen schaftlichen Vorbildung und bei der nahen Verwandt schaft zwischen der Thätigkeit des Maschinentech nikers und derjenigen des Bauingenieurs nur natür lich erscheinen kann. Dem entsprechend sollen auch die Bezeichnungen »Regierungs-Maschinen-Bauführer« und »Regierungs-Maschinenmeister« umgewandelt wer den in »Regierungs-Bauführer« und Regierungs-Bau meister«, so dafs eine Unterscheidung nach den drei Fachrichtungen — Hochbaufach, Ingenieurbaufach, Maschinenbaufach - in dem Titel künftig nicht mehr zu Tage treten wird, wie dies hinsichtlich des Hoch- und Ingenieurbaufaches jetzt schon nicht der Fall ist. „Zum Nachweis derjenigen Schulbildung, welche für alle drei Fächer gleichmäfsig als Vorbedingung für die Zulassung zu den technischen Prüfungen und für den späteren Eintritt in den Staatsdienst verlangt wird, ist das Reifezeugnifs von einem Gymnasium des Deutschen Reiches oder einem preufsischen Real- Gymnasium beizubringen, wobei jedoch Vorbehalten ist, dafs auch die Reifezeugnisse einzelner aufser- deutschen Gymnasien und aufserpreufsischen Real- Gymnasien als gleich werthig anerkannt werden können. Die seit dem Jahre 1879 den Abiturienten der Ober realschulen eingeräumte Berechtigung, nach dem aka demischen Studium zu den Prüfungen im Bau- und Maschinenfache zugelassen zu werden, wird durch die neuen Vorschriften aufgehoben, soll jedoch zur Ver meidung unnöthiger Härten noch für diejenigen in Kraft bleiben, welche ihr Reifezeugnifs vor Ende des Jahres 1889 erworben haben. Die Bestimmung, dafs für die Maschinenbeamten die Entlassungsprüfung bei den nach dem Reorganisationsplan vom 21. März 1870 eingerichteten Gewerbeschulen und den durch beson dere Verfügung hierzu berechtigten Schulen als aus reichender Nachweis der erforderlichen Schulbildung änzusehen sei, ist bereits durch Ministerialerlafs vom 17. März 1883 dahin eingeschränkt, dafs nur noch diejenigen, welche jene Entlassungsprüfung bis Ostern 1883 abgelegt haben, zu den technischen Staats prüfungen zugelassen werden sollen. „Die Studienzeit ist nach wie vor auf vier Jahre festgesetzt; dagegen erleidet die praktische Aus bildung insofern eine Aenderung, als zu den zwei Jahren, welche der Bauführer nach den jetzigen Vor schriften in dem von ihm gewählten Fache praktisch den technischen Staatsdienst. gearbeitet haben mufs, um zur Baumeisterprüfung zu gelassen zu werden, noch ein drittes Jahr hinzutritt. In diesem Vorbildungsjahr sollen die Hoch- und Ingenieurbaubeflissenen die Vorbereitungen eines Baues, den Baubetrieb in den wesentlichsten Einzelheiten, sowie die Herstellung von Bauarbeiten kennen lernen, auch Entwürfe, Anschläge, Abrechnungen aufstellen und sich mit der Ausführung von Flächen-und Höhen messungen beschäftigen. Die Maschinenbaubeflissenen dagegen sollen während dieses Jahres in einer Maschinenwerkstätte arbeiten und sich dabei mit der Handhabung der Werkzeuge der Modellschreiner, For mer, Schmiede, Dreher und Schlosser vertraut machen. Diese Bestimmung erinnert einigermafsen an das frühere Elevenjahr, welches nach den Vorschriften vom 3. September 1868 dem Eintritt in das Fachstu dium vorangehen mufste. Während indessen damals die Thätigkeit des Baueleven in keiner Weise geregelt war und thatsächlich häufig in Arbeiten bestand, welche wenig geeignet waren, Lust und Verständnifs für das gewählte Fach zu erwecken, soll künftig die praktische Thätigkeit von vornherein unter staatlicher Aufsicht und Leitung stehen. In bezug auf die viel fach erörterte Frage, an welcher Stelle das praktische Vorbildungsjahr am zweckmäfsigsten in den Entwick lungsgang einzuschalten sei, ist die Entscheidung dahin ausgefallen, dafs die von einzelnen Seiten lebhaft be fürwortete Unterbrechung der Studienzeit durch die in die Mitte derselben einzuschiebende praktische Be schäftigung in anbetracht der damit verbundenen Un- zuträglichkeiten für das Studium aufgegeben und der ungestörte Zusammenhang der vier Studienjahre auf recht erhalten ist. In der weiteren Erwägung, dafs für die Maschinenbaubeflissenen mit Rücksicht auf die Art ihrer Beschäftigung in den Werkstätten eine mög lichst frühzeitige Erledigung der in dieser Hinsicht gestellten Anforderungen wünschenswerth sei, dafs dagegen bei den Hoch- und Ingenieurbaubeflissenen die praktische Thätigkeit nur nach vorheriger Unter weisung in den Anfangsgründen der technischen Ge biete einen entsprechenden Nutzen erwarten lasse, ist — abweichend von der sonst für alle drei Fach richtungen durchgeführten Gleichmäfsigkeit —• bestimmt worden, dafs dem Studium des Maschinenfaches ein Elevenjahr voranzugehen habe, wogegen für das Hoch- und Ingenieurbaufach das erste Jahr, welches der Studienzeit folgt, als Vorbildungszeit betrachtet werden soll. Da die Abgangsprüfungen an den Gym nasien und Real-Gymnasien zu Ostern und zu Michaelis abgelegt werden können, während das Studienjahr an den technischen Hochschulen zu Michaelis zu beginnen pflegt, so soll zur Vermeidung unnöthiger Zeitverluste denjenigen Maschinenbaubeflissenen, welche die Schule sechs Monate vor dem Beginn des Studienjahres ver lassen haben, gestattet werden, die Elevenzeit nach Ablauf von sechs Monaten zu unterbrechen und die fehlende Vorbereitungszeit später nachzuholen. Meist werden die Sommerferien der Studienjahre hierzu geeignete Gelegenheit bieten; sofern dieselben aber dazu nicht ausreichen, soll auch noch die Zeit un mittelbar nach Ablegung der Bauführerprüfung dafür benutzt werden können, jedoch erfolgt alsdann die Ernennung zum Regierungs-Bauführer um soviel später. Mufs der Vorbildungsdienst infolge von Krankheit oder militärischen Dienstleistungen unterbrochen werden, so kommt die Versäumnifs nicht in Anrechnung, so weit dieselbe den Zeitraum von vier Wochen nicht übersteigt; wegen Beurlaubung dürfen höchstens zwei Wochen versäumt werden. Die über zwei Wochen