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Sieb ber gfrcitbc ,,Ich entwarf in Form eines Programmes eine Anleitung zum gemütlichen Verständnis des Werkes, um damit nicht auf die kritische Beurteilung, son dern rein auf das Gefühl der Zuhörer zu wirken. Dieses Programm, für welches mir Hauptstellen des Goetheschen .Faust' eine über alles wirksame Hilfe leisteten, fand nicht nur zu jener Zeit in Dresden, sondern auch später hin an anderen Orten erfreuliche Beachtung, i. Satz: Ein im großartigsten Sinne aufgefaßter Kampf der nach Freude ringenden Seele gegen den Druck jener feindlichen Gewalt, die sich zwischen uns und das Glück der Erde stellt, scheint dem ersten Satz zugrunde zu liegen. 2. Satz: Eine wilde Lust ergreift uns sogleich mit den ersten Rhythmen dieses zweiten Satzes: eine neue Welt, in die wir eintreten, in der wir fortgerissen werden zum Taumel, zur Betäubung. 3. Satz: Wie anders sprechen diese Töne zu unserm Herzen l Wie rein, wie himmlisch besänftigend lösen sie den Trotz, den wilden Drang der von Verzweiflung geängsteten Seele in weiche, wehmütige Empfindung auf! 4. Satz: Mit dem Beginne des letzten Satzes nimmt Beethovens Musik einen entschieden sprechenderen Charakter an: sie verläßt den in den drei ersten Sätzen festgehaltenen Charakter der reinen Instrumentalmusik, der sich in unendlichen und unentschiedenen Ausdrucke kundgibt; der Fort gang der musikalischen Dichtung dringt auf eine Entscheidung, wie sie nur in der menschlichen Sprache ausgesprochen werden kann. Bewundern wir, wie der Meister das Hinzutreten der Sprache und Stimme des Menschen als eine zu erwartende Notwendigkeit mit diesem erschütternden Rezitativ der Instrumentalbässe vorbereitet. ,Ihr Freunde, nicht diese Töne! Sondern laßt uns angenehmere anstimmen und freudenvollere!' Mit diesen Worten wird es Licht in dem Chaos; ein bestimmter, sicherer Ausdruck ist ge wonnen, in dem wir, von dem beherrschten Elemente der Instrumentalmusik getragen, klar und deutlich das ausgesprochen hören dürfen, was dem ge quälten Streben nach Freude als festzuhaltendes höchstes Glück erscheinen muß . . . Dem milden Glücke der Freude folgt nun ihr Jubel: — so schließen wir die Welt an unsere Brust, Jauchzen und Frohlocken erfüllt die Luft wie Donner des Gewölkes, wie Brausen des Meeres, die in ewiger Bewegung und wohltätiger Erschütterung die Erde beleben und erhalten zur Freude der Menschen, denen Gott sie gab, um glücklich darauf zu sein.“ Richard Wagner. 3Iti£ biefen JBorfen umreifjt ber ©resbner Äöniglidfe ffapellmeiffer ben 3nfalt ber Jleunfcn Sinfonie ßubroig Pan 33cefl)OPenS, beS Pon iljm fo glüftenb XVreijrfen. Jtlaffi’üfjeB -Beifpiei einer „IpertneneutiE", bie bie CUtufiE mif 233orten ju umfifjteiben Perfucfjt. 2Bagner fdftrieb fi'e feinerjeit ja ber feil tieften, bamals Piet ge» fcfjmäften, fpäter berühmt unb XSorbitb geworbenen 2(uffüljrung ber Sinfonie am 5. 2lprit 1846 in ©resben. Hin fo genial einfeitiger Äünfiler toirb alles Pon feinem SfanbpunEf aus fefen, unb fo erblicEf audj 2Bagner in bem Sinbrurf) ber menfdflirfjen Stimme eine 25or= Wegnafme feines „©efamtEunfiwerEes", einen SeroeiS für bie 23egrenj<f>ei£ ber •3nftrmnenfatmufif. 2BaS bie ©nflrumenfc nitf)£ ju fagen Permögen, Eann bie menfdj» tiefje Stimme auSbrüdEen. ©aS füfrt notwenbigerweife jum 3(HufiEbrama. Abrufe wiffen mir, baf neben 2öagner Äomponi|Een am ZBerEe waren, bie ben Serneis für bie 3?eint)eit unb abfotufe ©elfung ber 3nftrumcnfa(mu|‘tE, aud> nadf) 23eetl)OPen, erbradf» ten: 23rat>ms unb 25rucfner. 223ir wiffen es fogar ganj objeEfiP, baf es Seetfopen Pöffig ferne lag, narf) acf)t Sinfonien in einer neunten ju beweifen, bajj if>m bie reine ©nftrumentalmufiE „nidjf f mefr genüge". Sdfon im 3afre 1823 plante er neben einer d»DIioll=Sinfome, an ber