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April 1889. .STAHL UND EISEN.“ Nr. 4. 259 Schwellen und läfst also wiederum die Einräumung eines weiteren beträchtlichen Vorrangs für die hölzernen Schwellen erkennen. Untersuchen wir nun weiter, welche Holzarten bei den oben berechneten Steigerungen haupt sächlich in Betracht gekommen sind, so finden wir, dafs bei der Zunahme der auf preufsischen Bahnen liegenden Holzschwellen — 3 464 348 Stück — das Buchenholz nur mit 780 371 Stück betheiligt ist und dafs also 2 683 977 Stück auf Eichen- und Nadelholz zu rechnen sind. M. H.! Schon im Jahre 1880 ist uns von sachkundiger Seite gesagt, dafs die deutschen Eichen- und Nadelholzwaldungen dauernd nicht ausreichen werden, um den Bedarf unserer Bahnen an Schwellen zu decken. Alle inzwischen zu unserer Kenntnifs gekommenen Kundgebungen bestätigen die Richtigkeit dieser Ansicht, und von zuverlässiger, sachverständiger Seite wird mir mitgetheilt, dafs das in den letzten Jahren aus dem Auslande nach Deutschland importirte Quantum Holzschwellen aus Eichen- und Nadelholz auf rund 1 800 000 Stück jährlich zu schätzen ist. Wir haben keine Veranlassung, die Richtigkeit dieser Schätzung anzuzweifeln. Dieselbe stimmt annähernd überein mit früher schon von anderer Seite gemachten Angaben und erscheint auch in anbetracht der oben mitgetheilten Zahlen glaublich. Ich will die Zahl also einer weiteren Rechnung zu Grunde legen, um den Nachweis zu führen, welche Bedeutung es für uns hat, wenn Materialien, welche Deutschland in ausreichender Menge zu produciren imstande ist, in solchem Umfange aus dem Auslande bezogen werden. Wären die pro Jahr importirten 1 800 000 Stück Holzschwellen in Eisen ausgeführt, so würden dafür, das Gewicht der normalen Flufseisenschwelle zu 55 kg angenommen, 99 000 t Eisen verwendet worden sein. In Rheinland -Westfalen wird für die Gewinnung der Eisenerze, Kohlen, Kalkstein u. s. w., sowie für die Verarbeitung der Erze zu Roheisen, Flufseisen und Schwellen pro Tonne Fertigfabricat an Arbeitslöhnen der Betrag von 35 bis 40 46 gezahlt. Ferner beziehen die Staatsbahnen an Frachten für die Rohmaterialien, welche zur Herstellung einer Tonne Schwellen erforderlich sind, 14 bis 16 46. Die Arbeitslöhne im Mittel zu 37,50 •6 und die Frachten zu 15 •46 angenommen, berechnet sich der unseren Arbeitern durch die Bezüge des obigen Schwellenquantums aus dem Auslande entzogene Lohn auf 5 568 750 •6 und der bei den Staatsbahnen ausfallende Frachtbetrag auf 1485 000 •46. Das sind Zahlen, m. H., welche die wirthschaftliche Bedeutung der hier erörterten Frage meiner Ansicht nach zur Genüge klarstellen. Es scheint mir aus denselben hervorzugehen, dafs — sofern wirklich das Buchenholz durch den Imprägnationsprocefs für die Verwendung zu Schwellen tauglich gemacht werden kann, bei der wachsenden Ausdehnung unseres deutschen Eisenbahnnetzes Raum genug bleibt, für Einführung dieser neuen Holzart, ohne die Eisenindustrie, wie das in den letzten Jahren geschehen ist, immer mehr und mehr zurückzusetzen, wenn man nur die Bezüge aus dem Auslande einstellt oder wenigstens auf das durchaus nöthige Mafs einschränkt. Unsere Industrie, m. H., nimmt willig alle die grofsen Lasten auf sich, welche uns die neue socialpolitische Gesetzgebung aufbürdet — Lasten, die sich in ihrer Gesammtheit demnächst auf mehrere Mark pro Tonne Fertigfabricat berechnen werden, und welche uns den Kampf mit der ausländischen Goncurrenz wesentlich erschweren werden. Wir sind daher wohl berechtigt, bei den Vergebungen des Bedarfs für unsere inländischen Bahnen eine billige Berücksichtigung unserer Interessen zu fordern, zumal wenn, wie im vorliegenden Falle, dem Staate eine Mehrausgabe aus dieser Berücksichtigung nicht entsteht. Das überaus günstige Finanzergebnifs bei dem Betriebe unserer Staatsbahnen im Jahre 1887/88 ist aufserdem, wie von dem Herrn Berichterstatter in der Budget-Commission ausdrücklich hervorgehoben ist, in erster Reihe den vermehrten Transporten von Erzeugnissen der Berg- und Hüttenindustrie zu danken, und liegt also eine weitere Entwicklung und Stärkung dieser Industrie in ganz hervorragender Weise zunächst im Interesse der Staatsbahnen, wie ja selbstverständlich im Interesse des Staates überhaupt. M H.! Die heutigen Erwägungen sind gestern in der Generalversammlung der »Nordwest lichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller« Gegenstand der Verhandlungen gewesen. Dieselben haben zu dem Beschlufs geführt, dafs die Gruppe diese Bestrebungen unter stützen soll, indem sie ihrerseits der Petition sich anschliefst, der Sie heute hoffentlich Ihre Ge nehmigung ertheilen werden. Ihr Vorstand ersucht Sie daher, ihn zu ermächtigen, in Ihrem Namen und in Gemeinschaft mit der »Nordwestl. Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller« eine erneute Eingabe an den Herrn Minister für öffentliche Arbeiten einzureichen, in welcher die obigen Ausführungen kurz wiedergegeben und um thunlichste Reduction der Bezüge von Holzschwellen aus dem Auslande, sowie um den Ersatz des dadurch entstehenden Ausfalles durch vermehrte Verwendung von Eisenschwellen gebeten wird. Ich ersuche Sie, diesem Anträge einstimmig beizutreten. (Lebhafter allseitiger Beifall.)