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Herren auf ihrem Gebiete mit derselben Sorgfalt prüfen und das Gute zweckentsprechend fördern, wie wir das bei Ausübung der Technik in unserer Branche gewohnt sind. Die Veranlassung, die Frage der Verwendung von eisernen und hölzernen Schwellen hier zur Erörterung zu stellen, liegt also nicht lediglich auf eigentlich technischem Gebiet, sondern sie ist gegeben durch den schon seit einer Reihe von Jahren zu beobachtenden Rückgang der Verwendung, von eisernen Schwellen bei dem Gesammtverbrauch von Schwellen auf unseren preufsischen Staatsbahnen. Von unserm Standpunkte aus ist dieser Rückgang zu bedauern, weil er in die wirthschaftlichen Verhältnisse der von uns betriebenen Werke nachtheilig eingreift, und wir haben aus diesem Grunde eine Verpflichtung, die Ursachen zu ermitteln, durch welche diese Erscheinung erklärt wird, um — sofern etwa dieser Rückgang durch uns bezw. durch das von uns gelieferte Material, oder die Art und Weise, wie wir sonst das Lieferungsgeschäft betreiben, verursacht sein sollte, da Abhülfe zu schaffen, wo wir etwa gefehlt haben. Andererseits erheischt es unser Interesse, nachzuweisen, welche Bedeutung die Schwellen- Fabrication für unsere gesammte vaterländische Eisenindustrie hat, damit an mafsgebender Stelle diese Bedeutung richtig erkannt und gewürdigt wird und damit Mafsnahmen verhütet werden, welche geeignet sind, uns zu schädigen, ohne anderen, gleichberechtigten Interessenten unseres Vaterlandes Nutzen zu bringen. Von diesem Gesichtspunkte aus kann eine Besprechung der Frage nur nutzbringend für alle Betheiligten sein, und ich habe mich deshalb gern bereit erklärt, zu derselben durch einen kurzen Vortrag die Anregung zu geben. M. H.! Als im Jahre 1865 zunächst Hartwich und bald darauf Hilf mit Gonstructionen hervor traten, welche die Möglichkeit der Verwendung von Eisen zu Bahnschwellen klar nach wiesen, und als im Verlauf weniger Jahre beide Systeme sich durch die gemachten Erfahrungen auch praktisch als durchaus brauchbar erwiesen, da war man in allen mafsgebenden Kreisen der Ansicht, dafs sowohl bei unseren preufsischen Staatsbahnen wie überhaupt bei allen unseren Bahnverwaltungen die zunehmende Verwendung von eisernen Schwellen gesichert sei. Die nächstfolgenden Jahre bestätigten die Richtigkeit dieser Ansicht; zwei grofse Bahnverwaltungen in den westlichen Provinzen unseres Vaterlandes, die Bergisch-Märkische und die Rheinische Bahn, gingen mit der Einführung selbständiger, von den bisher bekannten abweichender Gonstructionen vor und schafften eine weitere, breite Basis für die Verwendung von Eisen zu dem wichtigen Verbrauchsartikel, und in den weitesten Kreisen begrüfste man diesen Fortschritt mit Freuden, da nirgends verkannt wurde, dafs die Beschaffung des für den weiteren Ausbau und die Unterhaltung unserer Eisenbahnen erforderlichen Bedarfs an Holzschwellen aus den heimischen Wäldern dauernd nicht entnommen werden konnte, ohne diese Wälder zu ruiniren und damit grofse Nachtheile, besonders in klimatischer Beziehung, herbeizuführen. Wie das in solchen Entwicklungsperioden natürlich und unausbleiblich ist, entspann sich in den, der Frage nahestehenden Kreisen ein lebhafter Meinungsaustausch darüber, welchem System des eisernen Oberbaues — speciell ob dem Querschwellen- oder dem Langschwellen-System — der Vorzug zu geben sei. Die Erfahrung wurde, wie überall, so auch hier als beste Lehrmeisterin angesehen, und darin dürfte die Erklärung zu finden sein, dafs seiner Zeit die Eisenbahntechniker, welche lediglich mit dem Neubau zu thun hatten, im allgemeinen den Langschwellen den Vorzug gaben, während die Betriebstechniker das Querschwellen-System als das bessere bezeichneten. Die Verlegung der Lang schwellen auf Neubaustrecken bietet eben gegenüber den Querschwellen mancherlei Vortheile, während die für die Unterhaltung nothwendige Auswechslung einzelner Stücke und Strecken, besonders in Gurven und bei durch Entgleisungen verursachten Beschädigungen beim Langschwellen-Oberbau schwierig und zeitraubend ist. Wenn hiernach die Frage lange Zeit hindurch unentschieden bleiben mufste, welchem eisernen Oberbau System der Vorzug zu geben ist — eine Frage, welche auch heute noch nicht für alle Theile überzeugend erledigt ist —, so sind doch von jeher die Vortheile, welche gute eiserne Oberbau- Systeme gegenüber dem Holzschwellen-Oberbau voraus haben, allgemein anerkannt. Noch im Jahre 1880 wurden gelegentlich des in Düsseldorf tagenden Meetings des »Iron and Steel-Instituts« von einem ganz hervorragenden Sachverständigen die Vortheile und Nachtheile der bis dahin in Deutschland eingeführten eisernen Oberbau-Systeme einer eingehenden Erörterung unter zogen. Herr Geheimrath Grüttefien schlofs damals seinen lichtvollen Vortrag über dieses Thema mit dem Wunsche, „dafs die vorzüglichen Eigenschaften des eisernen Oberbaues, die von den französischen Fachgenossen leider noch in dem Mafse verkannt würden, dafs in Frankreich jedes derartige System als absolut verwerflich erachtet werde, in England wie bei uns in Deutschland auch weiterhin die verdiente Würdigung finden mögen“.