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296 Nr. 4. STAHL UND EISEN.“ April 1889. geeigneten Schwellenmaterial umzubilden, sind sichere Nachrichten in die Oeffentlichkeit nicht gelangt: die früher vergeblich angestellten Ver suche lassen das Gelingen bezweifeln. Um so mehr darf daher gehofft werden, dafs die eisernen Schwellen, von denen sich die meisten Systeme recht gut bewährt haben, bei dem Eisenbahnbau stärker als bisher' Verwendung finden. Die Preufs. Staatsbahnen hatten im Jahre 1887 eine Betriebs länge von 21279,90 km und 38165 km Geleise. Von den zu unterhaltenden Geleisen waren nur 22,6 % (8920 km) mit eisernem Oberbau versehen. Es entfielen davon: auf Quer- auf Laug sehwellen- schwellen- Oberbau Oberbau km km in durchgehenden Geleisen etwa 4630 3670 in Nebengeleisen . . . ■ „ 420 200 zusammen rund 5050 3870 Auch in dem dem Abgeordnetenhause vor liegenden Eisenbahnetat für 1889/90 ist der Holz schwelle wiederum ein sehr beträchtlicher Vorrang gesichert, da von den umzubauenden 1089,94 km Geleisen 716,74 km mit hölzernen Querschwellen, 320,04 km mit eisernen Querschwellen und 53,16 km mit eisernen Langschwellen hergestellt werden sollen. Der Etatposten für Schwellen überhaupt beträgt 13 478 106 •«, von denen nur 4 167 886 3K auf eiserne Quer- und Langschwellen, der Rest mit 9 310 220 1 auf Holzschwellen entfällt. Dem dringenden Ersuchen, der inländischen Eisenindustrie durch gröfsere Aufträge für eiserne Schwellen gerecht werden zu wollen, würde die weitere Bitte anzuschliefsen sein, dafs die Bahnverwaltungen bezw. das hohe Ministerium der öffentlichen Arbeiten unter Zuziehung von Sachverständigen unseres Vereins sich über ein einheitliches System für den eisernen Oberbau einigen möchten. Zur Zeit hat fast jede Bahnverwaltung ihr besonderes, nicht selten meh rere verschiedene Systeme von Schwellen auf ihren Strecken liegen. Mit wenig Ausnahmen dürften alle diese Systeme gut und brauchbar sein: welches das beste sei, darüber bestehen noch Meinungs verschiedenheiten. Jeder Oberbahnmeister glaubt indefs nur bei dem Vorhandensein der von ihm bevorzugten Schwelle für die Sicherheit des Be triebs bürgen zu können. Infolgedessen gehen bei den Werken Bestellungen ein, von denen in bezug auf die vorgeschriebene Ausführung selten eine der andern gleicht. Wenn dieselben auch nur. in Nebensachen von einander abweichen, so nöthigen sie doch die Werke, mit grofsen Kosten ihren Be trieb den wechselnden Anforderungen anzupassen. •—Eine derartige Verständigung zwischen den Bahn verwaltungen und den Hüttenwerken erscheint um so mehr erreichbar zu sein, als auf einem ähn lichen Gebiete und zwar über die Qualitäts prüfungen der Eisenbahnmaterialien ge meinsame Untersuchungen und Berathungen mit Erfolg stattgefunden haben. Als Vertreter des Vereins haben an dieser von Sr. Excellenz Hrn. Minister von Maybach niedergesetzten Com mission Hr. General-Director Brauns, als dessen Stellvertreter Hr. Ober-Ingenieur M i n s s e n - Essen theilgenommen. Dem Vorschläge der Commission entsprechend sollen die Zerreifsproben als Mafs- stab für die Festigkeit, Schlagproben als Mafsstab für die Zähigkeit dienen; von der Festsetzung von Werthziffern (Summirung der absoluten Festigkeit und der Querschnittsverminderung) wird Abstand genommen. Von der dankenswerthen Bereitwilligkeit des Herrn Ministers für öffentliche Arbeiten, auf der artige berechtigte Gesuche der Industrie sofort einzugehen, hat unser Verein auch im letzten Jahre einen abermaligen Beweis erhalten. Auf unser Ersuchen, geneigtest in Erwägung zu ziehen, ob nicht die Interessen der Eisenbahnverwaltungen durch eine einmalige Prüfung der Mate rialien für ausgeschriebenelocomotiven und Wagen — und zwar auf den Hütten werken — ausreichend gewahrt seien, hat Hr. Minister von Maybach die Königl. Eisenbahn- direction ermächtigt, die Prüfung von Materialien auf denHüttenwerken — und ohne Wieder holung in den Fabriken der Locomotiv- bezw. Waggonbauanstalten — auf Ansuchen der letzteren zu gestatten. Der Regulirung der Wasserstrafsen und dem Ausbau berechtigter Schif fahrts-Kanäle blieb die Aufmerksamkeit des Vereins gesichert und war der Verein nicht blofs bei den Verhandlungen des Centralvereins für Hebung der deutschen F1 ufs- und Kanalschiffahrt, sondern auch bei dem im August v. J. in Frankfurt a. M. tagenden III. internationalenBinnenschi ffa h r ts-Con- grefs, der durch das hohe Protectorat unseres allergnädigsten Kaisers Wilhelm II. ausge zeichnet wurde, vertreten. Insoweit die Förderung provinzieller Verkehrsinteressen in Frage kam, blieb dieselbe gleichfalls den betreffenden Gruppen überlassen. Nach dieser Richtung hin hat die öst liche Gruppe sich angelegentlich für die Regu lirung der oberen Oder und bessere Verbin dungen des Wasserwegs mit den oberschlesischen Industriebezirken verwendet. In dem Bezirk der süddeutschen Gruppe sind gewisse Sympathieen für den Ausbau eines Kanals von Strafsburg nach Speyer oder Ludwigshafen vorhan den; von Hannover (norddeutsche Gruppe) ist das Project des sogenannten Mittellandkanals von Dortmund über Bevergern - Hannover zur Elbe wieder in Anregung gebracht worden. In Rheinland-Westfalen hat der mit jedem Monat wachsende Bezug lothringischer Minette-Erze den Werken nahe gelegt, sich mit gröfster Lebhaftig keit für die Kana 1 isirung der Mosel zu ver wenden und in der Summe von 36 000 M dem Königl. Ministerium der öffentlichen Arbeiten die Kosten für die Vorarbeiten zur Verfügung zu stellen. Die Zollpolitik hat den Verein, insoweit die Gesetzgebung des Deutschen Reichs in Frage kam, im vergangenen Jahre nur wenig beschäftigt. Von einer Anzahl von Maschinenfabriken im Elsafs und im Königreich Sachsen werden die Zollsätze für Maschinen (3, 4 und 5 JI pro 100 kg) für zu niedrig bezeichnet und statt dessen 8 • pro 100 kg, die vom Verein schon in dessen General tarif von 1878 vorgeschlagen wurden, in Anregung gebracht, weil der gegenwärtige Zollsatz nicht ein mal ausreiche, den Zollaufsehlag auf die vom Ma schinenbau verwendeten Materialien zu decken. Diese Frage wird indessen zur Zeit noch inner halb der betreffenden Gruppenbezirke erörtert, an den Vorstand des Hauptvereins ist ein entsprechen der Antrag noch nicht gelangt. Um so gröfsere Aufmerksamkeit war dagegen der Zollpolitik des Auslandes und den abzuschliefsenden Handelsverträgen zuzu wenden. Unsere Thätigkeit für die im Laufe des vergangenen Jahres abgeschlossenen Vorträge fällt zwar in die Jahre 1886 und 1887, vorbereitend sind jedoch schon die Arbeiten für die demnächst ab laufenden Handelsverträge in Angriff genommen worden, und nach dieser Richtung hin werden von 1892 ab mancherlei Abänderungen ausländischer Zolltarife von uns zu beantragen sein.