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Juni 1889. STAHL UND EISEN. Nr. 6. 469 a) zur Erzeugung von 1500 kg Roheisen °/ 00 kg 200 kg Kohlen = 3000 kg Kohlen b) zur Erzeugung von 1000 kg fertiger Waare °/ 00 kg 2700kg Kollen = 2700 „ Kohlen Zus. 5700 kg Kohlen Lohnerhöhung für Kohlen wie vor stehend •6 0,50 0/00 kg = 5700 kg pro 1000 kg •6 0,50 2,85 Lohnerhöhung für Roheisen wie vorstehend •16 0,75 °l00 kg = 1500 kg pro 1000 kg •6 0,75 . . . . = 1,12 Lohnerhöhung für fertige Waare: der .jetzige Lohn beträgt für Bleche •4 23,50 pro 1000 kg fertiger Waare, hierzu 15 % Erhöhung. . = „ 3,52 Zus. •K 7,49 Die Erhöhung für Bleche würde demnach für: Kohlen 2,85 Löhne 4,64 Zus. •% 7,49 betragen. Das sind Ziffern, die zu denken geben. Die deutsche Eisen- und Stahlindustrie, deren Inter essen wir in diesem Blatte zu vertreten haben, hat in den letzten Jahren manches neue Gebiet für den Export erobert. Hierbei ist aber, wie wir das schon in dem letzten Jahresbericht der »Nordwestliche Gruppe« hervorgehoben haben, nicht zu vergessen, dafs die gesammte In dustrie in diesem Wettbewerb vielfach nur mit grofsen pecuniären Opfern Sieger blieb, die auf gewendet wurden, um den Betrieb aufrecht er halten und nicht zu Arbeiterentlassungen schreiten zu müssen, zu denen sich gerade der deutsche Arbeitgeber sehr ungern und erst dann entschliefst, wenn er einer unabweisbaren Nothwendigkeit gegenüber steht. Die Bilanzen unserer Hch- ofenwerke und vieler anderer Etablissements der Eisen- und Stahlindustrie bringen in den letzten Jahren den unwiderleglichsten Beweis dafür, dafs die Zunahme des Exports nicht durchweg ein Zeichen der Besserung der Geschäftslage, sondern ein Beweis für die Opfer gewesen ist, welche die genannte Industrie bringen mufste, um die Werke in Betrieb zu erhalten und mindestens den Stamm der Arbeiter zu con- ser viren. Eine weitere Ausdehnung unseres Export gebietes ist dringendes Bedürfnifs, ja geradezu eine Lebensfrage. Dieselbe wird uns aber durch zweierlei Umstände erschwert: einmal durch die i aus der socialpolitischen Gesetzgebung erwach- 1 senden Lasten, welche unsere hauptsächlich in Betracht kommenden Concurrenzländer nicht kennen, andererseits durch die hohen Eisenbahn- i Frachten für unsere Rohmaterialien. Die ersteren hat die Industrie willig auf sich genommen, wenngleich sie bezüglich der ungewissen Höhe ! der Belastung, die ihr aus der Alters- und In- ; validitätsversicherung der Arbeitei- erwachsen wird, nicht ohne Bangen in die Zukunft sieht; bezüglich der Ermäfsigung der Eisenbahnfrachten für Massengüter aber wartet sie nun schon jahre- ’ lang vergeblich auf eine wirklich durchgreifende Mafsregel, deren sie nicht entrathen kann, wenn der Wettbewerb auf dem Weltmärkte nicht un- : möglich werden soll. Die hauptsächlichsten Productionsdistricte Grofsbritanniens liegen in unmittelbarer Nähe der Küste; die verschiedenen Rohstoffe finden sich neben-, ja sogar übereinander geschichtet vor, so dafs in einigen Fällen sogar Eisenstein, Kohle und Kalkstein aus ein und demselben Schachte gefördert werden. Wo ein solches Vorkommen nicht stattfindet, sind verhältnifsmäfsig nur kurze Entfernungen zu überwinden. Hinzukommt die insulare Lage, die nicht nur zur directesten Ver mittlung des Weltverkehrs befähigt, sondern auch durch eine ausgedehnte Küstenschiffahrt dem Binnenverkehr zu gute kommt. In den Ge stehungskosten des Roheisens hat England durch weg nur mit 8 bis 9 %, Deutschland mit 28 % Frachtkosten zu rechnen. Kommen zu diesen 28 % Frachtkosten allmählich 4 oder 5 9 Zwangsausgaben auf Grund der socialen Gesetz gebung hinzu , dann hat die Eisenindustrie, wenigstens die von Rheinland und Westfalen, bis zu 33 % in ihren Selbstkosten für Ausgaben, wo unsere ausländische Goncurrenz nur 8 bis 9 % hat. Das möge man doch an den Stellen nicht vergessen, wo man mit guten Rathschlägen betreffs Lohnerhöhungen für die Arbeiter so gern und rasch zur Hand ist, während man die Wünsche der Industriellen nach endlicher Er mäfsigung der Eisenbahnfrachten als Habgier und Unersättlichkeit zu charakterisiren kein Be denken trägt. Die Hauptsache für den Arbeiter ist und bleibt die Arbeitsgelegenheit; ob letztere aber in der Eisen- und Stahlindustrie auf die Dauer vor handen sein wird, wenn man für die grofse Be lastung, die wir oben gekennzeichnet, kein Aequi- valent bietet, das dürfte dem, der die Verhältnisse kennt, mehr als zweifelhaft erscheinen. Möge man darum an zustehender Stelle durch Thaten dazu beitragen, die Industrie exportkräftig zu erhallen; dabei wird sich der Arbeiter, dem hülfreiche Hand zu bieten heute ja allgemein für das erstrebenswertheste Ziel gilt, am aller besten stehen. Dr. W. Beumer.